Frauen Frauen: Eine Männerbastion wird ausgeräuchert
Berlin/dpa. - Frauen und Zigarren - das ist eine Verbindung, die Männerfantasienschon immer angeregt hat. Doch Madonna und Co. warfen sich nichtlasziv mit dem Phallussymbol in Pose, sondern taten etwas vielProvozierenderes: Sie rauchten, und das zum eigenen Vergnügen. Einenleichten Rückschlag gab es, als die mehr dem hergebrachtenRollenmuster verpflichteten Zigarrenspiele von Monica Lewinsky undUS-Präsident Bill Clinton ans Licht kamen. Doch inzwischen zeigtsich, dass der Angriff auf die einstige Männerbastion kein Strohfeuerwar. Vor allem in Berlin haben sich die weiblichen Pioniere einenfesten Platz in den Hochburgen der «Aficionados», so der Fachbegrifffür Zigarrenfans, erobert.
Fast 50 organisierte Zigarrenraucherinnen gibt es in der deutschenHauptstadt. Sie verteilen sich auf den «Ladies Cigar Club» und diekonkurrierenden «Fidels Nichten». Beide Vereine sind sich nicht ganzgrün, was damit zusammenhängt, dass sie zunächst unter einem Dachvereint waren. Doch die weltanschaulichen Differenzen erwiesen sichbald als unüberwindlich: Während die «Ladies» ihren Namen wörtlichnehmen und ihren Zusammenkünften gern einen etwas elitären Anstrichgeben, kennen die «Nichten» - getreu ihrer Berufung auf Fidel Castro- keine Klassenschranken: «Bei uns sind auch Sekretärinnen Mitglied»,sagt die Vereinsvorsitzende Irene Frenzel.
Bei den «Ladies» ist die berufliche Bandbreite schmaler, dieZielsetzung des Clublebens dafür umso ehrgeiziger: «Wir sind zumGroßteil Akademikerinnen mit ähnlichem Lebensstandard, West-BerlinerRechtsanwältinnen und Ärztinnen, und wollen mit Hilfe des Clubs aucheine Art Netzwerk errichten», betont die Vorsitzende Elke Fechtner.Der Club als berufliche Beziehungsbörse - auch in diesem Punktscheinen es die Frauen den Männern gleichtun zu wollen.
Von diesen Weiterungen ahnte der Berliner ZigarrenhändlerMaximilian Herzog nichts, als er Ende der neunziger Jahre die erste«Ladies Cigar Night» veranstaltete. «Die Idee dahinter war, denFrauen zu sagen: 'Macht, was euch Spaß macht, und lasst euch nichtsvon den Männern diktieren'.» Die meisten Teilnehmerinnen waren schonvorher über ihre Partner mit der Zigarrenszene in Kontakt gekommen,spürten aber im Angesicht der dicken Glimmstengel Schwellenangst. DieGegenwart von Geschlechtsgenossinnen half, diese Hemmungen abzubauen;Herzogs fachliche Erläuterungen taten ein Übriges. Am Ende des Abendswaren die meisten Frauen für das Laster und eine Vereinsgründunggewonnen.
Auch heute noch stehen rauchwarenkundliche Vorträge odergemeinsame Verkostungen im Mittelpunkt der jeweils monatlichenClubtreffen. «Es ist wie beim Wein: Je mehr man davon versteht, destobesser schmeckt es», sagt Elke Fechtner. Mit Missfallen beobachtetsie, dass Anfängerinnen bei den ersten zögerlichen Zügen wieBackfische zu kichern anfangen. «Ein Zeichen, dass noch vielAufklärungsarbeit nötig ist.»
Auch Maximilian Herzog, Betreiber der «Casa del Habano» imBerliner Hotel Savoy, sieht keinen Anlass für solche Scheu.Schließlich verbinde Frauen und Zigarren eine lange gemeinsameGeschichte. So habe schon Christoph Kolumbus 1492 nach seiner Landungauf Kuba notiert, dass Eingeborene beiderlei Geschlechts demTabakgenuss zusprachen.
Die Produktion befindet sich ohnehin traditionell zu weiten Teilenin Frauenhand. Dennoch wurden Zigarren im 19. Jahrhundert zum Symboldes bösen männlichen Kapitalisten, der Rauch ausstößt wie die von ihmerrichteten Schornsteine. Diese Zuschreibung machten sich als erstedie Schriftstellerin George Sand und später die Suffragetten zuNutze, indem sie sich selbstbewusst des Herrschaftszeichensbemächtigten.