Fotoshow auf dem Friedhof: Erstes digitales Grabmal
Köln/Greven/dpa. - Wenn Michael Königsfeld das Grab seiner Tante besucht, startet er die digitale Fotoshow und schaut sich Bilder der Verstorbenen an. Auf dem Friedhof Ensen-Westhoven in Köln-Porz steht seit kurzem das erste digitale Grabmal Deutschlands.
«Das ist etwas Innovatives, etwas Neues. Zu Hause verstauben die Bilder ja oft, und auf diese Weise sieht man sie sich öfter an», sagt Königsfeld. Die Idee stammt aus den Niederlanden, nach Deutschland geholt hat sie der Tischlermeister Carsten Glaser aus Greven.
Per LCD-Bildschirm im Grabstein können Angehörige und Freunde sich eine Bilderschau oder sonstige digitale Dateien des Toten ansehen. Königsfeld hatte im Internet eigentlich nach einem hochwertigen Holzgrabmal gesucht. Dabei stieß er auf die Firma von Glaser, der ihn bei der Beratung auf die Möglichkeit des digitalen Grabmals hingewiesen habe. «So ein Grabmal könnte ich mir auch für mich selbst vorstellen», sagt Königsfeld, der als Friedhofsgärtner arbeitet. Nun kann er sich immer, wenn er möchte, Fotos seiner vor zwei Jahren gestorbenen Tante anschauen und diese auch immer mal erneuern.
Das verschließbare Holzgrabmal in Form eines Apfelblatts könne man als Standardvariante bezeichnen, erklärt Glaser, der als einziger in Deutschland solche Grabmale herstellt und vertreibt. Es verfügt über einen internen Speicher von 256 Megabyte. Der in Edelstahl eingelassene bruchsichere 10-Zoll-Bildschirm muss schwankenden Witterungsbedingungen wie Regen, Schnee, Hitze und Wind standhalten.
Die Angehörigen können den dazugehörigen transportablen Akku zu Hause aufladen und damit den Bildschirm aktivieren. Der Akku hält bis zu zwei Stunden. Ein Dauerbetrieb des Monitors sei aus energietechnischen Gründen noch nicht machbar, sagt Glaser. Außerdem sei es vielleicht auch gar nicht erwünscht, dass die Bilder für jedermann sichtbar sind.
Ein Schnäppchen ist das Ganze nicht: Die digitale Einheit alleine schlägt mit mindestens 2000 Euro zu Buche. Komplett mit Grabmal ist die Kombination ab 5000 Euro zu haben. Der individuellen Gestaltung sind dabei keine Grenzen gesetzt. Auch Solarbetrieb oder ein 12-Zoll-Monitor seien möglich. «Ton in jeglicher Form ist auf deutschen Friedhöfen allerdings verboten», erklärt Glaser.
Der Tischler hat bisher erst vier der sogenannten Digi-Grabplatten verkauft, aber das Interesse sei groß, versichert er. Kerstin Gernig vom Bundesverband Deutscher Bestatter (BDB) bezweifelt dagegen, dass das digitale Grabmal zum Massenphänomen auf deutschen Friedhöfen avanciert. «Ich denke, dass es erstmal eine Randerscheinung bleiben wird. Allerdings könnte es für die Menschen, die heute mit den diversen Medienangeboten groß werden, später eine größere Rolle spielen.»
Constanze Clauß vom Photoindustrie-Verband sieht in dem digitalen Grabmal durchaus einen möglichen neuen Trend: «Es würde mich nicht wundern. Die neue Form der Bildgestaltung hält überall Einzug. Fotografie hat regionsabhängig schon immer eine große Rolle auf Friedhöfen gespielt.»
Die ursprüngliche Idee für den digitalen Nachruf stammt von dem Niederländer Henk Rozema. Der Ingenieur kam darauf, als er zu seinem 65. Geburtstag alte Dias zeigte, die seine Kinder auf CD gebrannt haben wollten. Fünf Jahre lang tüftelte er an seiner Vision von digitalen Bildern auf Grabsteinen. Auf einer Messe in Köln im März 2007 lernte er Glaser kennen, der die Lizenz für Deutschland erwarb. Außer digitalen Fotoshows könnte es nach Ansicht von Glaser in Zukunft noch weitere Innovationen auf Friedhöfen geben: «Ich kann mir sogar vorstellen, dass wir in 15 Jahren Hologramme auf Friedhöfen sehen - warum nicht?»
Weitere Informationen: www.glaser-holzkunst.de