Studie belegt Studie: Pendeln sollte als Arbeitszeit gezählt werden

Bristol - 18,4 Millionen Menschen in Deutschland sind Pendler, das gab das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im vergangenen Jahr bekannt – so viele wie nie zuvor. Die meisten Pendler nutzen immer noch den eigenen PKW, andere öffentliche Verkehrsmittel wie Bus und Bahn, um zur Arbeit zu gelangen. Gemein ist beiden Gruppen, dass sie die Zeit im Zug, Bus oder Auto selten nutzen, um sich zu entspannen oder zum Beispiel ein Buch zu lesen. Nein: sie arbeiten. Das will zumindest eine aktuelle britische Studie herausgefunden haben.
Die Studie von Forschern der University of the West of England besagt, dass ein Großteil der Pendler auf ihrem Weg Aufgaben für die Arbeit erledigen. Für ihre Untersuchung haben Dr. Juliet Jain, Dr. Bill Clayton und Dr. Caroline Bartle in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt 5000 Pendler auf zwei Haupt-Pendler-Routen nach London befragt.
Viele der Befragten gaben an, sich vor und nach der regulären Arbeitszeit auf der Fahrt ins Büro oder nach Hause mit Mails, Telefonaten oder noch nicht erledigten Aufgaben zu beschäftigen, anstatt mit Musik, Büchern oder Spielen. Und bezeichneten die Fahrzeit als eine Möglichkeit, Arbeit aufzuholen. Außerdem sei der Weg für einige wichtig, um sich von seiner oder ihrer Rolle zu Hause, zum Beispiel als Elternteil, zu lösen und sich geistig auf die Rolle in der Arbeitswelt vorzubereiten.
Freies WLAN entscheidend für Produktivität von Pendlern
Die Studie machte außerdem deutlich, dass freies WLAN in Zügen entscheidenden Einfluss auf die Produktivität von Pendlern nimmt. In der Studie wurde über den Forschungszeitraum von 40 Wochen das kostenlos zur Verfügung stehende WLAN auf den jeweiligen Bahnstrecken erhöht. Die Forscher fanden heraus, dass besonders Pendler dieses Angebot nutzten. Um E-Mails zu verschicken und Projekte vorzubereiten.
Deshalb empfehlen die Forscher, Pendelzeit als Arbeitszeit anzurechnen und weisen darauf hin, dass das in Norwegen bereits für einige Arbeitnehmer möglich ist. Dr. Juliet Jain betont, dass eine Anrechnung der Pendelzeit als Arbeitszeit viele soziale und wirtschaftliche Auswirkungen haben könnte.
Zum Beispiel würde die Veränderung mehr Flexibilität und Komfort für Pendler bedeuten und könnte außerdem den Druck auf Pendler während der Stoßzeiten nehmen. Gleichzeitig würden Arbeitnehmer aber auch in die Pflicht genommen, mehr Verantwortung zu übernehmen, um Produktivität zu gewährleisten. Sie müssten möglicherweise sogar mehr überwacht werden, so Jain.
Forderung bedeutet auch Investitionen der Bahn
Dazu gehöre aber auch, dass sich die Bahnbetreiber anpassen, erklären die Forscher. Züge müssten eine gute Arbeitsatmosphäre mit Tischen, Stromanschlüssen, starker Internetverbindung und genug Platz schaffen. Dafür bräuchte es auch die Bereitschaft auf Seiten der Bahn zu investieren.
Da WLAN in den meisten Regionalzügen in Deutschland aber noch gar nicht angekommen ist, spricht einiges dafür, dass sich diese Forderung der britischen Forscher bei uns in naher Zukunft wohl noch nicht durchsetzen wird.