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Sparkassen-Kunden Sparkassen-Kunden: Scala-Verträge: Richter urteilen zugunsten der Sparer

Von Antonia Lange und Nico Pointner 24.09.2015, 08:52
Das Landgericht Ulm entschied bereits im Januar, dass die Sparkasse die hoch verzinsten Verträge nicht einfach kündigen darf.
Das Landgericht Ulm entschied bereits im Januar, dass die Sparkasse die hoch verzinsten Verträge nicht einfach kündigen darf. dpa Lizenz

Lukrative Sparverträge, falsch berechnete Zinsen, verärgerte Kunden: Seit eineinhalb Jahren streitet die Ulmer Sparkasse mit Sparern über ein gut verzinstes Anlageprodukt. Die Bank wollte Tausende Kunden aus den sogenannten Scala-Verträgen herauslocken – zu Unrecht, wie nun auch das Oberlandesgericht Stuttgart urteilte. Der Hintergrund:

Was sind eigentlich Scala-Verträge?

Die Sparkasse Ulm hat zwischen 1993 und 2005 rund 22.000 sogenannte Scala-Verträge mit ihren Kunden abgeschlossen. Die Konditionen sahen dabei unter anderem vor, dass Kunden für eine Laufzeit von bis zu 25 Jahren ihre monatliche Sparrate auf bis zu 2500 Euro erhöhen konnten und zusätzlich zum Grund- auch einen Bonuszins von bis zu 3,5 Prozent erhielten.

Wieso wollte die Bank solche Verträge loswerden?

In Zeiten niedriger Zinsen auf dem Kapitalmarkt wurden sie für das Geldhaus immer mehr zu einer Last. Daher wollte die Bank Kunden, die einen Anspruch auf die ursprünglich zugesagten höheren Zinsen haben, mit Alternativen zum Ausstieg aus den teuren Altverträgen bewegen. Dabei wies sie darauf hin, dass sie berechtigt sei, die Verträge notfalls zu kündigen – was bis heute aber in keinem Fall geschah.

Wie haben die Kunden reagiert?

Etwa 14.000 Sparer gingen auf die Alternativangebote ein – wohl auch aus Angst, am Ende sonst noch schlechter dazustehen. Etwa 4000 Sparverträge sind für die Bank unproblematisch, weil sie entweder bald auslaufen oder ohnehin nur mit niedrigen Beträgen bespart werden. Weitere 4000 Kunden aber wehrten sich gegen den Wechsel. Der Ulmer Rechtsanwalt Christoph Lang vertritt viele Scala-Sparer. Er sprach am Mittwoch von 150 Mandanten.

Was ist bisher passiert?

Das Landgericht Ulm entschied bereits in mehreren Verfahren, dass die Sparkasse die hoch verzinsten Verträge nicht einfach kündigen darf. Die Bank legte Berufung beim Stuttgarter Oberlandesgericht (OLG) ein. Nun kassierte das Ulmer Geldhaus auch in nächster Instanz eine Schlappe. Da das deutsche Recht in diesem Fall keine Sammelklage vorsieht, wird jeder Fall einzeln verhandelt.

Worum geht es im Detail?

Im Scala-Streit soll im Kern geklärt werden, ob die Bank die Verträge kündigen kann. Außerdem verweigerte die Sparkasse den Kunden eine Erhöhung der monatlichen Sparraten – obwohl ihnen auf einem Werbe-Flyer in Aussicht gestellt wurde, die Rate jederzeit zwischen 25 und 2500 Euro abändern zu können. Dann wird noch um die Berechnung der variablen Grundzinsen gestritten. Sparer hoffen dabei auf saftige Nachzahlungen.

Geht die Bank auf die verärgerten Sparer zu?

Die Sparkasse hatte vergangene Woche kurz vor der OLG-Verhandlung ein Vergleichsangebot vorgelegt. Es sieht vor, dass die Verträge nicht vor Ablauf der 25-jährigen Mindestvertragslaufzeit vonseiten der Bank gekündigt werden können, wie Anwalt Lang mitteilte. Die Sparraten sollen auf dem zuletzt eingefrorenen Niveau bleiben und das Sparguthaben ab sofort bis zur jeweiligen Laufzeit mit 3,5 Prozent pro Jahr verzinst werden.

Das Angebot galt aber nur für die konkreten Fälle, über die vor dem OLG gestritten wird. Lang lehnte es als inakzeptabel ab. Ein Angebot müsse für alle seine Mandanten gelten, sagt er.

Hat der Ulmer Fall Signalwirkung?

Kläger wie Bank bekundeten am Mittwoch Interesse an einer gütlichen Einigung. Kommt es dazu nicht, könnte der Rechtsstreit im Verlauf immer mehr Klagen von Scala-Sparern nach sich ziehen. Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel der Revision in der Frage des Kündigungsrechts vor dem Bundesgerichtshof zugelassen – was ein Urteil mit bundesweiter Bedeutung nach sich ziehen würde. (dpa)

Der Sparkasse Ulm gelang es, sich vom Großteil der sogenannten Scala-Verträge zu befreien.
Der Sparkasse Ulm gelang es, sich vom Großteil der sogenannten Scala-Verträge zu befreien.
dpa Lizenz