So klappt der Kassensturz So klappt der Kassensturz: Geld anlegen - aber mit Verstand

Düsseldorf - Ein Immobilienkauf steht an, ein Jobwechsel, Nachwuchs kommt. In solchen Situationen ist es gut zu wissen, wie es um die eigenen Finanzen bestellt ist. Es ist Zeit, Kassensturz zu machen. Doch wie gelingt das am besten? Um sich einen Überblick zu verschaffen, setzt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf Prioritäten: Sie betrachtet erst die Risiken, dann Notgroschen, Kredite und die Geldanlage.
Erste Anhaltspunkte zur Finanzlage liefert der einfache Haushaltscheck. Monatliche Einnahmen und laufende Ausgaben werden mit Hilfe regelmäßig gesammelter Quittungen und Belege gegenübergestellt. Ein willkommener Nebeneffekt: Sparpotenzial wird leichter erkennbar. Die Zahlen werden in ein klassisches Haushaltsbuch eingetragen.
Alternativen dazu sind Haushaltsbuch-Apps oder im Computer angelegte Exceltabellen. Der Vorteil: Das Excel-Programm errechnet automatisch die Summen; die Daten können ohne großen Aufwand aktualisiert und erweitert werden. Etwa um Versicherungen einschließlich ihrer Beiträge und deren Fälligkeit. Diese separate Liste macht nicht nur die Kosten transparent, sondern hilft auch, Verträge und Leistungen zu überprüfen. „Habe ich das, was ich brauche?“ lautet die Leitfrage.
Für existenziell hält Bianca Boss vom Bund der Versicherten Privat- und Tierhaftpflicht, Schutz vor Berufsunfähigkeit sowie je nach Lebenssituation eine Risikolebensversicherung und eine Wohngebäudepolice. Angaben wie Fälligkeit der Beiträge und Hinweise zum Versicherungsjahr werden ebenfalls aufgeführt. So bleiben Kündigungstermine besser im Blick.
Der Notgroschen geht mit mindestens drei Nettomonatsgehältern in die Kalkulation ein. Geringverdiener sollten möglichst 5000 Euro zur Seite legen, damit im Ernstfall weder das Girokonto überzogen noch die private Altersvorsorge angegriffen wird. Die Liquiditätsrücklage muss keine hohen Zinsen bringen, findet der Ludwigshafener Finanzautor Martin Kinkel: „Wichtiger ist, dass sie da ist, wenn sie gebraucht wird.“
Faktor Inflation muss mit bedacht werden
Zum Ausgleich der Inflation empfiehlt er, die Rücklage alle paar Jahre um 10 Prozent aufzustocken. Doppelverdiener setzen ihre jeweilige Reserve an. „Kommen Kinder, und ein Partner bleibt zu Hause, bleibt dessen Rücklage als zusätzliches Sicherheitspolster stehen“, sagt Kinkel. Ausgaben für Miete, Haushaltsgeld und Taschengeld berechnen Paare anteilig.
Die Leistungen für die Altersvorsorge werden individuell betrachtet. Aufschluss über die zu erwartende Rente aus der gesetzlichen Kasse gibt der regelmäßig verschickte Bescheid der Deutschen Rentenversicherung. Bei der gesetzlichen wie der privaten Vorsorge ist allein schon aufgrund der demografischen Entwicklung von steigenden Abgaben auszugehen.
Hinzu kommt der inflationsbedingte Kaufkraftverlust. Kinkel rechnet bei im Schnitt zwei Prozent Inflation vor: „Ein 20-Jähriger braucht mit Rentenbeginn in 47 Jahren 2,5-mal so viel Geld, um sich so viel leisten zu können wie heute.“ Ein aktuell privat abgeschlossener Vertrag über eine künftige Garantierente von 500 Euro entspräche dann einem Wert von heute 200 Euro. Einnahmen aus der Altersvorsorge sind später steuerpflichtig. Das fließt in die Kassensturzrechnung mit ein.
Der Faktor Inflation kommt ebenfalls im Punkt Geldanlagen zum Tragen. Weil derzeit „die Inflation deutlich höher ist als die Zinsen, bestehen kaum Chancen auf Realrendite“, stellt Annabel Oelmann fest. In zehn Jahren sind deshalb statt 10 000 Euro unter Umständen faktisch nur noch 8000 auf dem Sparkonto übrig. Den Verfall könnten Verbraucher nur über riskantere Anlageformen auffangen, warnt sie.
Am vermeintlichen Vermögen knabbern zudem Kosten wie Gebühren und Aufschläge, zum Beispiel für Bausparverträge - auch das muss berücksichtigt werden. Vor die Geldanlage setzt Oelmann das Schuldentilgen: „Das ist die beste Geldanlage.“ Eine Liste verschafft hier den klaren Durchblick: Kredite, Raten, Laufzeiten eintragen und dann möglichst Sondertilgungen nutzen.
Auf der Habenseite stehen neben Sparkonten auch Werte wie bezahlte Immobilien. Trotzdem raten Finanzexperten zur Vorsicht - die Marktentwicklung ist auf lange Sicht kaum kalkulierbar: Wer ein Eigenheim als Altersabsicherung mit der Perspektive „in 30 Jahren mal“ nutzen will, setzt den derzeitigen Verkehrswert am besten minus eines Unsicherheitsabschlags an. Dagegen kann ein kurz vor der Rente stehender Besitzer den gesamten Wert veranschlagen.
Nicht einfach auf ein dickes Erbe hoffen
Sich mit einem erhofften Erbe reich zu rechnen, ist kein Bestandteil eines reellen Kassensturzes - zu hoch das Risiko, am Ende leer auszugehen. „In einer gesicherten Position bin ich erst beim Tod des Erblassers“, sagt der Münchner Erbrechtsanwalt Bernhard Klinger. Bis dahin kann der Erblasser frei über sein Vermögen verfügen und frühere Entscheidungen revidieren.
Wahrscheinlicher ist nach den Erfahrungen des Anwalts jedoch, dass das Vermögen für Pflegeleistungen aufgewandt und aufgebraucht wird. Am Ende könnte es nicht einmal für den Pflichtteil reichen. Für die Hoffnung aufs Erbe „können Sie sich nicht mal ein Schnitzel kaufen“, so Klinger. (dpa)