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Neues Gesetz Neues Gesetz: Arbeiten Finanzberater bald transparenter?

Von Friederike Marx 30.07.2014, 10:13
Massentauglich ist das Modell derzeit laut Bankenverband noch nicht.
Massentauglich ist das Modell derzeit laut Bankenverband noch nicht. dpa Lizenz

Provisionen bei der Vermittlung von Geldanlageprodukten sind Verbraucherschützern schon lange ein Dorn im Auge. Berater verkauften Kunden nicht immer die für sie passende Finanzprodukte, sondern solche, bei denen sie hohe Provisionen erhielten, kritisieren sie. Die Bundesregierung will die Beratung gegen Honorar stärken. Was das sogenannte Honoraranlageberatungsgesetz, das am 1. August in Kraft tritt, tatsächlich bringt, ist jedoch umstritten.

Was ist der Grund für das Gesetz?

„Provisionsbasierte Beratung kann Fehlanreize setzen“, erläutert das Bundesfinanzministerium. Anleger seien oft schlecht beraten, die Risiken bestimmter Produkte verschleiert worden.

Was sind die Kernpunkte?

Es gibt neben der Anlageberatung auf Provisionsbasis künftig eine gesetzliche Regelung für sogenannte Honoraranlageberater und Honorar-Finanzanlageberater. Sie dürfen keine Provisionen von Produktanbietern oder anderen behalten, deren Finanzprodukte sie vermitteln. Banken und Sparkassen müssen die Beratungssysteme organisatorisch strikt trennen. Wer als Honorarberater tätig ist, wird in ein öffentliches Register eingetragen und darf nicht mehr auf Provisionsbasis arbeiten.

Was ist das Problem aus Sicht von Verbraucherschützern?

Das Gesetz gilt nicht für alle Finanzprodukte, sondern nur für Wertpapiere und Vermögensanlagen. Ausgenommen sind beispielsweise Kapitallebensversicherungen, Bausparpläne oder Spareinlagen. Eine verbraucherfreundliche Rundumberatung sei so nicht möglich, kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). „Die Beratung muss aus einem Guss sein. Deshalb muss ein Honorarberater zu allen Finanzprodukten provisionsfrei beraten“, fordert vzvb-Finanzexpertin Dorothea Mohn.

Wie hoch ist das Honorar?

Es gibt keine Gebührenordnung. Häufig wird pro Stunde abgerechnet, der Branche zufolge sind es derzeit im Schnitt etwa 150 Euro.

Wie wird mit Provisionen umgegangen?

Anlageberater müssen Provisionen offenlegen. Nach der Erfahrung von Verbraucherschützern steckt der Teufel aber im Detail. „Teile der Provision sind nach wie vor für die Kunden nicht transparent“, kritisiert Mohn. Sie fordert einen klaren Ausweis der Provisionen in Euro und Cent und in einer separate Rechnung. Der Bundesgerichtshof entschied kürzlich, dass Bankkunden einen Anspruch darauf haben, von Anlageberatern auf versteckte Provisionen zugunsten der Bank hingewiesen zu werden.

Was sagen die Kreditinstitute?

Sie sehen unter anderem die strikte Trennung von Honorarberatung und Beratung auf Provisionsbasis kritisch. Dies werde in der Praxis kleinere und mittlere Kreditinstitute aufgrund mangelnder Ressourcen zu einer Entscheidung „entweder - oder“ zwingen, sagt die Deutsche Kreditwirtschaft voraus. „Wenn ich nur zwei Berater habe, ist das in der Praxis ein Problem, zum Beispiel bei Urlaub oder Krankheit“, sagt Finanzmarktexperte Patrick Arora vom Bundesverband deutscher Banken (BdB).

Brauche ich eine gute Altersvorsorge, will ich Geld für ein neues Auto, die Enkelkinder oder für eine eigene Wohnung ansparen? Dem Bankberater muss deutlich gesagt werden, wofür und wann genau das Geld zur Verfügung stehen soll, ob eine einmalige Summe angelegt werden oder monatliche Beiträge gezahlt werden sollen.

Wichtig ist auch, sich die eigene Risikofreudigkeit klar zu machen. Bekomme ich Herzrasen, wenn der Kurs meiner Aktien in den Keller rauscht, und sollte deshalb die Finger von spekulativen Geschäften lassen? Nur wer seine Risikobereitschaft für sich selbst klar definiert habe, könne sich gegenüber dem Berater deutlich ausdrücken, betont die Stiftung Warentest. Wer kein Risiko eingehen wolle, solle Anlageformen wie Tagesgeld und Festgeld wählen. Bei Geldanlagen gelte grundsätzlich: Je höher die Renditechance, desto höher das Risiko.

Möglichst nicht allein zum Beratungsgespräch gehen, empfiehlt Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur der Zeitschrift „Finanztest“. Ein Zeuge könne später bares Geld wert sein, wenn ein Kunde wegen Falschberatung gegen eine Bank vorgehen wolle. Verwenden Berater unverständliche Begriffe, sollten Kunden ganz genau nach ihrer Bedeutung fragen. „Fragen Sie zurück, und lassen Sie sich Kosten in Euro und Cent statt in Prozenten vorrechnen“, rät der Verbraucherschützer. Wird die Kündigung bestehender Verträge empfohlen, sei Skepsis angebracht, denn das Umschichten bringe der Bank zusätzliche Provisionen, der Kunde habe jedoch erst einmal nichts davon - nur neue Gebühren.

Bankkunden sollten die seit 2010 vorgeschriebenen Beratungsprotokolle kritisch durchlesen, bei Unsicherheit nachfragen - und zurückweisen, falls sie Angaben enthalten, die nicht richtig sind oder im Gespräch gar nicht thematisiert wurden. Stiftung Warentest rät, das Protokoll zu Hause in Ruhe zu lesen und dann erst zu unterschreiben. Zudem solle nicht unterzeichnet werden, dass etwas „auf eigenen Wunsch“ erfolge, denn damit werde der Berater aus der Pflicht entlassen, einen Kunden anleger- und anlagegerecht zu beraten. Gut sei es, wenn das Protokoll ein Leerfeld enthalte, in das der Kunde schreibe, wie er das Angebot verstanden hat. Die Unterschrift des Beraters muss auf jeden Fall unter dem Protokoll stehen, der Kunde muss hingegen nicht unterzeichnen.

„Der Bankberater ist Verkäufer, er lebt davon“, betont Tenhagen. Daher sei von Bankberatern nicht unbedingt ein neutraler Marktüberblick zu erwarten. Es sollten mehrere Angebote eingeholt und verglichen werden. Wer eine neutrale Beratung suche, könne auf einen Honorarberater zurückgreifen, der allerdings pro Stunde schnell 100 bis 150 Euro koste. Die Stiftung Warentest stellt im Internet Informationen über mehrere tausend Fonds zur Verfügung und führt außerdem eine Warnliste zu dubiosen oder sehr riskanten Geldanlage-Angeboten.

Wird einem Bankkunden ein Produkt aufgeschwatzt, das nicht zu seiner Lebenssituation und seinem Risikoprofil passt, kann von Falschberatung gesprochen werden. In diesem Fall hat der Anleger Anspruch auf Schadenersatz. Dieser sollte zunächst bei der Bank eingefordert werden. Der nächste Schritt könne eine Schlichtungsstelle oder ein Ombudsmann sein, bevor ein Anwalt oder eine Verbraucherzentrale eingeschaltet werde, empfiehlt die Stiftung Warentest.

Kunden sollten im Anschluss prüfen, ob die Angaben zur Sicherheit, zur Höhe der Erträge, zu den Kosten und zu Kündigungsmöglichkeiten im Beratungsprotokoll den geäußerten Wünschen entsprechen. Grundsätzlich sollten sie keinen Vertrag abschließen, dessen Konditionen sie nicht vollständig verstanden haben. Weiteren Aufschluss über eine Anlage gibt der zugehörige Prospekt. Hiervon sollten die Kunden vor allem das Kapitel zu den Risiken der Anlage eingehend studieren.

Wie groß ist das Interesse der Verbraucher?

„Bisher ist es relativ gering“, sagt Arora. In der Vergangenheit sei die Honorarberatung vor allem bei Anlagen mit einem größeren Volumen nachgefragt worden. „Massentauglich ist das Modell derzeit nicht. Zumal Kunden für die Beratung zahlen müssen, auch wenn sie ihr Geld gar nicht anlegen.“

Verbraucherschützerin Mohn hält dagegen: „Wenn Verbrauchern klar wäre, wie viel Provision sie für eine vermeintliche Beratung tatsächlich zahlen, würden sie feststellen, dass die Honorarberatung in den meisten Fällen günstiger ist. Damit würden viele Verbraucher sicher auf Honorarberatung umsteigen.“

Wie groß ist das Interesse der Banken und Sparkassen?

Eher gering. Die Banken prüften die Honoraranlageberatung, derzeit scheine das Interesse aber nicht so groß zu sein, heißt es beim BdB. Für die Breite des Marktes werde die Vermittlung auf Provisionsbasis bevorzugt, erklärt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband.

In der genossenschaftlichen Bankengruppe seien gegenwärtig keine Tendenzen absehbar, die auf eine organisatorische Umstellung der Kundenberatung auf eine Honoraranlageberatung hindeuteten, erklärt auch der Bundesverband Deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken. „Es bleibt abzuwarten, ob sich die Beratung gegen Honorar im deutschen Markt überhaupt etablieren wird“. (dpa)

Eine bessere Beratung soll das neue Gesetz zur Honoraranlageberatung ermöglichen. Nach der Erfahrung von Verbraucherschützern steckt der Teufel aber im Detail. Teile der Provision seien nach wie vor nicht transparent.
Eine bessere Beratung soll das neue Gesetz zur Honoraranlageberatung ermöglichen. Nach der Erfahrung von Verbraucherschützern steckt der Teufel aber im Detail. Teile der Provision seien nach wie vor nicht transparent.
dpa Lizenz