Leitzins auf Rekordtief Leitzins auf Rekordtief: Wer profitiert eigentlich vom Zinstief?

Berlin - Was heißt die EZB-Entscheidung für Sparer?
Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger spricht von einer homöopathischen Wirkung der Geldpolitik. Die Zinsen sind schon lange extrem niedrig. En Tagesgeldkonto bringt bereits heute kaum mehr als ein Prozent. Nach Abzug der Inflation verliert das Vermögen so real an Wert. Das wird verschärfen. Das Problem an sich existiert aber schon länger.
Wie weit werden die Zinsen auf dem Sparbuch, für Tagesgeld oder Lebensversicherungen sinken?
Konkret ist das schwer zu prognostizieren. Die EZB bestimmt die Zinshöhe vor allem für langfristige Anlagen und Kredite nicht allein. Eine Rolle spielen die Wirtschaftslage, die Kreditnachfrage von Unternehmen, Bauherren, des Staates. Zuletzt hat die Konjunktur im Euroraum von tiefstem Niveau aus leicht angezogen. In den USA steigen die Zinsen bereits wieder, da die Notenbank Fed die Wende eingeleitet hat und die Wirtschaft anzieht. Die USA sind Europa voraus. Hier lässt die Zinswende auf sich warten. Nach Einschätzung von Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, müssen die Sparer sich noch zwei, drei Jahre gedulden.
Die Banken bekommen für ihre Milliarden bei der EZB keine Zinsen mehr, sondern müssen eine Gebühr bezahlen. Reichen sie das an die Kunden weiter? Muss ich der Bank Zinsen bezahlen, wenn ich meine Euro aufs Sparbuch bringe?
Unwahrscheinlich. Dies haben die Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken schon ausgeschlossen. Es machte auch keinen Sinn, wenn man mit Gebühren oder Negativzinsen bestraft würde, weil man sein auf einem Sparbuch oder Tagesgeldkonto anlegt. Dann könnten die Menschen ihre Ersparnisse immer noch als Bargeld ins Banksafe legen, wo 100 Euro 100 Euro bleiben und nicht weniger werden. Der Zins als Belohnung fürs Sparen aber wird schrumpfen. Er wird sich der Null nähern, aber nicht darunter fallen.
Welche Alternativen gibt es?
Gut gelaufen sind in den vergangenen Jahren Aktien, Anleihen von gut aufgestellten Unternehmen oder auch Kreditpapiere etwa von Spanien. Auch Immobilienkäufer können sich über mangelnde Wertsteigerungen nicht beklagen. All diese Anlagen sind eine Alternative für jeden, der langfristig anlegen möchte und nicht morgen oder übermorgen auf das Geld angewiesen ist. So kann er Rückschläge aussitzen.
Wie riskant sind solche alternative Anlagen?
Das ist das Problem: Wer mehr Rendite will, muss höhere Risiken eingehen. Das gilt immer, derzeit aber verschärft. Aktienkurse sind schon stark gestiegen, ebenso die Preise für Häuser und Eigentumswohnungen. Wer jetzt einsteigt, zahlt wesentlich mehr als noch vor fünf Jahren nötig gewesen wäre. Die niedrigen Zinsen animieren grundsätzlich dazu, mehr Risiko einzugehen, weil die sicheren Anlagen keine oder kaum Rendite abwerfen. Jeder muss für sich klären, wie viel Risiko er eingehen will und kann.
Jede Anlageform lässt sich einer Klasse zuordnen, die gleichartige Vermögensgegenstände umfasst, heißt es in dem Ratgeber-Buch „Banker verstehen“ der Stiftung Warentest. Wichtige Anlageklassen sind Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Immobilien und Bargeld. Die Aufteilung des Vermögens auf verschiedene Anlageklassen wird demnach auch als Asset Allocation bezeichnet.
Hier ist ein Vergleichsindex gemeint, an dem zum Beispiel Fondsmanager ihre Leistung messen. Als Benchmark wird oft ein Index wie zum Beispiel der Dax herangezogen. Die Fondsmanager vergleichen dann, ob sie mit ihrer Wertpapierauswahl in einem Vergleichszeitraum mehr Rendite als der Index erreicht haben.
Dieser Begriff spielt bei aktiv gemanagten Fonds eine Rolle. Bei der Auswahl von unten nach oben wählt der Fondsmanager einzelne Titel aus, die er für aussichtsreich hält. Anschließend werden die Chancen in der entsprechenden Branche und im Gesamtmarkt bewertet. Gewichtungen nach Ländern, Regionen oder Branchen spielen kaum eine Rolle.
Ein Emmittent ist ein Herausgeber eines Wertpapieres. Das können im Fall von Staatsanleihen Staaten sein, aber auch Unternehmen, die Anleihen oder Genussscheine herausgeben. Auch Banken können Emittenten sein. Das Emmittentenrisiko beschreibt die Gefahr, dass der Herausgeber eines Wertpapiers in Zahlungsschwierigkeiten gerät und das Geld möglicherweise nicht mehr zurückzahlen kann.
Die Gegenstrategie zur Bottom-up-Strategie betrachtet der Fondsmanager zunächst die allgemeine wirtschaftliche Lage einer Region oder einer Branche. Erst im zweiten Schritt sucht er dann innerhalb dieser Märkte nach ertragreichen Papieren.
Dieser Begriff beschreibt, wie stark ein Index oder ein Wertpapier von seinem Mittelwert abweicht. Je größer die Abweichung, desto größer ist die Schwankungsbreite also die Volatilität. Damit ist dieser Begriff für die Risikobeschreibung wichtig: Je größer die Volatilität, desto größer sind auch mögliche Kursschwankungen.
Lohnt es sich, sein Geld auf Tagesgeldkonten zu parken und mit der langfristigen Anlage zu warten, bis die Zinsen steigen?
Das ist eine riskante Wette. Wer dies tut, setzt darauf, dass die Zinsen bald steigen. Bis dahin verliert er weiter Rendite. Eine Patentlösung gibt es nicht. Alle Experten weisen darauf hin, dass die Anlage schwieriger geworden ist. Jedes Jahr verlieren die Sparer nach Schätzung von Sparkassenpräsident Fahrenschon 200 Euro durch die niedrigen Zinsen. Das spricht dafür, eher mehr als weniger fürs Alter zurückzulegen, wenn immer es das Einkommen zulässt.
Was heißt das für meine Lebensversicherung?
Auch hier sinken die Erträge. Für neue Policen sinkt der Garantiezins im kommenden Jahr auf 1,25 Prozent. Bei alten Verträgen erhalten die Inhaber zwar noch höhere Garantiezinsen. Aber die erhofften Überschussbeteiligungen schrumpfen deutlich zusammen.
Lohnt sich die Kündigung?
Nur im absoluten Ausnahmefall. Eine Kündigung ist fast immer mit gravierenden finanziellen Nachteilen verbunden. Wer die Beiträge nicht mehr stemmen kann, hat die Möglichkeit, die Lebensversicherung beitragsfrei zu stellen. Dadurch wird aber die Auszahlung am Ende kleiner. Zudem verlangen die Anbieter dafür häufig Stornogebühren. Dies sollte aber nicht geschehen, weil man sich über die niedrigen Zinsen ändert. Sinnvoll ist das nur für Leute, die in akuter Finanznot stecken.
