Fehlende Unterkünfte Fehlende Unterkünfte: Wenn die Stadt Wohnungen für Flüchtlinge beschlagnahmt

Der Winter naht, und es fehlt an Unterkünften für Flüchtlinge. Aber können Städte und Kommunen einfach so leerstehenden Wohnraum beschlagnahmen – oder Mieter dazu zwingen, auszuziehen? Kai Solmecke aus der Siegburger Kanzlei Solmecke Rechtsanwälte und Partneranwalt von Roland Rechtsschutz erklärt die rechtlichen Hintergründe.
Was gilt bei der Beschlagnahmung leerstehender Wohnungen?
Nichts eignet sich doch besser für die Unterbringung von Flüchtlingen als Wohnraum, der sowieso leer steht. Doch können die Behörden unbewohnte private Wohnungen und Häuser einfach beschlagnahmen? Und kann der Eigentümer dafür Miete verlangen?
„Eine Beschlagnahmung leerstehenden Wohnraums für die Unterbringung von Flüchtlingen könnte durchaus ein juristisch gangbarer Weg sein“, erklärt Kai Solmecke. „Denn Behörden sind beispielsweise dazu verpflichtet, Obdachlosigkeit zu vermeiden, da diese als ‚Gefahr für die öffentliche Sicherheit’ gewertet wird.“
Kann für die Flüchtlinge auch nach langer Suche keine andere geeignete Unterkunft gefunden werden, könnten die Behörden diese leerstehenden Wohnungen oder Häuser also durchaus beschlagnahmen. „Aber natürlich müssen die Eigentümer die Unterbringung nicht entschädigungslos hinnehmen. Normalerweise zahlt die Stadt oder Gemeinde dem Vermieter in einem solchen Fall die ortsübliche Miete als Ausgleich“, so der Rechtsexperte.
Kündigung der Wohnung – was müssen Mieter tolerieren?
Immer häufiger berichten die Medien über Fälle, in denen Mieter ihre Wohnungen verlassen mussten, um für die Neuankömmlinge Platz zu machen. Ist das rechtlich erlaubt? „Ist eine Stadt oder Gemeinde Eigentümerin der Wohnung, kann diese ihren Mietern tatsächlich wegen Eigenbedarfs kündigen“, erklärt Rechtsanwalt Kai Solmecke. „Das ist allerdings rechtlich schwer durchsetzbar, da hier die Interessen der aktuellen Mieter berücksichtigt werden müssen.“
Zudem ist es nicht möglich, dass die Stadt oder Kommune ihre Mieter von heute auf morgen auf die Straße setzt. „Hier müssen mitunter erhebliche Fristen eingehalten werden.“ Zieht der Mieter nicht freiwillig aus, wird die Stadt oder Gemeinde den Rechtsweg gehen müssen.
„Ein solches Gerichtsverfahren würde die Räumung derart lange hinauszögern, dass der Weg der Eigenbedarfskündigung keine kurzfristige Lösung für die Unterbringung der Flüchtlinge sein kann“, so die Einschätzung von Rechtsanwalt Kai Solmecke. Da die Städte und Gemeinden die Rechtslage kennen, ist zudem davon auszugehen, dass sie nur selten auf diese Option zurückgreifen und sich gegebenenfalls gütlich mit den Mietern einigen werden. (Bearbeitung: gs)