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Dusche, Getränke, Sex & Co. Dusche, Getränke, Sex & Co.: Hitze-Mythen im Faktencheck

Von Jordan Raza und Lutz Würbach 12.08.2020, 11:50
Ein junges Pärchen küsst sich
Ein junges Pärchen küsst sich dpa

Halle (Saale) - Bei Temperaturen von mehr als 30 Grad tragen die meisten Menschen nur noch knappe Kleidung, im Freibad Bikini oder Badehose. Da steigt bei manchem die Libido. Aber hängt das mit dem Wetter zusammen? Und stimmt es, dass es mittags am heißesten ist? Zeit für einen Faktencheck.

Behauptung: Warmes Wetter steigert die Lust auf Sex.

Bewertung: Stimmt.

Fakten: Hitze wirkt sich tatsächlich auf das Sexleben aus. „Denn mit den Temperaturen steigt auch unsere Libido“, sagt Frauenärztin Sheila de Liz. Sonnenlicht und Wärme sind laut der Expertin unglaublich wichtig für unser Lustempfinden, denn so produziert der Körper mehr Vitamin D. Das erhöhe die Stimmung und schaffe Entspannung, sagt sie. Weniger Kleidung und mehr nackte Haut sind laut de Liz natürlich zusätzliche optische Reize, die die Hormone in Wallung bringen.

Behauptung: Hitze schadet Laptop und Smartphone.

Bewertung: Richtig.

Fakten: Etwas für Uni oder Arbeit im Park auf dem Laptop schreiben oder mit dem Handy lustige Videos drehen? Ja, aber bitte im Schatten! Denn Elektronik sollte kühl gehalten werden, empfiehlt Alexander Spier vom Magazin für Computertechnik „c't“. Hitze und Sonne können mitunter zu Beeinträchtigungen führen: Die Geräte arbeiten dann langsamer, es kommt zu Darstellungsstörungen auf dem Display, oder die Lebensdauer wird verkürzt. Nicht umsonst schalten sich moderne Smartphones bei zu großer Hitze mittlerweile von alleine aus, um Schäden zu verhindern.

Behauptung: Warmes Wetter fördert die Bildung von Hitzepickeln.

Bewertung: Stimmt.

Fakten: Ein paar ruhige Momente in der Sonne genießen und schon können sich kleine Bläschen am Körper bilden - sogenannte Hitzepickel. „Sie entstehen wegen verstopfter Schweißdrüsen, hervorgerufen von einem Hitzestau“, sagt Dermatologin Uta Schlossberger. Schuld ist meist zu enge, undurchlässige Kleidung im Sommer. Aber auch an stark schwitzenden Stellen wie am Rücken, unter den Achseln oder am Dekolleté treten sie oft auf. Sobald der Körper abkühlt, verschwinden die Hitzepickel laut der Ärztin meist wieder.

Behauptung: Beim Blumengießen im Sommer kein Wasser auf die Blätter.

Bewertung: Stimmt.

Fakten: Wassertropfen auf Pflanzen sollen im Sommer wie Brenngläser wirken. Pflanzen also nicht von oben gießen? „Es ist tatsächlich besser, es nicht zu tun“, rät Isabelle van Groeningen von

der Königlichen Gartenakademie Berlin. Grund sei allerdings nicht, dass die Blätter verbrennen könnten. „Sondern die Feuchtigkeit fördert die Bildung von Pilzschädlingen“, sagt die Gartenexpertin.

Behauptung: Mittags ist es am heißesten.

Bewertung: Falsch.

Fakten: „Feierabendhitze“ wäre wohl treffender. „Denn die Temperatur ist an einem Hochsommertag erst zwischen 16 und 17 Uhr am höchsten“, sagt Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst. Der Wärmegrad erreicht seinen Höhepunkt also nicht zeitgleich mit dem Höchststand der Sonne, sondern erst verzögert. Dann, wenn der Boden maximal erwärmt ist und auch Straßen oder Dächer Hitze abgeben. Zudem ist der Sonnenhöchststand in Deutschland aufgrund der Sommerzeit nicht um 12 Uhr mittags, sondern am frühen Nachmittag.

Behauptung: Eine kalte Dusche hilft gegen Schwitzen.

Bewertung: Besser nicht.

Fakten: Es ist verlockend, den überhitzten Körper eiskalt abzubrausen - letztendlich ist es jedoch kontraproduktiv. Aufgrund des kalten Wassers geht die Körpertemperatur zwar erst einmal runter. Anschließend schwitzt man aber durchaus mehr. „Weil der Körper die Temperatur wieder hochschraubt“, erklärt Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln. Vor allem nach einer intensiven Trainingseinheit sei eine kalte Abkühlung nur Stress für den Körper. Er rät dazu, es ruhig mit der Temperatur angehen zu lassen und zunächst mit handwarmem Wasser zu duschen. Das kann man dann Schritt für Schritt kälter drehen.

Behauptung: Ein eiskaltes Getränk ist die beste Erfrischung.

Bewertung: Falsch.

Fakten: Ähnlich wie bei der frischen Dusche verhält es sich auch bei Wasser, Limo und ähnlichen Getränken. „Kalte und eiskalte Getränke belasten den Körper deutlich mehr als wohltemperierte oder warme, denn er muss viel Energie aufbringen, um die Temperatur zu regulieren“, erklärt der Arzt Jan-Christoph Lewejohann von der Asklepios Klinik Wandsbek. Kühle Drinks können außerdem zu Magenproblemen und Unwohlsein führen. Deshalb ruhig mal zum warmen Pfefferminztee greifen. Auch der kann erfrischen.

Behauptung: Beduinen schützen sich mit dunkler Kleidung gegen Hitze.

Bewertung: Stimmt, wobei eher der Schnitt entscheidend ist.

Fakten: Die Wüstenbewohner Nordafrikas und im Nahen Osten tragen häufig dunkle Gewänder. Und das, obwohl diese im Gegensatz zu weißer Kleidung Sonnenlicht aufsaugt - warum? Israelische Forscher haben sich 1980 mit der Frage beschäftigt. Ihr Ergebnis: Die Farbe der Gewänder machte kaum einen Unterschied, wohl aber der Schnitt. Denn die Beduinen tragen ihre Roben locker um den Körper. So kann zwischen den Lagen Luft hindurchströmen, die die Wärme abtransportiert und die Haut so kühlt.

Behauptung: Hobbysportler sollten nicht abends joggen.

Bewertung: Jein.

Fakten: Hintergrund für diese gelegentlich ausgesprochene Empfehlung sind hohe Ozonwerte in der Luft. Das farblose, giftige Gas könne die Atemwege reizen, erläutert das Umweltbundesamt. Da die Werte im Sommer meist am Nachmittag am höchsten sind, rät die Behörde zum Beispiel Asthmatikern, zu dieser Tageszeit körperliche Aktivitäten im Freien zu vermeiden. Bei gesunden Menschen hält es der Sportwissenschaftler Ingo Froböse so: „Wer kann, geht besser schon früh morgens joggen. Und wer das nicht schafft, joggt besser am Abend als gar nicht.“ Faul herumzusitzen sei gefährlicher, sagt der Experte.

Behauptung: Zugluft ist ungesund?

Bewertung: Stimmt.

Fakten: Wenn Luft über verschwitzte Haut streift, entsteht Verdunstungskälte. Die Körperoberfläche wird also gekühlt. Das ist bei Hitze erstmal angenehm. Allerdings könne sich dadurch die darunter liegende Muskulatur verspannen, erklärt der Arzt Hans Michael Mühlenfeld. Mögliche Folgen sind ein steifer Nacken oder auch Kopfschmerzen. Alternativ kühlen feuchte Lappen oder Fußbäder, empfiehlt die Allgemeinmedizinerin Sabine Gehrke-Beck.

Behauptung: Arbeitnehmer bekommen bei hohen Temperaturen hitzefrei.

Bewertung: Falsch.

Fakten: Am Arbeitsplatz sollten die Temperaturen zwar erträglich sein. Arbeitsräume mit mehr als 26 Grad Celsius seien in der Regel nicht vorgesehen, erklärt die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutsche Anwaltverein. Und ab 35 Grad gelten sie endgültig nicht mehr als adäquate Arbeitsumgebung. Der Arbeitgeber muss die Räume dann herunterkühlen oder Ersatz schaffen. Einfach gehen dürfen betroffene Angestellte aber nicht. Sie müssen ihrem Chef vielmehr Zeit geben, die Temperatur zu regeln oder einen kühleren Raum zu organisieren. Gelingt das nicht, kann man sich meist auch auf eine Alternative einigen - zum Beispiel befristet Home Office.

Auch an Arbeitsplätzen im Freien muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass die Gesundheit der Beschäftigten nicht in Gefahr ist. Schattige Plätze und kühle Getränke kommen infrage. Oder der Chef verlege schwere Arbeit in die frühen Morgenstunden, wie die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft erläutert. (mz)