Berg von Rechnungen? Diese 5 Verbindlichkeiten zuerst begleichen
Manchmal reicht das Geld von vorne bis hinten nicht. Doch es gibt Rechnungen, die aus guten Gründen Vorrang vor anderen haben sollten. Welche das sind und was zu beachten ist.
Köln/Nürnberg - Hohe Energiepreise, hohe Nahrungsmittelpreise - solche und andere Ausgabenposten setzen aktuell vielen Menschen zu.
Oftmals ist gerade zum Monatsende hin das Geld knapp. Dann kann es unter Umständen sinnvoll sein, die Ausgaben zu priorisieren. Schließlich gibt es Verbindlichkeiten, bei denen ein Aufschub nicht ratsam ist - weil das ansonsten üble Folgen nach sich zieht.
Diese fünf Verbindlichkeiten sollten Sie unbedingt vor allen anderen begleichen:
1. Miete
Wer als Mieter mit zwei vollen Monatsmieten im Rückstand ist, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen - es droht die Obdachlosigkeit. Wobei Mieterinnen und Mieter nicht von einem Moment auf den anderen auf die Straße gesetzt werden können. Erst muss der Vermieter eine Räumungsklage erheben. „Das dauert in aller Regel einige Monate, bis ein Gericht der Klage stattgegeben hat“, sagt der Jurist Christoph Zerhusen von der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf.
Zwischenzeitlich kann die Mieter-Seite ihrerseits Räumungsschutz beantragen. „Damit kann sie Erfolg haben, wenn sie beispielsweise zwei kleine Kinder hat und winterliche Wetterverhältnisse herrschen“, so Zerhusen.
Sein Tipp: Sobald man feststellt, dass es mit der pünktlichen Zahlung der Miete nicht klappt, auf den Vermieter zugehen, um Verständnis werben und versuchen zu verhandeln.
2. Energierechnungen
Neben der Miete haben auch Strom- und Gasrechnungen Priorität. Ansonsten drohen Liefersperre und Vertragskündigung - im schlimmsten Fall ist es also zu Hause dunkel und kalt. Aber auch hier kann es nicht von jetzt auf gleich zu einer Liefersperre kommen. „Zunächst muss das jeweilige Energieversorgungsunternehmen den Rückstand anmahnen und eine Liefersperre in Aussicht stellen“, erklärt Johannes Allgeier von der Schuldnerhilfe Köln.
Zwischen dem Zugang der Sperrandrohung und einem möglichen Beginn der Sperre müssen vier Wochen vergangen sein. Zudem ist der Anbieter verpflichtet, den Beginn der Sperre mindestens drei Werktage im Voraus nochmals anzukündigen.
Eine weitere Voraussetzung für eine Sperre: „Der Rückstand muss mindestens 100 Euro betragen“, so Allgeier.
Sein Tipp: Zeichnet sich ab, dass man seine Energierechnungen nicht fristgerecht begleichen kann, sollte man den Anbieter schnellstmöglich kontaktieren und die Gründe erläutern. Oftmals lässt sich eine Stundung oder Ratenzahlung vereinbaren.
3. Unterhalt
Ebenfalls Priorität haben Unterhaltszahlungen. „Man will doch schließlich, dass es dem eigenen Kind oder den eigenen Kindern gut geht“, sagt Ines Moers von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung. Das sei wichtiger als beispielsweise eine Kreditrate an eine Bank zu zahlen. Viele Geldinstitute böten übrigens die Möglichkeit, im Falle von Zahlungsschwierigkeiten Kreditraten vorübergehend auszusetzen.
4. Geldbußen und Geldstrafen
Auch Geldbußen und Geldstrafen sind möglichst umgehend zu zahlen. Wer sie und entsprechende Mahnbescheide beharrlich ignoriert, landet womöglich im Gefängnis. Doch soweit muss es nicht kommen. „Wichtig ist auch hier, sich zu kümmern und seine Geldnöte offen anzusprechen“, sagt Allgeier.
Generell müssen Betroffene Zahlungsbereitschaft gegenüber der Staatsanwaltschaft oder gegenüber Gerichten signalisieren. In vielen Fällen ist es möglich, die Strafe in Raten zu zahlen. Eine andere Option: anstelle einer Strafe gemeinnützige Arbeit ableisten.
5. Versicherungsprämien
Wichtig sind die Krankenversicherung und die Haftpflichtversicherung. Wer mit den Beiträgen etwa für die private Krankenversicherung im Rückstand ist, muss damit rechnen, in den Basistarif zu rutschen - womit nur noch eine Notfallversorgung abgedeckt ist. Wird die Haftpflicht wegen Prämienrückstands gekündigt und verursacht man dann einen Schaden, kann es extrem teuer werden.
Bei vielen anderen Versicherungen gilt: Allerspätestens, wenn man merkt, dass man die Prämien nicht zahlen kann, gehören die Policen auf den Prüfstand. „Oft sind Menschen völlig überversichert und es lohnt sich, Versicherungen bewusst zu kündigen, um mehr Geld für andere Zahlungen zu haben“, sagt Moers.
Tipps bei Zahlungsschwierigkeiten
Suchen Sie so früh wie möglich Hilfe, wenn Sie merken, dass Sie mit Ihrem Geld nicht klarkommen. „Leider ist das Thema immer noch mit Scham behaftet“, sagt Nina Rüther, Leiterin der Schuldnerhilfe Köln. Viele Betroffene neigten dazu, erst ihr Erspartes aufzubrauchen und sich Geld in der Familie oder von Freunden zu borgen, bevor sie Hilfe von Fachleuten in Anspruch nehmen.
Schnelle Hilfe gibt es etwa bei der kostenlosen und anonymen Beratung der Stiftung Deutschland im Plus in Kooperation mit der Schuldnerhilfe Köln. Kontakt zu den Expertinnen und Experten gibt es online oder über die Beratungshotline unter +49 800 5 03 58 51. Bundesweit gibt es zahlreiche weitere zertifizierte Schuldnerberatungsstellen.
Um die Einnahmenseiten zu stabilisieren, kann staatliche Unterstützung hilfreich sein. „Neben zum Beispiel Energiehilfen existieren laufende Leistungen wie Wohngeld, die viele Menschen nicht in Anspruch nehmen, obwohl sie das Recht darauf hätten“, so Moers.
Daneben sind es Stiftungen oder Nachbarschaftsinitiativen, die Hilfe leisten können - oder Arbeitgeber, die Lohnerhöhungen oder Darlehen gewähren. „Leider trauen sich viele Menschen nicht, nach solcher Hilfe zu fragen oder kennen die verschiedenen Optionen nicht“, so Moers.
Und was hilft, um die eigenen Finanzen in den Griff zu bekommen oder zu behalten? „Das gute alte Haushaltsbuch, das es inzwischen auch als App gibt“, sagt Ute Scharnagl, Vorstand der Stiftung Deutschland im Plus. So lässt sich genau nachverfolgen, wo das Geld geblieben ist und wo Sparmöglichkeiten liegen.
Ein weiterer Tipp von ihr: Zu Monatsbeginn das zur Verfügung stehende Geld einteilen und bestimmte Beträge in Kuverts legen, die etwa mit „Freizeit“ oder „Drogeriebedarf“ beschriftet sind. Auch auf diese Weise behalten Sie den Überblick über Ihre Finanzen.