Detektiv-Urteil Detektiv-Urteil: Wann und wo Mitarbeiter überwacht werden dürfen

Eine Frau verlässt einen Waschsalon, ein anderes Mal liebkost sie einen Hund oder wartet an einem Fußweg. Solche banalen Szenen aus dem Alltagsleben schafften es jetzt bis vor das höchste deutsche Arbeitsgericht. Denn es waren heimliche Aufnahmen eines Detektivs, der eine kranke Sekretärin in Münster beschattet hatte.
Im Auftrag ihres Chefs, der an dem Bandscheibenvorfall seiner Mitarbeiterin zweifelte, hatte der private Ermittler die Frau an vier Tagen im Februar 2012 beobachtet – auch mit der Videokamera.
Zu Unrecht, entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht, und hat damit der Überwachung von Mitarbeitern durch Detektive enge Grenzen gesetzt. Nur bei einem auf Tatsachen beruhenden, konkreten Verdacht einer schweren Pflichtverletzung dürften Arbeitgeber Detektive zur Kontrolle von Beschäftigten einsetzen, urteilten die Richter am Donnerstag in Erfurt (Az.: 8 AZR 1007/13).
Derartige Pflichtverletzungen können laut einem Gerichtssprecher etwa das Vortäuschen einer Krankheit oder Diebstähle sein. Ist die Überwachung unzulässig, haben trotzdem observierte Mitarbeiter dagegen Anspruch auf Schmerzensgeld.
Mit der Forderung ihres vollständigen Anspruchs auf Schadenersatz scheiterte die Klägerin allerdings, die von ihrem früheren Arbeitgeber ein Schmerzensgeld von 10.500 Euro erstreiten wollte. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte ihr 1000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Das Bundesarbeitsgericht hielt diese Summe ebenfalls für angemessen.
Arbeitgebern ist es grundsätzlich untersagt, ihre Mitarbeiter ständig zu überwachen. Denn das verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht, sagte Hans-Georg Meier, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Wollen sie es ausnahmsweise dennoch machen, ist das nur in engen Grenzen möglich.
Außerdem brauchen sie in der Regel die Zustimmung des Betriebsrats. Das gilt jedenfalls, wenn Firmen zur Überwachung technische Einrichtungen wie eine Kamera einsetzen wollen. Was erlaubt ist, hängt nicht zuletzt davon ab, ob ein Mensch oder eine Kamera Arbeitnehmer überwacht und wo das geschieht.
„Arbeitgeber zahlen eine Menge Geld dafür“
Das Ausspionieren von Arbeitnehmern kommt nach Aussagen von Arbeitsrechtlern und Gewerkschaftern in der Praxis häufiger vor. Etwa beim Verdacht auf vorgetäuschte Krankheit, Alkoholsucht oder zur Kontrolle von Außendienstmitarbeitern schicken Unternehmen Detektive in die Spur, meint der Nürnberger Fachanwalt für Arbeitsrecht, Wolfgang Manske. Und Kerstin Jerchel, Juristin bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, weiß: „Arbeitgeber zahlen eine Menge Geld dafür“.
Videokontrolle nur als letztmögliches Mittel
Die bisherige Rechtsprechung setzt der Überwachung von Arbeitnehmern hohe Hürden. Die Videokontrolle von Einzelnen im Betrieb etwa kann nur aufgrund eines konkreten Verdachts einer Straftat erfolgen. Zudem muss die Überwachung verhältnismäßig sein und darf nur als letztmögliches Mittel in Betracht kommen. Dazu gibt es bereits mehrere, auch höchstrichterliche Entscheidungen.
Zum Einsatz von Detektiven urteilten die obersten Arbeitsrichter 2013, dass so überführte Blaumacher unter Umständen auch die Detektivkosten vom Arbeitgeber übernehmen müssen.

