BGH billigt Kappungsgrenze in Berlin BGH billigt Kappungsgrenze in Berlin: Wie stark dürfen Mieten steigen?

Berlin/Karlsruhe - Mieterhöhung. Mehr als eine Million davon landen nach Schätzungen des Mieterbunds jedes Jahr in deutschen Briefkästen. Viele Mieter treffen sie völlig unerwartet. Und nicht alle sind legitim. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil nun die Rechte von Mietern in Ballungsräumen gestärkt - und die der betroffenen Städte. (Az.: VIII ZR 217/14)
Wie sind Mieterhöhungen geregelt?
Vermieter dürfen die Miete für ihre Wohnungen nicht unbegrenzt erhöhen. Bundesweit gelten sogenannte Kappungsgrenzen. Das heißt in der Regel, dass Mieten innerhalb von drei Jahren nur um maximal 20 Prozent steigen dürfen.
Warum ist das nötig?
Damit soll verhindert werden, dass günstige Wohnungen auf einen Schlag deutlich teurer werden. Das wäre zum Beispiel bei einem Vermieterwechsel denkbar oder wenn die Mietpreisbindung für eine Sozialwohnung ausläuft. „Vertragstreue Mieter sollen davor geschützt werden, dass sie sich die Wohnung wegen der steigenden Mieten nicht mehr leisten können“, begründete die Vorsitzende BGH-Richterin Karin Milger am Mittwoch die Vorgaben.
Ist das so was wie die Mietpreisbremse?
Die Mietpreisbremse gilt nur bei neuen Verträgen. Die Kappungsgrenze um die es hier ging, muss bei laufenden Mietverhältnissen beachtet werden.
Sind die Kappungsgrenzen überall gleich?
Nein. In einigen Städten mit besonders angespanntem Wohnungsmarkt liegen sie nicht bei 20, sondern bei 15 Prozent. Das dürfen die Länder seit 2013 selber festlegen. Bislang haben das elf Bundesländer für ausgewählte Städte genutzt. Die niedrigere Kappungsgrenze gilt unter anderem in Berlin, Hamburg und München. Im Saarland, Niedersachen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern gilt dagegen nach wie vor eine flächendeckende 20-Prozent-Kappungsgrenze.
Warum hat sich der BGH damit beschäftigt?
Eigentlich ging es nur um elf Euro: Ein Berliner Vermieter hatte seinen Mieter verklagt, weil er die Miete für eine Wohnung im Stadtteil Wedding um um 45 Euro erhöhen wollte. Der Mieter erkannte 34 Euro an und verweigerte den Rest. Er berief sich auf die in der Hauptstadt geltende niedrigere Kappungsgrenze. Das wiederum wollte der Vermieter nicht akzeptieren.
Warum?
Der Wohnungsmarkt sei nur in einzelnen Bezirken wie Berlin-Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg besonders angespannt - in seiner Wohngegend aber nicht, argumentierte sein Anwalt in Karlsruhe. Die niedrigere Kappungsgrenze dürfe daher nicht in der ganzen Stadt gelten.
Was sagt der BGH dazu?
Der hat die Entscheidung des Berliner Senats gebilligt: Vor allem in „Ballungsräumen, Industrie-und Universitätsstädten sowie in Städten mit herausgehobener zentraler Lage oder Funktion“ könne man grundsätzlich nicht genau abgrenzen, wo die Wohnungslage angespannt und die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum daher besonders gefährdet sei.
Hat das BGH-Urteil Auswirkungen auf andere Bundesländer?
Das selbst nach Ansicht des Vermieterverbandes Haus & Grund der Fall, der von der Entscheidung gar nicht begeistert ist. Nach diesem Urteil hätten alle Landesverordnungsgeber einen sehr weiten Beurteilungsspielraum, sagt die Juristin von Haus & Grund, Inka-Marie Storm. Einige Länder seien mit dem Instrument aber behutsam umgegangen, im Gegensatz zum Land Berlin. „Nun sind wohl die Tore offen“. Der Verband fordert daher den Bundesgesetzgeber auf, die Kommunen in Sachen Kappungsgrenze stärker an die Kandare zu nehmen.
Was sagt die Berliner Landesregierung zu dem Urteil?
Die begrüßt den Richterspruch. „Die Wohnraumsituation ist in der gesamten Stadt angespannt“, betonte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) noch vor der Entscheidung. Zuletzt sei die Nachfrage auch an den Rändern Berlins stark gestiegen, so dass es in jedem Bezirk eng werde. (dpa)