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Fernseh-Koch Fernseh-Koch: Jamie Oliver will Amerikaner umerziehen

11.04.2010, 07:36

New York/dpa. - In«Jamie Oliver's Food Revolution» versucht der britische Starkoch,einer amerikanischen Stadt gesundes Essen beizubringen. Und derstaunende Zuschauer erfährt etwas über übergewichtige Familien, dienur Goldgelbes essen, Pizza zum Frühstück und Grundschüler, die nochnie mit Messer und Gabel gegessen haben.

Das erste Bild sieht noch ganz normal aus. Die Kinder, sieben,acht Jahre alt, sitzen mit ihren Plastiktabletts und einem großenStück Pizza darauf in der Schulspeisung. Dann kommt die Einblendung«7.40 Uhr - Frühstück». Oliver, Apostel des gesunden Essens im gernalles frittierenden Großbritannien, steht schockiert daneben. «Pizzazum Frühstück», fragt er bleich die Küchenfrauen, «bei uns in Englandgibt es das zum Mittag». Die zucken mit den Schultern: «Bei uns auch.Morgen gibt es die Pizza zum Mittag.»

Die USA sind ein stark übergewichtiges Land. Das gilt mehr undmehr auch für die meisten europäischen Staaten, aber Amerika ist daschon weiter. Je ländlicher, je südlicher, je ärmer, desto mehrFleisch wird gegessen, Essen frittiert, Gemüse ignoriert und destomehr Fett wabbelt auf den Hüften. Den Höhepunkt bildet laut einerRegierungsstudie die Stadt Huntington im Staat West Virginia: Mehrals 45 Prozent der Erwachsenen sind übergewichtig, jeder siebte hatDiabetes, die Hälfte der 65-Jährigen keinen eigenen Zahn mehr imMund. Nur die Spitze des Eisbergs in einer Region, in der es Eiscremeim 1,5-Gallonen-Eimer (5,7 Liter) gibt und «Baconnaise», Mayonnaisemit Speckgeschmack.

«Du spielst mit dem Leben Deiner Kinder», sagt Oliver zu einerMutter - genau wie Mann und drei Kinder hat sie weit mehr als dasNormalgewicht. Ein Versuch zeigt, warum: Der große Tisch reichtnicht, um die Mengen an Pizza, Pommes Frittes, Nachos undFettgebackenem aufzunehmen, die die fünf in einer Woche essen. DerHerd bleibt kalt, praktisch alles kommt aus der Familienfritteuse.«Ist alles, was Ihr esst, goldgelb?», fragt Oliver zweifelnd. DieFrau nickt und bricht in Tränen aus, als der Engländer ihr erklärt,dass sie mit dieser Ernährung ihren Kindern 12, 14 Jahre ihrerLebenserwartung raube. «Wir erleben die erste Generation, die nichtso alt wird wie ihre Eltern. Alles wegen dieses Essens!» Gemeinsamwird die Fritteuse feierlich bestattet und der Kühlschrank mit Gemüsegefüllt. Als Oliver ein paar Tage später wiederkommt, ist kaum etwasangerührt.

Ein begabter, aber arroganter Brite trifft auf das vielleichtunbelehrbarste Volk der Welt. «Warum gibt es eigentlich nur FingerFood? Wo ist das Besteck?», fragt er die Küchenfrauen. Die können dieFrage nicht fassen. «Wir sind eine Grundschule! Die ältesten Kindersind gerade zehn!», sagt eine entsetzt. Was da alles passieren könne.Oliver sagt, dass in Europa selbst im Kindergarten der Umgang mitBesteck geübt werde. Schweigen bei den Küchenfrauen. Dann fragt einevoller Unglauben und Hohn: «Gibt es da Nachweise für?»

Das Unwissen der Grundschüler erschreckt Oliver; nicht nur beimExperiment mit dem Besteck, das kaum einer richtig zu benutzen weiß.Keiner erkennt eine Tomate, bei der Kartoffel herrscht Schweigen.«French fries», rufen dagegen alle im Chor, als er ein Pommes friteshochhält. «Das da macht man daraus», sagt er und zeigt die Kartoffeldazu. Ungläubiges Staunen.

Dann ekelt der Koch die Kinder mit Hühnerabfällen. Er püriert undpaniert die Knochen, Knorpel und Fett und zaubert so Hühnernuggets.«Na, wollt Ihr jetzt immer noch Chicken Nuggets essen?», fragt erselbstbewusst. Die Kinder, eben noch angewidert, überlegen keineSekunde: Alle Finger gehen hoch.