Feine Schokoladen erobern das Regal
Schwyz/dpa. - Die Deutschen - bis vor wenigen Jahren unbedingte Liebhaber der Milchschokolade - entdecken immer mehr Schokoladen mit hohem Kakaoanteil und ungewöhnlichen Geschmacksrichtungen. «Fast alle großen Hersteller haben heute mindestens eine Sorte mit viel Kakao im Sortiment», sagt Thomas Pape vom Infozentrum Schokolade des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie in Leverkusen. Außerdem experiementierten kleine Hersteller und Confiserien mit Rohstoffen und Gewürzen.
Ausgangspunkt für das Neue ist dabei oft das Alte: «Seit 2003 bieten wir unter dem Namen "Tchocolatl" eine Trinkschokolade an, bei der eine Sorte der originalen Gewürzmischung der Azteken mit Piment und Langpfeffer entspricht», sagt Oliver Coppeneur. Zusammen mit seinem Partner Georg Bernardini führt er seit elf Jahren die Firma CCC Confiserie Coppeneur et Compagnon in Bad Honnef. Seit einem Jahr produzieren die beiden neben Pralinen auch Schokolade.
Der Ausgangstoff für die schokoladigen Köstlichkeiten ist der Kakao: «Den überwiegenden Anteil am Weltmarkt hat mit 85 Prozent die Sorte Forastero», erläutert Alois Immoos, der seit den siebziger Jahren für den Schweizer Schokoladen-Hersteller arbeitet. Die Bohnen stammen vor allem aus dem Amazonasgebiet. «Die ursprüngliche, aber inzwischen selten gewordene Bohne heißt Criollo. Sie ist besonders fein.» Qualitativ dazwischen liegt der Trinitario-Kakao, eine Kreuzung beider Sorten.
Bei edlen Schokoladen werden der Masse aus Forastero-Kakao meist mehr oder weniger große Mengen der beiden edleren Sorten beigemischt. Statt eines Blends hat die Firma Felchlin 2003 zum ersten Mal Schokoladen aus nur einer Bohne unter dem Namen Grand cru auf den deutschen Markt gebracht.
Für den Schokoladengeschmack ist neben den richtigen Bohnen auch die Weiterverarbeitung wichtig: Nach der Ernte werden die Kakaobohnen geröstet. Danach werden die Kerne von den Schalenresten getrennt. Die Kerne landen zwischen Mahlsteinen, wo sie immer weiter verkleinert werden. Beim Mahlen wird die in den Kernen enthaltene Kakaobutter freigesetzt und durch die Reibung erwärmt. So verbinden sich die Teile zu einer braunen Kakaomasse, die schon an Schokolade erinnert.
Nachdem Zutaten wie Milch, Zucker oder Sahne dazugekommen sind, beginnt der «Feinschliff»: In der Conche - einem Rühr- und Reibesystem - wird die Masse gedreht, gewendet, bewegt und belüftet. Bis zu 72 Stunden dauert das bei den edlen Sorten von Felchlin. Heraus kommt eine glatte, feine, gießfähige Schokoladenmasse. Die kann dann in Formen gegossen oder weiterverarbeitet werden.
Die Schokoladenexperten bei Coppeneur schöpfen ihre Kreationen mit der Hand auf ein Blech mit Tafelformen. Später werden die Tafeln dann mit einer feinen Schicht Schokolade überzogen. Aber nicht nur kleine Hersteller bringen feine Schokoladen in ungewöhnlichen Sorten auf den Markt. Auch große Anbieter wie Lindt haben ein reichhaltiges Sortiment.
Das Besondere verzehrt der Schokoladefan dann auch bewusster: «Feine Genussmittel, für die man auch etwas mehr ausgibt, bedeuten Luxus im Kleinen», sagt Wibke Fleischer, Trendforscherin beim Trendbüro in Hamburg.