Ein Abend in der Trüffel-Klasse Restaurantbesuch beim Sterne-Koch: Diese Tipps sollten Sie unbedingt beachten
Schon der Gedanke an Sterneküche verunsichert viele. Kleiderordnung, Weinauswahl, Tischmanieren – wie geht man entspannt ins Edellokal? Experten geben zehn Tipps.
Halle (Saale) - Wer selten in Lokalen mit gestärkten Stoffservietten diniert, kennt den Stress beim Betreten eines solchen Restaurants. Doch die Gourmet-Tempel würden immer lockerer und bauten Hürden ab, sagen Stil-Expertin und Kommunikationstrainerin Susanne Helbach-Grosser sowie Restaurantmanager und Head Sommelier des Sternerestaurants „Tim Raue“ Raphael Reichardt. Ihre Tipps:
Besuch im Sterne-Restaurant: Experten geben Tipps für Gäste
Gibt es einen Dresscode im Restaurant?
Empfehlungen zur Kleidung gibt es laut Susanne Helbach-Grosser seitens der Sterne-Gastronomie kaum. Höchstens eine gewisse Erwartungshaltung. „Am besten passt man sich dem Ambiente des Lokals an“, rät die Expertin. Dieses kann elegant, aber auch jung, modern und kreativ sein.
„Wer sichergehen möchte, schaut im Internet nach, was andere Gäste getragen haben oder ruft im Zweifelsfall im Restaurant an, um nach dem Dresscode zu fragen“, sagt Raphael Reichardt. Denn: „Kleidung drückt immer auch die Einstellung und Wertschätzung für den Ort aus, an dem sie getragen wird“, sagt Helbach-Grosser. Verzichten Sie also am besten auf Sportbekleidung, Hoodies, löchrige Hosen oder Flip-Flops.
Reichardt empfiehlt außerdem: „Für den Besuch in einem Restaurant, in dem es ganz besonders um das Erleben von Geschmack und Geruch geht, würde ich auf das Auftragen von zu viel Parfum verzichten.“ Das könne andere Gäste stören und schränkt auch die eigenen Sinneswahrnehmungen ein.
Kann man bei der Wahl des Weins etwas falsch machen?
„Beim Wein gibt es keine falsche Wahl“, sagt Helbach-Grosser. Nach ihren Worten reicht es, ein paar Kriterien zu berücksichtigen, damit alle am Tisch mit der Wahl zufrieden sind: „Tageszeit, Jahreszeit, Außentemperatur, Anlass und die Zusammensetzung des Personenkreises.“ Für den Rest vertraut man sich dem Sommelier beziehungsweise der Weinkellnerin an.
„Einem Sommelier bereitet es ebenso viel Freude, für Anfänger einen passenden Wein zu finden wie Weinkenner zu überraschen“, sagt Reichardt. Berührungsängste mit dem Sommelier sollte man keine haben, schließlich gehöre seine Expertise als Dienstleistung beim Besuch eines Restaurants mit dazu. Am besten nennt der Gast ihm eingangs individuelle Vorlieben sowie gegebenenfalls das an dem Abend für den Wein eingeplante Budget.
Was, wenn ich keinen Alkohol mag?
„Das ist gar kein Problem“, sagt Helbach-Grosser. Denn alkoholfreie Alternativen zu Bier, Wein und Spirituosen passen gut in unsere Zeit. „Und es geht auch alkoholfrei raffiniert. Als Gast kann man sich zum Beispiel verblüffende Neukreationen aus Obst oder Gemüse herstellen lassen“, so die Etikette-Trainerin. Das sei in Absprache mit dem Küchenchef möglich: „Lassen Sie sich darauf ein.“ Der Sommelier wird hier gerne ihr Ansprechpartner sein.
Darf ich das Brot schneiden oder soll ich es rupfen?
Beilagen-Brot wird laut der Expertin mundgerecht mit den Fingern abgebrochen. „Mit dem Brotmesser können Butter und Aufstriche auf das abgebrochene Stück gegeben werden.“ Jedoch werden keine „Stullen“ geschmiert. Fettiges Knoblauchbaguette oder Pizzabrot darf aber abgebissen werden.
Serviette bei Restaurant-Besuch nicht auf Teller legen
Wie steht es um die Serviettenregeln?
„Legen Sie die Serviette auf Ihre Oberschenkel, sobald der erste Gang serviert wird“, sagt Helbach-Grosser. Drei Viertel der Serviette werden nach innen eingeschlagen, sehr große Servietten mittig gefaltet, mit der offenen Seite zu sich, damit man sich mit der hygienisch einwandfreien Innenseite die Lippen tupfen kann. Die Serviette bleibt während des ganzen Essens auf den Oberschenkeln liegen.
Wer zwischen den Gängen aufsteht, deponiert die Serviette laut der Stil-Expertin links vom Teller. Nach dem Dessert wird sie locker zusammengefaltet links am Platz abgelegt. „Bitte legen Sie die Serviette nicht auf den schmutzigen Teller mit Soßenresten“, sagt Reichardt. Auch Reinschnäuzen oder Ähnliches sei unerwünscht. Schließlich werde die Serviette hinter den Kulissen später von einem Restaurantmitarbeiter angefasst. Es geht also auch um den Respekt dem Personal gegenüber.
Wenn ich mir unter einem Gericht nichts vorstellen kann?
In der modernen Sterneküche sollte das laut Reichardt nicht vorkommen. „Nachdem wir den Gästen die Karte und die Weinkarte gereicht haben, gehen wir nach einer Weile meist noch einmal aktiv auf sie zu, um sicherzustellen, dass alle Fragen rund um Zutaten, Zubereitungsweisen oder auch Allergene beantwortet werden“, sagt er.
Es sei Aufgabe des Restaurants, sicherzustellen, dass sich ein Gast rundum gut informiert und wohlfühlt. Aber im Zweifelsfall fragt man laut Helbach-Grosser lieber noch einmal nach: „Was kann ich mir unter diesem Gericht vorstellen?“ klingt unverfänglich und respektvoll. Oder: „Könnten Sie mir dieses Gericht bitte erläutern?“
Lob und Trinkgeld im Edel-Restaurant
Wie verhält sich die Sache mit dem Trinkgeld?
Hierzulande sind sieben bis zehn Prozent des Rechnungsbetrages üblich. „Sie können das Trinkgeld mit auf die Kreditkarten-Rechnung setzen oder in bar dazulegen“, sagt Helbach-Grosser. Wer einer speziellen Person danken möchte, überreicht es in bar.
Und: Ein ehrliches Kompliment wie „Mit welcher Begeisterung Sie uns den Wein und die Gerichte heute vorgestellt haben!“ kommt immer gut an. „Über ein Kompliment, das über das gewöhnliche „Vielen Dank, es war sehr lecker!“ hinausgeht, freut man sich auch in einem sehr lobverwöhnten Umfeld“, sagt Reichardt.
Kann ich mich bei unbekannten Gerichten blamieren?
„Bestimmt nicht“, sagt Helbach-Grosser. Denn die Gastgeber werden sehr wohlwollende und freundliche Menschen sein. „Und es ist mutig und erhellend, neue Gerichte zu probieren.“ Falls Gäste dennoch Fragen etwa bezüglich der richtigen Handhabung des Bestecks haben sollten, wenden sie sich an das Service-Personal.
„Wir möchten, dass sich in unserem Restaurant jeder Gast willkommen fühlt“, sagt Reichardt. Laut dem Head Sommelier gehört es auch zu den Aufgaben des Restaurants, dass die Gäste beispielsweise mit dem für ein Gericht ausgesuchten Besteck umgehen können. Ansonsten sollte es vom Restaurant ausgetauscht werden. Im Zweifelsfall hilft ein Blick zu einem Nebentisch: Wie wird dort das unbekannte Besteck gehandhabt?
Am Restaurant-Tisch das Handy zücken?
Darf ich Gerichte fotografieren und auf Instagram teilen?
Hier gehen die Meinungen laut Helbach-Grosser auseinander: „Wenn Sie guten Stil leben und Mitessende nicht nerven möchten, sollten Sie es lassen.“ Einige Restaurants seien ohnehin gegen die Fotografiererei. Vielen aber ist Social Media dagegen sehr wichtig geworden. „Dann sollte das Restaurant aber auch getaggt werden.“
„Fisch oder Fleisch werden oft bei sehr genauen Temperaturen gegart und serviert“, erklärt Reichardt. Wer Zeit mit Fotografieren vertrödele, verpasse den idealen und vom Restaurant vorgesehenen Geschmack des Gerichtes. „Obwohl es heute eher untypisch ist, dass jemand seinen Teller nicht fotografiert, finde ich das schade. Ein Handy in der Hand lenkt vom eigentlichen Augenblick ab.“
Darf ich mit dem Brot die Soße auftunken?
Manierentechnisch geht das laut Helbach-Grosser gar nicht, obwohl es aus Sicht etlicher besternter Köche oder Köchinnen ein Kompliment ist. „Im Fine-Dining-Restaurant bestellen Sie sich aber besser einen Gourmet- beziehungsweise Soßenlöffel für die herrliche Soße. Denn vergeudet werden sollte sie nicht.“
Übrigens: Die Kommunikationstrainerin Helbach-Grosser beobachtet immer wieder, dass Menschen, die wenig Ahnung von Gourmet-Restaurants haben, ihre Unsicherheit mit Überheblichkeit kaschieren wollen. Ihr Rat: „Diese Schutzfunktion benötigt in der ‚Trüffel-Klasse‘ jedoch niemand. Lassen Sie sich ein, lassen Sie sich verwöhnen. Es wird bestimmt ein unvergesslicher Besuch.“