Familie Familie: Neidisch auf den Bruder
Hannover/Wuppertal/dpa. - Es war jedoch der Jüngere von beiden, der als Star von Bayern München heute zu den bekanntesten Fußballern des Landes gehört. Sein großer Bruder Tobias spielt dagegen in der dritten Liga. Neid sei für Tobias jedoch nie ein Thema gewesen, wie er in Interviews betont.
In vielen Familien geht es weniger entspannt zu als bei den Schwein-steigers. Oft ist es für Jugendliche ein Problem, wenn die jüngere Schwester oder der jüngere Bruder erfolgreicher oder beliebter ist als sie selbst. "Vor allem bei Geschwistern, die vom Alter her eng beieinander liegen und dasselbe Geschlecht haben, kommt es oft zu Neid und Missgunst", erklärt Hartmut Kasten, Geschwisterforscher am Staatsinstitut für Frühpädagogik in München.
"In solchen Situationen hilft es, Abstand zu halten", rät Wolfgang Bergmann, Leiter des Instituts für Kinderpsychologie und Lerntherapie in Hannover. "Ich muss überlegen, was ich kann und was ich geleistet habe. Das muss ich mir immer wieder deutlich machen". Seiner Ansicht nach ist es hilfreich, die Lebensbereiche der Geschwister klar zu trennen: Jeder brauche seine eigenen Freunde, eigene Geheimnisse, einen eigenen Weg. Hocken die Geschwister zu lange zusammen, komme es oft zu Streit.
Heidi Schütz vom Jugendtelefon "Nummer gegen Kummer" in Wuppertal rät, auf die eigenen Stärken zu achten. "Neidische Jugendliche sehen häufig nur noch die Stärken ihrer Geschwister und übersehen die eigenen." Diese Einstellung zu sich selbst gilt es zu ändern. "Häufig ist es auch so, dass etwa der Bruder, auf den ich eifersüchtig bin, auch eifersüchtig auf mich ist." Nach Auffassung von Wolfgang Bergmann sollten sich neidische Jugendliche zudem selbst kritisch hinterfragen: "Sind meine Neidgefühle überhaupt gerechtfertigt? Hab ich das auch bei anderen? Etwa im Umgang mit Freunden?" Ein kritischer Blick von außen kann dabei helfen.
Vor der Pubertät kommt es häufiger zu Streitigkeiten als später. "Dies lässt sich damit begründen, dass sich Geschwister - auch wenn sie altersmäßig nah beieinander liegen - mit zunehmendem Alter voneinander entfernen", erklärt Franz Josef Neyer vom Institut für Psychologie an der Universität Potsdam. Das geschehe durch Freunde, unterschiedliche Interessen oder Ähnliches. Allerdings können Neidgefühle auch erst nach vielen Jahren ausbrechen.
"Konkurrenzdenken ist etwas ganz Natürliches", sagt der Psychologie-Professor Bernd Gasch von der Universität Dortmund. "Es wird im Leben immer jemanden geben, der in irgendeinem Bereich mehr hat oder mehr Anerkennung bekommt." Neidgefühle haben seiner Ansicht nach auch etwas Positives: Sie können dazu beitragen, dass man sich bewusst wird, was man selber besonders gut kann. "Neid kann außerdem ein Ansporn zu mehr Leistung sein: Ich sehe etwas Bewundernswertes und nehme mir dann vor, das auch selbst einmal zu schaffen."