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Fachgeschäfte verkaufen Artikel für Linkshänder

Von Irena Güttel 26.10.2007, 09:45

Erfurt/dpa. - Auf den ersten Blick wirken die Dosenöffner, Scheren und Messer, die Heiko Hilscher in seinem Laden in Erfurt verkauft, ganz normal. Doch wer genauer hinsieht, stellt einen kleinen Unterschied fest: Die Schnittflächen sind auf der anderen Seite.

Seit kurzem führt Hilscher gemeinsam mit seiner Freundin einen Laden für Linkshänderprodukte in der thüringischen Landeshauptstadt. «Angefangen hat alles mit einem Weihnachtsgeschenk», sagt Hilscher. Seine Freundin ist Linkshänderin und hatte immer Probleme, mit Rechtshänderscheren gerade zu schneiden. «Ich wollte ihr eine Spezialschere schenken und musste feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, eine gute zu finden.»

Dadurch kam dem Rechtshänder Hilscher die Idee, einen Versandhandel für Linkshänder-Artikel zu gründen. Mit rund 185 verschiedenen Produkten legte er 2002 los. Mittlerweile ist das Angebot auf mehr als 400 angewachsen. Spargelschäler, Zollstöcke, Füller und Boomerangs türmen sich in den Regalen, auf einem großen Tisch in der Mitte können Kunden Schreibunterlagen, Lineale und Zirkel ausprobieren. Bis Weihnachten sollen außerdem Gitarren, Geigen, Flöten und Trompeten zum Sortiment dazukommen.

Dann wird es langsam eng, denn bisher ist das Linkshänder-Geschäft in einer Ecke von Hilschers Software-Unternehmen untergebracht, in dem er hauptberuflich arbeitet. Lange Zeit musste er damit seinen Linkshänder-Laden subventionieren. «Das ist kein Geschäft, mit dem man Geld verdient. Das betreibt man mit Enthusiasmus.» Damit ist Hilscher nicht allein: In Deutschland gibt es knapp 30 solcher Läden und Versandhändler. «In den 90er Jahren sind viele entstanden, aber mittlerweile sind auch viele wieder eingegangen», sagt Johanna Barbara Sattler, Gründerin der Beratungs- und Informationsstelle für Linkshänder in München.

Kunden gibt es theoretisch genug. Schätzungen zufolge sind rund 20 Prozent der Bevölkerung Linkshänder, also etwa 16,4 Millionen in Deutschland. Doch die Linkshänder-Fachgeschäfte leiden unter der Konkurrenz der großen Kaufhausketten. «Mittlerweile sind viele auf die Idee kommen, Regale mit Schreib- und Bastelutensilien für Linkshänder aufzustellen», erklärt der Berliner Reinald Petersen. «Und die Spezialartikel wie Messer, Werkzeuge oder Musikinstrumente werden ja meist nur einmal angeschafft.» Petersen führte bis vor kurzem den einzigen Laden für Linkshänder in der Hauptstadt. Wegen sinkender Umsätze musste er schließen, will die Produkte aber weiter übers Internet verkaufen.

Den wohl ältesten Versandhandel für Linkshänderartikel in Deutschland betreibt das Ehepaar Däumler aus dem niedersächsischen Schwanewede. Seit 25 Jahren verkaufen sie unter anderem Anspitzer, Geflügelscheren, Sensen und Werkzeuge, die Klaus Däumler zum Teil selbst konstruiert. Der 70-jährige Maschinenbauingenieur kann ein bisschen nachvollziehen, wie sich Linkshänder in einer Rechtshänder-Welt fühlen. «Ich bin der einzige Rechtshänder in der Familie, und deshalb ist unser Haushalt komplett für Linkshänder eingerichtet.»

Auch bei Hilscher zuhause ist wegen seiner Freundin alles linkshändergerecht - nur der Dosenöffner ist weiterhin klassisch in der Rechtshänder-Ausführung: «Weil ich immer die Dosen öffne.» Dass es eine große Zahl von Haushaltswaren, Sportgeräten, Werkzeugen und Musikinstrumenten speziell für Linkshänder gibt, ist vielen gar nicht bewusst. Im Laufe ihres Lebens haben sie sich daran gewöhnt, alles mit rechts zu machen. Das ist heute bei Kindern anders. Bei ihnen wird bewusst darauf geachtet, welche Hand sie benutzen und das wird dann gefördert. «Die Generation der richtigen Linkshänder wächst gerade heran.»

Fachhandel für Linkshänder: www.linkshaender.de

LInkshand-Artikel-Vertrieb: www.linkshandartikel.de

Alles für Linkshänder: www.derlinkshaendler.de

Beratungs- und Informationsstelle für Linkshänder: www.linkshaender-beratung.de