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Ernährung Ernährung: Köstlichkeiten aus der Kühltruhe

04.07.2003, 08:51
Selbst gemachtes Eis. (Foto: dpa)
Selbst gemachtes Eis. (Foto: dpa) Arnd Petry

Bonn/Wolfenbüttel/dpa. - Auch wenn es heute unzählige Eissorten zu kaufen gibt, so geht doch nichts über selbst gemachte eiskalte Genüsse. Denn Cremeeis, Parfait, Sorbet, Granité oder andere Spezialitäten aus der eigenen Eismaschine oder Tiefkühltruhe schmecken unnachahmlich frisch - und sind frei von Zusatzstoffen. Dabei ist das zartschmelzende Vergnügen aus Sahne, Eiern oder Milch, Joghurt, Buttermilch, frischen Früchten, Zucker oder anderen natürlichen Zutaten sogar recht schnell zubereitet.

Trendig und innovativ müssen die rasch wechselnden Kreationen sein, mit denen die industriellen Speiseeishersteller rund 81 Prozent des jährlichen Eiskonsums von 7,8 Liter pro Kopf befriedigen. Neuerdings werden sogar die sieben Todsünden als Namensgeber herangezogen. Allerdings mag offensichtlich noch immer nur eine Minderheit der Deutschen an Produkten wie «Habgier» oder «Geiz» schlecken: Die Spitzenpositionen in der Rangliste der beliebtesten Markeneissorten belegen nach wie vor Vanille, Erdbeer und Schokolade, so eine aktuelle Studie der Herstellerorganisation Eis Info Service (E.I.S.) in Bonn.

Trotz der starken Konkurrenz durch Markeneis und Eisdielen ist frisch gemachtes Cremeeis oder Sorbet vom Konditor wieder im Kommen. «Die Konditoren sind dahinter gekommen, dass sie das Eisgeschäft wieder pflegen müssen», sagt Wolfgang Weber von der Bundesfachschule für das Konditoren-Handwerk in Wolfenbüttel (Niedersachsen).

Seit jeher Teil der Meisterprüfung eines Konditors, liegt das Geheimnis der Speiseeis-Herstellung im Geschmack der frischen Zutaten und im besonders zarten Schmelz der eiskalten Leckerei. Denn «Kremeis» vom Konditor, das nach der Speiseeis-Verordnung mindestens 50 Prozent Milch und auf einen Liter Milch nicht weniger als 90 Gramm Eigelb haben muss, ist laut Weber mit herkömmlicher «Eiskrem» nicht zu vergleichen. Bei Eiskrem reicht ein Mindestanteil von 10 Prozent Milchfett, der auch von Milchpulver herrühren kann. Von Eiern ist ohnehin nicht die Rede.

Italienische und französische Konditoren waren es auch, die mit ihren Gefrierbüchsen aus Kupfer oder Zinn Speiseeis zum kulinarischen Durchbruch verhalfen. Mussten Chinesen, Araber, Römer und Griechen das Eis zum Kühlen des antiken Sorbets noch mühsam herbeischaffen, konnte seit dem 16. Jahrhundert Kälte mit Hilfe von Salpeter künstlich erzeugt werden. Gefrorener Luxus stand an europäischen Fürstenhöfen hoch im Kurs und wurde im 17. Jahrhundert auch gut betuchten Bürgern nahe gebracht. Die gewerbliche Eisherstellung zeigte bald große Erfolge. Bereits im Jahr 1676 schlossen sich rund 250 Pariser Meister zur Innung der Eiskonditoren zusammen.

Im 19. Jahrhundert war Speiseeis neben Flammeri der beliebteste Nachtisch. «Die Milch- und Obstgefrornen sind jetzt so gebräuchlich», heißt es im «Grätzerischen Kochbuch» von 1804. Vor der Erfindung der Eismaschine mit handbetriebenem Rührwerk um 1900 wurde ein gut verschließbarer Topf, die «Eisbüchse», mit der Speiseeismasse gefüllt und in einen Eimer mit Eisstückchen und Viehsalz gestellt. Die Kältemischung entzog der Speise die Wärme, das Eis gefror in Schichten und dicken Kristallen. Erst mit dem später eingeführten Rührwerk wurde die Konsistenz auch geschmeidig. «Gefrorenes zu fertigen, ist leicht und auch nicht mit zu vielen Kosten verbunden», heißt es in dem um 1900 verfassten Ratgeber «Praktisches Kochbuch».

Ohne Rühren geht es auch heute nicht - besonders für den, der zuhause keine Eismaschine hat. Ein spezielles Küchengerät, das es zu Preisen zwischen rund 99 Euro für die einfache Ausführung und 700 Euro für ein Modell mit integriertem Kühlaggregat gibt, ist aber nicht zwingend erforderlich. Halbgefrorenes wie Parfait oder Eistorten werden bei stehender Kälte in der Tiefkühltruhe gefroren, erklärt Konditor Adolf Andersen aus Hamburg, der zwölf hausgemachte Eissorten im Angebot hat. Je mehr Zucker und Fett in Form von Sahne und Eigelb die Eismasse hat, desto cremiger und zarter ist der Schmelz. Sahneeis gelingt daher auch ohne Maschine, so der Experte.

Auch ein körniges Granité aus Fruchtsaft oder anderen Getränken kommt aus dem Tiefkühltruhe. Bei dieser ältesten und einfachsten Eisspezialität wird das am Rand bereits Angefrorene während des Gefrierens immer wieder abgekratzt, um eine Art Schnee zu bekommen.

Sorbets aus Fruchtpüree, Fruchtsaft oder Alkohol und Zucker werden jedoch nur in der Eismaschine perfekt, erklärt Helmut Leimeister von Restaurant La Fontaine im «Hotel Ludwig im Park» in Wolfsburg-Fallersleben. Er empfiehlt reife Früchte mit Zucker vorsichtig zu pürieren, aufgefüllt mit etwas Weißwein oder Prosecco in der Eismaschine zu frieren und frisch als kühlenden Zwischengang eines Menüs zu servieren.

Die Fachleute raten, bei der Zubereitung einige Grundregeln zu beachten: Zu wenig Zucker lässt jedes Eis hart werden, zu viel Zucker lässt die Speise dagegen übersüß und allzu weich werden, warnt Andersen. Eis, das vorrangig aus Eiern und Milchprodukten hergestellt wird, bietet Keimen einen guten Nährboden. Deshalb sollte hier peinlich genau auf Hygiene geachtet werden. Nur frische Eier und einwandfreie Früchte dürfen verarbeitet werden. Alle Zutaten sollten Kühlschranktemperatur haben, Erhitztes wird zuerst in Eiswasser gestellt und dann abgedeckt im Kühlschrank herunterkühlt. Schließlich sollte nichts auf Vorrat produziert werden - der frische Geschmack und der luftige Schmelz gehen schnell verloren.

Literatur: Thuri Maag: Eiscreme selbermachen aus natürlichen Zutaten, Hädecke, ISBN 3-7750-0357-8, 8,90 Euro; Christa Schmedes: Eis-Zeit, Gräfe und Unzer, ISBN 3-7742-4853-2, 4,50 Euro; Annemarie Wildeise: Eiscreme, Glace, Sorbet, AT Verlag, ISBN 3-85502-793-5, 10,90 Euro.

Rezepte:

Halbgefrorene Himbeertorte à la Adolf Andersen:

Zutaten (für 10 Teile, 21 Zentimeter (cm) Tortendurchmesser): 2 Eigelbe, 70 Gramm Zucker, 200 Gramm Himbeeren, 180 Milliliter Schlagsahne, 1 fertiger Biskuitboden (1 cm Stärke, 21 cm Durchmesser), Vollmilchkuvertüre, etwas Puderzucker, Tortenring.

Zubereitung: Eigelb und 25 Gramm Zucker schaumig schlagen. 130 Gramm Himbeeren und 45 Gramm Zucker pürieren. Gut gekühlte Sahne nicht zu fest aufschlagen. Eigelbmasse, Sahne und Fruchtpüree vorsichtig vermengen. Kuvertüre im Wasserbad auflösen, eine Seite des Tortenbodens damit bestreichen und fest werden lassen. Mit der Schokoseite nach oben in den Tortenring legen, die Masse einfüllen und glattstreichen. Dann 24 Stunden einfrieren. Den Ring abheben, mit den restlichen Himbeeren garnieren und vor dem Servieren mit Puderzucker bestreuen.

Grand Marnier Soufflé Torte à la Adolf Andersen:

Zutaten (für 10 Teile, Tortendurchmesser 21 cm): 40 Milliliter Wasser, 90 Gramm Zucker, 5 Eigelbe, 2 Blatt Gelatine, 40 Milliliter Grand Marnier Likör, 350 Milliliter Sahne, 1 fertigen Biskuit- oder Baiserboden (1 cm Stärke, 21 cm Durchmesser), gehäutete Apfelsinenspalten, Baiserbrösel.

Zubereitung: Zucker in Wasser kochen und auflösen. Eigelbe aufschlagen und langsam die Zuckerlösung hinzugeben. Gut gekühlte Sahne nicht zu fest aufschlagen. Gelatine in Wasser einweichen und langsam durch Erwärmen auflösen. Likör zügig in warme Gelatine geben. Mit Eigelbmasse und Sahne verrühren.

Kuvertüre im Wasserbad auflösen, eine Seite des Tortenbodens damit bestreichen und fest werden lassen. Mit der Schokoseite nach oben in den Tortenring legen, die Masse einfüllen und glattstreichen. Dann 24 Stunden einfrieren. Den Ring abheben, mit enthäuteten Apfelsinenspalten und Baiserbrösel garnieren.