Erbe Erbe: Wer bekommt den Pflichtteil?

Elke P., Wittenberg: Mein Mann und ich haben unser Testament zu DDR-Zeiten errichtet und uns gegenseitig zu Erben bestimmt. Damals gab es das Pflichtteilsrecht nicht. Im Vorjahr ist mein Mann verstorben und ein Kind fordert nun seinen Pflichtteil. Ist diese Forderung rechtens?
Antwort: Für den Pflichtteilsanspruch kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes an, vielmehr ist die Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablebens maßgebend. Da Ihr Ehemann im Vorjahr verstarb, gilt das BGB. Danach sind Ihre Kinder pflichtteilsberechtigt, da Ihr Testament beide Kinder enterbt hat.
Ilse T., Dessau-Roßlau: Das Gesetz regelt doch, wer nach mir erbt. Brauche ich dann überhaupt noch ein Testament?
Antwort: Die gesetzliche Erbfolge ist oft unpassend und führt möglicherweise zu unerwünschten Ergebnissen. Daneben ist für die Feststellung des/der Erben und die Erlangung des Nachlassvermögens, also Grundbesitz oder Bankguthaben, regelmäßig ein Erbschein erforderlich. Mit einem Testament kann man den Rechtsnachfolger selbst aussuchen und seinen Nachlass sinnvoll verteilen. Streitende Erbengemeinschaften können so verhindert werden.
Horst B., Merseburg: Wie kann ich mein handschriftliches Testament so errichten, dass es wirksam ist?
Antwort: Ein Testament kann handschriftlich erstellt werden, allein oder gemeinschaftlich mit dem Ehegatten. Dabei ist darauf zu achten, dass das Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein muss. Ort und Datum sollten angegeben sein. Bei gemeinschaftlicher Errichtung reicht es aus, wenn ein Ehegatte das Testament schreibt und beide unterschreiben. Daneben gibt es die Möglichkeit, das Testament beim Notar zu errichten. Das notarielle Testament hat viele Vorteile: Es kann nicht verloren gehen, da es beim Amtsgericht hinterlegt wird, die Geschäfts- und Testierfähigkeit wird bescheinigt, der Inhalt wird klar und juristisch eindeutig formuliert und der Notar berät über die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten. Das notarielle Testament spart in der Regel den Erbschein, dessen Gebühren für Beantragung und Erteilung über denen eines notariellen Testamentes liegen.
Annika T., Köthen: Was ist ein sogenanntes Berliner Testament und welche Vorteile hat es gegenüber einem normalem Testament?
Antwort: Das Berliner Testament ist ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten, bei dem sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und beliebige Schlusserben nach dem Tod des Längerlebenden bestimmen. Der Vorteil liegt darin, dass der Überlebende an den gemeinsamen Willen gebunden ist, man sich also auf die Verfügung des anderen verlassen kann. Eine Abänderungsbefugnis ist allerdings regelbar.
Katarina P., Eisleben: Mein verstorbener Mann und ich haben ein Berliner Testament, das unsere beiden Kinder als Schlusserben zu gleichen Teilen ausweist. Ich möchte aber meine Tochter begünstigen, da sie sich intensiv um mich kümmert. Kann ich ein neues Testament schreiben?
Antwort: In gemeinschaftlichen Testamenten binden sich die Eheleute an den gemeinsamen letzten Willen. Der Überlebende kann davon nur abweichen, wenn das gemeinschaftliche Testament ihn dazu ausdrücklich befugt. Enthält das Testament keine solche Änderungsbefugnis, so ist der Überlebende an den gemeinsamen letzten Willen gebunden. Ein neues Testament wäre unwirksam.
Helmut D., Nordhausen: Meine Frau und ich haben keine Kinder, aber es sind Geschwister vorhanden. Beerben wir uns nach dem Gesetz gegenseitig allein?
Antwort: Nein. Sind keine Abkömmlinge vorhanden, sieht die gesetzliche Erbfolge vor, dass neben dem Ehegatten auch die Verwandten der zweiten Ordnung - Eltern und Geschwister - erben. Leben Sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft würden Sie zum Beispiel nach dem Tod Ihrer Frau nur zu drei Viertel erben, das andere Viertel erben die Geschwister Ihrer Frau. Ein Testament ist hier zur Absicherung des Ehepartners dringend angeraten. Sie können sich gegenseitig zu Erben bestimmen. Pflichtteilsansprüche hätten hier zum Beispiel noch lebende Eltern, aber nicht die Geschwister.
Kerstin D., Naumburg: Wir haben ein Grundstück, das unsere einzige Tochter erhalten soll. Ist es aus steuerlichen Gründen günstiger, ihr das Haus schon zu Lebzeiten zu übertragen oder sollen wir ihr das Haus besser vererben?
Antwort: Schenkungs- und Erbschaftsteuer haben die gleiche gesetzliche Grundlage. Jedes Kind hat nach jedem Elternteil einen Steuerfreibetrag in Höhe von 400 000 Euro. Eine Übertragung zu Lebzeiten ist nur sinnvoll, wenn das Grundstück sehr werthaltig oder weiteres erhebliches Vermögen vorhanden ist, da die Steuerfreibeträge alle zehn Jahre neu ausgeschöpft werden können.
Irmgard Z., Bitterfeld-Wolfen: Wir sind eine Erbengemeinschaft an einem Wohnhaus, die aus vier Parteien besteht. Ein Bruder wohnt in dem Haus. Wir werden uns nicht einig, was mit dem Haus passieren soll. Kann ich das Erbe ausschlagen, damit ich mit dem Haus nichts mehr zu tun habe?
Antwort: Die Erbausschlagung ist eine Option, allerdings muss sie innerhalb von sechs Wochen nach dem Eintritt des Erbfalls und der Kenntnis vom Erbgrund erfolgen. Ein Verkauf des Hauses könnte Ihnen noch einen Erlös einbringen. Sind nicht alle Mitglieder der Erbengemeinschaft mit einem Verkauf des Hauses einverstanden, kann jedes Mitglied der Erbengemeinschaft die Teilungsversteigerung beim zuständigen Amtsgericht beantragen. Das im Haus wohnende Mitglied der Erbengemeinschaft kann hierbei mitbieten.
Sabine O., Freyburg: Wir sind nicht verheiratet. Ich möchte meinem Freund ein lebenslanges Wohnrecht in meinem Haus einräumen. Hat das erbschaftsteuerliche Auswirkungen?
Antwort: Wenn nicht verheiratete Personen zusammenleben und einer in das Hauseigentum des anderen investiert hat, besteht oft der Wunsch, den Partner mit einem Wohnrecht, das im Grundbuch eingetragen wird, abzusichern. Soll das Wohnrecht sofort wirksam werden, wird dieses Recht kapitalisiert - in Abhängigkeit von der Lebenserwartung des Begünstigten - und löst sofort Schenkungssteuer aus. Das Wohnrecht kann auch aufschiebend bedingt auf den Tod wirksam werden. Dann wird die Erbschaftsteuer erst nach Ihrem Tod dem Begünstigten auferlegt, auch hier bildet die weitere Lebenserwartung die Grundlage für die Berechnung der Steuer. Sie könnten Ihrem Lebensgefährten in Ihrem Testament ein Wohnrecht vermächtnisweise zuwenden. Letzteres können Sie im Trennungsfall jederzeit wieder aufheben. Sie sollten sich beraten lassen, möglicherweise gibt es andere Möglichkeiten.
Petra S., Zeitz: Ich habe eine Halbschwester. Hat diese erbrechtlich die gleichen Ansprüche nach meinem Vater wie ich?
Antwort: Alle leiblichen Kinder des Vaters sind gesetzlich erbberechtigt und erben zu gleichen Teilen. Wenn das vom Vater nicht gewünscht wird, kann er nur durch testamentarische Regelungen einzelne Kinder von der Erbfolge ausschließen. Die so enterbten Kinder haben dann einen Pflichtteilsanspruch, der jedoch der Höhe nach nur die Hälfte dessen beträgt, was diesen Kindern gesetzlich zugestanden hätte. Der Pflichtteilsanspruch ist zudem nur ein Anspruch auf Zahlung von Geld. Es besteht kein Anspruch der enterbten Kinder auf einzelne Vermögensgegenstände.
Heidrun P., Dessau-Roßlau: Welche Rolle spielen Schenkungen zu Lebzeiten bezüglich des Pflichtteils?
Antwort: Pflichtteileberechtigte - das heißt Abkömmlinge, Ehegatten, Eltern - die beim Erbfall gesetzliche Erben wären, aber aufgrund letztwilliger Verfügung nichts oder zu wenig erhalten, haben einen Pflichtteilsanspruch. Er beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Die Berechnung erfolgt anhand des Netto-Nachlasses. Der Pflichtteil wird ausschließlich durch Geldzahlung erfüllt. Ein einvernehmlicher und notariell beurkundungspflichtiger Verzicht auf den Pflichtteil ist oft nicht erreichbar. Daher verringern potenzielle Erblasser ihr Vermögen oft durch lebzeitige Übertragungen. Die gänzliche Berücksichtigung unentgeltlich übertragener Gegenstände ist bei der Pflichtteilsberechnung erst ausgeschlossen, wenn seit der Übertragung zehn Jahre vergangen sind. Innerhalb dieser Zehn-Jahres-Frist wirkt die Schenkung jedoch zumindest pflichtteilsreduzierend: Denn der für die Berechnung des Pflichtteilsanspruches zu berücksichtigende Wert des verschenkten Gegenstandes reduziert sich bis zum Ableben des Schenkers jährlich um zehn Prozent. Die Zehn-Jahresfrist beginnt allerdings nicht zu laufen, wenn sich der Schenker umfangreiche Rechte wie Nießbrauch oder Wohnungsrecht vorbehält. Bei Übertragung auf Ehegatten beginnt die Zehn-Jahresfrist erst mit Beendigung der Ehe.
Stefan A., Halle: Ich habe außer einer Cousine keine Verwandten mehr. Brauche ich ein Testament?
Antwort: Sicher würde die Cousine – wenn wirklich keine weiteren Verwandten vorhanden sind - auch ohne Testament Ihr Erbe werden. Sie muss dann jedoch ihr Erbrecht mit einem Erbschein nachweisen. Den Erbschein beantragt sie unter Vorlage aller Personenstandsurkunden beim zuständigen Nachlassgericht. Den Verwandten liegen diese Urkunden oftmals nicht vor, so dass deren Beibringen für die Cousine zu großen Schwierigkeiten führen kann. Mit einem notariellen Testament bestimmen Sie den Erben eindeutig und ersparen der Cousine die Beantragung des Erbscheins, da das notarielle Testament regelmäßig den Erbschein ersetzt. Ein handschriftliches Testament zieht ebenfalls die Feststellung der Erben durch einen Erbschein nach sich.