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Energiesparen Energiesparen: Nicht jeder Altbau lässt sich zum Passivhaus umbauen

Von Stephanie Hoenig 21.12.2005, 08:32

Darmstadt/dpa. - Einen Altbau in ein besonders energiesparendes Passivhaus zu verwandeln, kann jedoch teuer werden. Fachleute empfehlen deshalb, Aufwand und Ersparnis gegeneinander aufzurechnen und möglicherweise nur einzelne Passivhaus-Komponenten einbauen zu lassen.

Statistiken belegen ein gigantische Einsparpotenzial bei den alten Energiefressern unter den Immobilien. «Unsaniert benötigen bestehende Gebäude im Schnitt 22 Liter Heizöl oder Gas pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr», sagt Jens Knissel von Institut Wohnen und Umwelt in Darmstadt (Hessen). Ein nach den gültigen Bauvorschriften gebautes Gebäude verbrauche maximal sieben Liter.

So genannte Passivhäuser kommen mit jährlich 1,5 Liter Heizöl oder Gas je Quadratmeter aus. Technisch sei es sogar möglich, einen Altbau zum 1,5-Liter-Passivhaus zu machen, so Knissel. Ob sich dies allerdings ökonomisch rechne, hänge von den bautechnischen Besonderheiten des Objekts ab. «Dagegen ist ein Drei- bis Vier-Liter-Haus bei einer Sanierung von Althäusern aber immer drin.»

«Aus einem Althaus ein Passivhaus zu machen, ist auf Grund der vorhandenen Rahmenbedingungen recht schwer und rechnerisch oft unökonomisch», meint dagegen Architekt Burkhard Schulze Darup aus Nürnberg. Denn der Baustandard eines Passivhauses werde vor allem durch eine wesentlich dickere Wärmedämmung, konsequente Vermeidung von Kältebrücken, Dreifach-Verglasungen der Fenster und Wärmerückgewinnung durch Lüftungsanlagen erreicht. Das sei bei einem Altbau nicht immer möglich. Eine teilweise Sanierung mit Passivhaus-Komponenten sei aber in jedem Fall sinnvoll.

«Schwierigkeiten bei der Sanierung zum Passivhaus machen häufig vorhandene Streifenfundamente oder eine Bodenplatte, die von unten nicht mehr mit Dämmstoffen abisoliert werden können», erläutert der Architekt Stefan Oehler aus Bretten (Baden-Württemberg). Dadurch entstünden Wärmebrücken, Bereiche die Wärme aus den Wohnräumen nach draußen leiten. An Fassaden könnten manchmal nicht die zusätzlich erforderlichen Dämmdicken für ein Passivhaus angebracht werden, da sonst der Gehweg in Mitleidenschaft gezogen werde. In solchen Fällen müsse immer ein Kompromiss gefunden werden.

Bei einer Sanierung mit Passivhaus-Komponenten habe er kürzlich aus einer schwäbischen Scheune, die 40 Liter Heizöl verbrauchte, ein Drei-Liter-Wohnhaus gemacht, sagt Oehler. «Eine solche Sanierung ist allerdings aufwendig.» An dem Haus sei das alte Bruchstein-Mauerwerk von außen gedämmt worden, im 120 Quadratmeter großem Wohnraum sei der Bruchstein aber noch zu sehen. Das Dach wurde komplett erneuert.

Sanieren mit Passivhauskomponenten kann aber auch Bauschäden vorbeugen. «Bei vielen konventionellen Sanierungen werden nur die Fenster erneuert», sagt Oehler. Wegen der viel dichteren Fenster schlage sich Kondenswasser an den kalten, ungedämmten Wänden nieder.

Das könne im schlimmsten Fall zu Schimmelbildung führen, wenn nicht ausreichend von Hand gelüftet wird, so Oehler. Durch die hohe Wärmedämmung der Außenwände und die ständige Abführung von Luftfeuchte durch die Lüftungsanlage bei Sanierungen mit Passivhauskomponenten bilde sich dagegen kein Kondensat. Dadurch verringere sich auch die Gefahr von Schimmelpilz erheblich.

«Wer aus einem Altbau ein Energiesparhaus oder Passivhaus machen will, sollte immer darauf achten, dass nicht die Architektur des Hauses in Mitleidenschaft gezogen wird», sagt der Architekt Ulrich Zink vom Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung in Berlin. Energetische Sanierungen zum Passivhaus um jeden Preis sollten unbedingt vermieden werden. Der Charakter des Hauses müsse erhalten werden.

Unter seiner Regie sei eine Villa im Ostseebad Heringsdorf (Mecklenburg-Vorpommern) mit 45 Litern Verbrauch so saniert worden, dass sie nur noch 4,8 Liter benötigt, so Zink. Wenn der Charakter des Gebäudes beibehalten wird, sei eine solche energetische Sanierung um den Faktor 10 wirtschaftlich betrachtet schon sehr gut.

Sogar denkmalgeschützte Gebäude lassen sich mit Passivhauskomponenten sanieren, sagt Sabine Stifried vom Passivhaus-Institut in Darmstadt. Mit einer Innendämmung könnten etwa Gründerzeitgebäude und Fachwerkhäuser ein höheres Wärmeschutzniveau erreichen, ohne dass die Außenansicht verändert werde. Mit gut ausgeführter Innendämmung und Passivhauskomponenten könne der Energiebedarf von Altbauten sogar unter das Anforderungsniveau für Neubauten gebracht werden. Mit einer Außendämmung lassen sich dennoch höhere Einsparungen wirtschaftlich realisieren.