Einzelhandel Einzelhandel: 455,5 Millionen Euro für Süßes im Advent

Pirmasens/dpa. - 455,5 Millionen Euro gaben die Menschen inDeutschland 2006 nach Angaben des Bundesverbandes der DeutschenSüßwarenindustrie für weihnachtliche Schokoladenartikel wie Nikoläuseoder Kalender aus, drei Prozent mehr als im Vorjahr. Der Verbandrechnet damit, dass die Verbraucher für Osterartikel im kommendenJahr wegen der gestiegenen Rohstoffpreise tiefer in die Taschegreifen müssen. Das sieht auch der Chef des PirmasenserSchokoladenartikelherstellers WAWI, Walter Müller, so. «Für Osterngibt es einen Preisschub», sagt er und kündigt Erhöhungen um etwazehn Prozent an.
Nach Müllers Angaben hat der Preis für Kakao um 20 Prozentzugelegt, während sich der für Milchpulver mehr als verdoppelt hat.Während man früher etwa 2,20 Euro pro Kilo Milchpulver gezahlt habe,müsse man heute 4,50 Euro hinlegen, wenn man nicht vertraglichabgesichert sei, sagt Müller. Seine Firma, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert, ist nach seinen Angaben Weltmarktführer beiSchoko-Weihnachtskalendern. Zusammen mit den deutschen UnternehmenWindel (Osnabrück) und Rübezahl (Dettingen/Teck) sowie einemfranzösischen Konkurrenten teile sich WAWI etwa 90 Prozent deseuropäischen Markts, dessen Volumen Müller auf 40 bis 50 MillionenKalender jährlich schätzt.
WAWI habe daran einen Anteil von etwa 25 Prozent, sagt Müller, derunter anderem für Handelsunternehmen produziert. Der Wettbewerb aufdem Markt, der in Deutschland vor allem über Discounter laufe, seihart. «Entweder kriegt man den Auftrag oder nicht - das ist jedesJahr ein neues Pokerspiel», sagt der 55-Jährige.
Das Unternehmen ist auch in China, Kanada, Russland und Australienmit Werken vertreten, die Hohlfiguren, Weihnachtskalender undÜberraschungseier produzieren. Insgesamt zählt WAWI acht Fabriken aufvier Kontinenten mit mehr als 600 Mitarbeitern. Im Geschäftsjahr2007/08 (30. April) sollen mehr als 40 000 Tonnen Schokoladenprodukte(2006: 34 000 Tonnen) produziert werden, dazu gehören etwa 20Millionen Adventskalender. Abnehmer gibt es nach Müllers Angabensogar in Dubai und in Indonesien. Den Umsatz beziffert er auf mehrals 100 Millionen Euro.
Einer der deutschen Standorte ist in Münchweiler, wo schon Wochenvor Weihnachten Hochbetrieb herrscht. «Ab September bis Ostern ist esstressig», sagt Produktionsleiter Dieter Hirth. Rund um die Uhrwerden hier täglich bis zu 75 000 Adventskalender und neun TonnenHohlfiguren hergestellt. Die Schokolade wird in flüssiger Form inTanklastzügen aus dem saarländischen Bexbach angeliefert, wo dieWAWI-Tochter Fuchs & Hoffmann Flüssigschokolade für den eigenen undfremden Bedarf herstellt.
Nachdem eine Maschine die Schokolade in den Kunststoffeinsatz desAdventskalenders gegossen hat, läuft dieser durch einen acht Gradkalten Kühler. Betriebswirt Müller, der schon als Kind im vom Vatergegründeten Betrieb mitarbeiten musste, weiß bei jeder Tür, welchesBild sich dahinter verbirgt. Auch an Metalldetektoren fährt dieSchokolade vorbei. Sie sollen sicherstellen, dass keine Fremdkörperdarin sind. Der Einsatz läuft dann über ein Band und wird in diemaschinell aufgefaltete Kalenderschachtel geschoben, die automatischverleimt wird.
Die Schokofiguren werden in speziell beschichtete Kunststoffformengegossen und von einer «Wickelmaschine» in Staniolpapier mitWeihnachtsmannaufdruck verpackt. Mit den drei Ausgaben à 60, 80 und150 Gramm werden allein 80 Prozent des Weihnachtsumsatzes derHohlfiguren erzielt. Die Produktion läuft allerdings nicht bis zumHeiligen Abend: Noch im November wird auf Osterware umgestellt.
Müller, der nach eigenen Angaben 150 Tage im Jahr auf Reisen ist,hat festgestellt, dass sich vor allem in den USA immer seltenerweihnachtliche Motive auf den Kalendern finden. Der Trend gehe dortzu sogenannte Lizenzthemen wie Spiderman, Shrek oder Mickey Mouse.Der Anteil der Lizenzthemen an den Kalendern betrage in den USA undKanada etwa 80 Prozent, in Deutschland etwa zehn Prozent. Auf US-Kalendern sei der Weihnachtsmann mitunter auch in kurzer Hose beimBarbecue zu sehen.