Einkaufen Einkaufen: Größe der Verpackung bestimmt, wie viel wir essen
Hamburg/dpa. - Die Industrie erhofft sich damit Verkaufsanreize. Für die Verbraucher, die zu den größeren Packungen greifen, bedeutet dies aber, dass sie manchmal mehr essen oder trinken als sie eigentlich wollen und gut für sie ist.
So ergab eine Studie des amerikanischen Ernährungswissenschaftlers Brian Wansink von der Universität in Illinois, dass Essensportionen eine entscheidende Rolle dabei spielen können, wie viel jemand isst. Die Wissenschaftler gaben Versuchspersonen einen präparierten Teller mit Suppe. Während sie ihre Suppe löffelten, floss durch einen dünnen Schlauch im Tellerboden unbemerkt stetig neue nach. Das Resultat: Mehrere Versuchsteilnehmer aßen bis zu zwei Drittel mehr Suppe als die anderen Probanten, die von einem normalen Teller löffelten - und hatten dabei nicht einmal das Gefühl, besonders satt zu sein. Das Essverhalten dieser Testpersonen wurde nicht über ein Sättigungsgefühl, sondern von Außenreizen geprägt - also durch die angebotene Menge.
Besonders anfällig sind Kinder. Die EU will angesichts eines dramatischen Anstiegs der Zahl übergewichtiger Kinder in Europa mit einem Aktionsbündnis für ein gesunderes Essverhalten kämpfen - dazu gehört auch eine Begrenzung der Portionsgröße von Lebensmitteln. Auch Verbraucherministerin Renate Künast rief dazu auf, die Packungsgrößen bei kalorienreichen Knabbereien und Getränken zu verkleinern.
Vorreiter des «größer ist besser» sind die USA, wobei hier das bislang ganz andere Kaufverhalten der amerikanischen Verbraucher eine wichtige Rolle spielt. Da viele Supermärkte nicht mehr in der Stadt, sondern in den Einkaufszentren auf der grünen Wiese angesiedelt sind, kaufen amerikanische Familien häufig nur am Wochenende ein. Und so muss der Wagen eben vollgepackt werden, damit es die ganze Woche reicht - und da greifen die Familien gerne zur Großpackung. So dominieren Zwei-Liter-Flaschen das Cola-Regal, Orangensäfte oder Milch werden standardmäßig in der Zwei-Liter-Packung angeboten, kommen aber auch als 3,8-Liter-Pack daher. Die Chips-Tüte in der beliebten Supersize-Version wiegt ein halbes Kilo, und die gefrorene Pizza liegt mit 800 Gramm mehr als doppelt so schwer im Magen wie eine deutsche Salami-Pizza.
In Deutschland sind die durchschnittlichen Portionsgrößen zwar noch deutlich kleiner als in den USA, oder schrumpfen gar auf Apothekengrößen, um die wachsende Zahl von gut verdienenden Singlehaushalte zu bedienen, doch der Trend zur Größe ist unverkennbar. Auch hierzulande tauchen immer mehr 1,5-Liter Cola- Flaschen auf. Im Süßigkeitenregal locken 300-Gramm-Packungen Schokolade die Verbraucher, und die durchschnittliche Packungsgröße der Haribo-Gummibärchen ist nach Angaben des Ernährungsexperten und Arztes Thomas Ellrott von der Universität Göttingen in den vergangenen 25 Jahren von 75 auf 200 Gramm oder gar 300 Gramm gewachsen. Haribo-Sprecher Marco Alfter betont allerdings, der Standardbeutel liege nun schon seit Jahren bei 200 Gramm. «Richtig große Packungen gibt es vor allem als Aktionsware und verkauft sich dann auch gut», sagt Alfter.
Ein Grund für den Griff der Kunden zur Großpackungen ist der vermeintliche Spareffekt. Doch eine Marktanalyse im Auftrag des Verbraucher-Magazins «WDR 2 Quintessenz», zeigt: Größer ist nicht gleich günstiger. Viele Großpackungen bieten keinen Preisvorteil. In rund fünf Prozent der Fälle zahlt der Kunde bei größeren Packungen demnach sogar drauf. Doch auch dort, wo gespart werden kann, ist Vorsicht geboten. Der Ernährungsexperte Thomas Ellrott warnt: «Selbst was wirtschaftlich Sinn macht, kann für das Gewicht zum Problem werden.»