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Edelsteinschleifer Edelsteinschleifer: Arbeiten mit Materialien im Ur-Zustand

Von Horst Heinz Grimm 14.06.2005, 12:41

Idar-Oberstein/dpa. - Recht unansehnlich sehen Edelsteine in ihrem Rohzustand aus, ehe Spezialisten ihnen das faszinierende Aussehen geben. Smaragde, Rubine, Aquamarine oder Turmaline werden unter ihren Händen zu begehrten Schmucksteinen.

Den traditionellen Beruf des Edelsteinschleifers gibt es in Deutschland auch heute noch. Offizielle Statistiken über die Zahl der Beschäftigten gibt es nicht. «Es ist auch eine Branche, die sich ungern in die Karten sehen lässt», sagt Jörg Lindemann, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Edelstein- und Diamantenindustrie in Idar-Oberstein.

Diese Diskretion verwundert nicht, denn es geht um Millionenwerte. Top-Qualitäten an Edelsteinen sind auf dem internationalen Markt sehr gefragt. Auch wenn es in Deutschland keine nennenswerten Vorkommen gibt, steht es auf der Lieferliste ganz oben. Die Stadt Idar-Oberstein im Hunsrück gilt als das bedeutendste Edelsteinzentrum Europas.

In den etwa 450 Betrieben arbeiten zwischen 2000 und 2500 Menschen. Die Bezeichnung «Idar-Oberstein-Schliff» (Idar-Oberstein-cut) gilt weltweit als Siegel für höchste Qualität. Lindemann bewertet die Chancen für Nachwuchskräfte in diesem Beruf als bestens: «Gute Leute werden immer gesucht.» Als Voraussetzungen für eine Ausbildung nennt er neben einem guten Schulabschluss handwerkliches Geschick, Fingerfertigkeit, Formgefühl, Vorstellungsvermögen sowie Grundkenntnisse in Mathematik und Physik.

Thomas Wild, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer in Idar-Oberstein, weist auf einen besonderen Aspekt hin: «Man muss mit echtem Interesse an diesen Beruf herangehen und nicht nur irgendeine Ausbildung suchen. Denn jeder Stein ist anders.» Die Branche sieht sich ihren Nachwuchs genau an, um die anerkannte Qualität der Schliffe garantieren zu können. «Die Massenproduktion im unteren Preissegment hat sich längst nach Asien verlagert», erklärt Lindemann. «Wir können da preislich nicht mithalten. Und außerdem brauchen wir Top-Leute.»

«Die Ausbildung zum Edelsteinschleifer dauert drei Jahre», sagt Jörg Diester von der zuständigen Handwerkskammer in Koblenz. Im Kammerbereich zählt er derzeit zwei Lehrlinge. Auch bundesweit ist die Zahl gering. «Insgesamt neun Auszubildende» zählt Birgit Arndt von der Berufsberatung der Berliner Handwerksbetriebe. Die Ausbildung in diesem anspruchsvollen Beruf konzentriert sich auf Betriebe in Idar-Oberstein.

Die Aufstiegschancen beurteilt Thomas Wild als sehr gut, wenn jemand nicht seine weitere Tätigkeit ausschließlich am Schleifstein ausüben will. «Die Branche ist klein, aber international.» Edelsteinschleifer mit entsprechender Erfahrung werden auch zu Messen geschickt oder sehen sich in den Fördergebieten für Edelsteine in Asien, Südamerika und Australien um.

Das setzt Sprachkenntnisse voraus: «Als Einkäufer für Rohmaterial, um die Schleifwürdigkeit und die Qualität eines Steines entsprechend zu beurteilen.» Solch ein Fachmann erkennt schnell, dass es sich bei einem «Mexikanischen Diamanten» um Bergkristall handelt. Denn minderwertige Steine werden meist durch besondere Namen geadelt.

Während der Lehrzeit erfährt der angehende Edelsteinschleifer, dass auch die Qualität des Schliffs den Wert des Steines bestimmt und die Arbeit höchste Präzision erfordert. Es gibt verschiedene Formen für die Edelsteine als Schmuckstücke. Um diese zu erreichen, müssen sie entsprechend bearbeitet werden - beispielsweise im Brillant-, Scheren-, Treppen- oder Tafelschliff.

Auch das Gravieren und das Fertigen von Gemmen - vertieft oder erhaben geschnittene Figuren aus Edelsteinen - übernehmen Edelsteinschleifer. Für Diamantenschleifer gibt es eine eigene Schulung - diese Steine verlangen wegen ihrer Härte andere Techniken und hohe Sachkenntnis.

In Theorie und Praxis erfährt der Auszubildende das Prüfen von Edelsteinen, Anfertigen von Schnittentwürfen, Schleifen, Polieren und Bohren sowie Gravieren von Steinen sowie den Umgang mit modernster Technik. Dazu zählen auch optische Geräte zur Kontrolle des exakten Schliffs. Die Lehrzeit endet mit der Gesellenprüfung, danach steht der Weg zum Meister offen. Weitere Qualifizierungen in einer Fachschule und einer Fachhochschule in Idar-Oberstein sind möglich und empfehlenswert: In der Stadt lassen sich auch Kontakte zu Schleifbetrieben und Händlern knüpfen.

Während der Ausbildungszeit beträgt die Vergütung monatlich mindestens 650 Euro im ersten Jahr und steigt dann auf mindestens 750 Euro. Die Anfangslöhne liegen zwischen 1800 und 2100 Euro. «Gute Leute verdienen weit über dem Tarif», sagt Lindemann. «Denn der Beruf verlangt höchste Qualifikationen.»

Informationen: Bundesverband der Edelstein- und Diamantindustrie, Mainzer Straße 34, 55743 Idar-Oberstein (Tel.: 06781/94 42 40).