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Drogen Sexismus Drogen Sexismus: Erfahrungsberichte - Wenn der Startup-Job zum Alptraum wird

10.07.2015, 08:30
Endlich der eigene Chef sein – wer sich selbstständig macht, hat das geschafft. Allerdings müssen Startups oft Durststrecken überstehen.
Endlich der eigene Chef sein – wer sich selbstständig macht, hat das geschafft. Allerdings müssen Startups oft Durststrecken überstehen. dpa Lizenz

Die gute Idee im Kopf, das nötige Kleingeld in der Hand – und plötzlich droht doch die Pleite. Nicht alle Gründer sind am Markt erfolgreich: Zwischen 30 und 40 Prozent der in Deutschland eröffneten Unternehmen machen in den ersten fünf Jahren wieder dicht, belegen Zahlen der Förderbank KfW. Und das hat Gründe. Vor einigen Wochen rief das Gadget-Blog Gizmodo seine Leser dazu auf, ihre schlimmsten Erlebnisse in jungen Unternehmen zu teilen. Einige Erfahrungsberichte aus den „höllischen Startups“:

Unerfahren, gierig, überfordert

In manchen Firmen waren Gründer eigentlich völlig überfordert mit den Aufgaben. Trotzdem hielten sie an ihrer Machtposition fest. Einen solchen Fall hat ivan256 nach einigen Monaten im Startup erlebt: „Der Gründer feuert wiederholt den Vice President of Engineering und stellt einen neuen ein, allerdings lässt er ihn niemals seinen Job machen. Irgendwann nennt er sich einfach selbst 'Vice President of Engineering und CEO' (= 'Vize-Chef Technik und Geschäftsführer').“

Auch User C. Rhodes machte Erfahrungen mit Nichtskönnern: „Die Personal-Abteilung bestand aus einem Typen, der Erfahrung als Club-Promoter gesammelt hatte. Jede Beschwerde reichte er direkt an den Firmeneigentümer weiter, ohne darauf einzugehen.“

In vielen Startups gab es eine hohe Mitarbeiter-Fluktuation, und oft waren die schwierigen Persönlichkeiten der Startup-Gründer Thema: „Manchmal starten Menschen ihr eigenes Unternehmen, weil man mit ihnen unmöglich zusammen arbeiten kann“, meint stillengmc. „Ja, einige Leute haben großartige Ideen und einige wollen viel Geld verdienen, aber manche sind einfach nur A...löcher.“

Ein Chef verprasste sogar die Investorengelder, statt sie ins Unternehmen zu stecken: „Er kaufte sich ein Auto, fuhr zu 'Meetings' mit Prostituierten und brachte das gesamte Venture Capital durch. Die Firma ging natürlich unter, aber der CEO wechselte einfach zu einer anderen“, beschreibt Mitarbeiter G-Orwell das Szenario. Sein Fazit: „Es scheint, egal was für ein Arschloch du bist, wenn du die richtigen Leute kennst, kannst du einfach weitermachen.“

Häufig werden betriebswirtschaftliche Fehler gemacht: Der Finanzbedarf wird falsch eingeschätzt, die Bedeutung von Zahlungsfähigkeit im Unternehmen nicht gesehen. Falsche Vorstellungen über das Produkt spielen ebenfalls eine Rolle. Dazu kommt, dass Jungunternehmer Vertrieb und Marketing unterschätzen. „Es genügt nicht, dass es eine gute Idee gibt. Man muss seine Kunden auch davon überzeugen“, sagt Martin Prager, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein.

Viele Gründer verlassen den Markt, bevor sie in eine prekäre Situation kommen oder Schulden anhäufen. Enttäuschte Erwartungen an Einkommen spielen eine Rolle, Stress und Arbeitsbelastung werden unterschätzt. Rund 40 Prozent der Unternehmen, die vom Markt gehen, schließen aus diesen Gründen, wie Volkswirt Jürgen Egeln vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung erklärt.

Die persönliche Haftung kann für junge Unternehmer die persönliche Insolvenz bedeuten. „In Deutschland ist das Haftungsregime bei Insolvenzverschleppung deutlich härter als in anderen Ländern“, sagt Georg Bitter, Professor für Insolvenzrecht an der Universität Mannheim. Denn wer den Insolvenzantrag nicht oder zu spät stellt, macht sich finanziell haft- und strafbar. Außerdem dürfen die Unternehmer fünf Jahre nicht mehr Geschäftsführer sein, sagt Sascha Kuhn, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Simmons & Simmons in Düsseldorf.

Das hängt mehr von der Größe des Unternehmens als von seinem Alter ab. Bei jedem Insolvenzverfahren wird geprüft, ob sich eine Rettung lohnt. Dabei gilt: Je kleiner das Unternehmen, desto größer ist die Abhängigkeit von einer Person und desto höher das Schließungsrisiko.

Sexismus, Kokain, Marihuana

Leserin „K“ erzählt von ihrem Vorgesetzten, der sie regelmäßig als „Marketing Chick“ (= „Marketing-Huhn“) bezeichnete. Er empfahl ihr, die echte Arbeit „den Jungs“ zu überlassen. Regelmäßig musste sie ihrem Chef leistungssteigernde Medikamente besorgen. Das Startup scheiterte am Ende, was nicht verwundere, sei es doch nicht mehr gewesen „als eine Betrugsmasche, fadenscheinig als Technologie verschleiert.“

Auch der Angestellte C. Rhodes berichtet von Drogen im Betrieb: „Unser CEO/Gründer nahm regelmäßig Drogen am Schreibtisch, meistens Kokain so weit ich weiß. Nach der Einnahme hat er meist sofort einen Untergebenen angeschrien.“

Unter Sexismus litten ebenfalls die Kolleginnen von User „Sorely Vexed“: „Der Chef unserer Personalabteilung beleidigte die (relativ wenigen) weiblichen Angestellten regelmäßig sexistisch. Außerdem hatte er einen Vorrat an Kokain und Marihuana in seinem Schreibtisch, für den Verzehr an Ort und Stelle.“

Tolle Ausstattung für alle?

Im neuen Büro gab es zwar alles, berichtet Mitarbeiter „A“ aus dem Startup, „TVs, Playstation, Tischkicker, Küche, was du willst“ – jedoch nicht für jeden. „Wenn wir Angestellten diese Dinge während der Pause nutzen wollten, wurden wir angeschrien, zurück an die Arbeit zu gehen. Es gab sie nur, um guten Eindruck bei neuen Investoren zu hinterlassen, nicht zur Nutzung durch die Angestellten“, wurde er vom Magazin t3n zitiert. Schließlich verließ ein Nachwuchstalent nach dem anderen die Firma, weil keiner die Eigentümer ertragen konnte.

Natürlich geht es in den meisten Startups nicht so schrecklich zu. Trotzdem ist es sinnvoll, die Gründung gut vorzubereiten und das Team genau auszuwählen. Auf der nächsten Seite geben wir Tipps, wie es besser klappt.

Wer großen Wert auf geregelten Feierabend legt, sollte sich nicht selbstständig machen. In den ersten drei Jahren nach der Gründung müssen Unternehmer meist auch auf Urlaub verzichten. Mitunter dauert es eine Weile, bis man mit der Firma Geld verdient: Da sind viel Mut und Durchhaltevermögen nötig – und einige Grundregeln.

Welches Produkt, welche Aufgaben, welche Ziele

Gründer müssen vorab klären, was genau ihr Produkt ist, wer welche Aufgaben übernimmt und welche geschäftlichen Ziele sie verfolgen. Die Geschäftsidee sollte am besten schon vor der Selbstständigkeit geprüft werden: Vieles lässt sich auch schon nebenberuflich oder ehrenamtlich ausprobieren. Idealerweise gibt es zur Gründung dann bereits einen festen Kundenstamm.

Wichtig sind außerdem die Fragen, wer wie viel Kapital einbringt und was mit dem Gewinn passiert. Deshalb lautet der wichtigste Rat für Gründer – ob sie befreundet sind oder nicht –, einen präzisen und ausführlichen Gesellschaftervertrag aufzusetzen.

Selbst wenn keine großen Investitionen nötig sind, fallen auf jeden Fall Lebenshaltungskosten an. Experten raten, im Vorfeld immer einen Businessplan zu schreiben – dieser wird ohnehin oft benötigt, um Gründungszuschüsse zu beantragen. Mehr Tipps gibt es hier:

Gründen mit Freunden – klare Absprachen

Bereits im Vorfeld der Gründung sollte man klären, für welche Aufgaben man die Hilfe Dritter benötigt und welche Personen mit welchen Fähigkeiten an Bord gehen sollten. Vor allem wer mit Freunden zusammen eine Firma gründet, läuft Gefahr, wichtige Aufgaben zu übersehen.

Außerdem braucht es klare Absprachen mit den Partnern. Etwa darüber, ob und zu welchen Bedingungen bei persönlichen finanziellen Engpässen Geld vom Firmenkonto entliehen werden darf, oder was im Fall des Ausscheidens eines der Gründer geschieht.

Jeder, der arbeitslos oder von Jobverlust bedroht ist, und ein Unternehmen gründet. Also Existenzgründer, die bei einer Bank keine Chance haben, einen klassischen Kredit zu bekommen, weil die Banken das Risiko scheuen. Der Mikrokredit soll eine Starthilfe sein. Aber auch bestehende Kleinstunternehmen - vor allem solche im Sozialbereich - können davon profitieren.

Dazu zählt jeder, der eine Firma mit weniger als zehn Mitarbeitern führt, die weniger als zwei Millionen Euro Umsatz macht. Nach Angaben der EU-Kommission sind das 91 Prozent aller europäischen Firmen. Auch wer schon einen Mini-Betrieb besitzt und sich vergrößern möchte, kann einen Mikrokredit beantragen.

Antragsteller erhalten ein Darlehen von bis zu 25.000 Euro. Das Geld ist als Kredit, Bürgschaft oder Beteiligungskapital vorgesehen. Ein Unternehmer kann sich auch eine Fortbildung finanzieren lassen.

Einen geringeren Zins als marktüblich erhalten die Gründer und Unternehmer nicht. 8,9 Prozent effektiven Jahreszins müssen sie einkalkulieren, die Laufzeit beträgt maximal drei Jahre. Der Mikrokredit der Bundesregierung soll bestehenden Angeboten auf dem Markt keine Konkurrenz machen. Er richtet sich ausschließlich an kleine Unternehmen und Gründungen, die von Banken keine Kredite erhalten.

Die Kleindarlehen sind mit einem Fonds von 100 Millionen Euro gesichert - dem Mikrokreditfonds Deutschland. Geldgeber sind der Europäische Sozialfonds sowie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Sogenannte Mikrofinanzinstitute, etwa Unternehmensberatungen, übernehmen die Verwaltung und Beratung. Anschließend vermitteln sie die Kreditnehmer an die GLS-Bank. Sie ist der eigentliche Geldgeber.

Die Vergabe soll unbürokratisch und unkonventionell erfolgen: Sicher ist, dass der Antragsteller weniger Kriterien erfüllen muss als bei klassischen Bankkrediten. Zum Beispiel muss er keine Sicherheiten vorweisen, um Geld zu bekommen. Vom Kreditantrag bei der Bank bis zur Auszahlung vergingen in der Regel fünf bis zehn Tage.

(gs, mit dpa-Material)

Man versteht sich und hat viel Spaß zusammen – so stellen es sich viele vor, eine Firma mit Freunden zu gründen. Doch wenn Kumpel zu Geschäftspartnern werden, geht es ohne klare Regeln nicht.
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„Unser CEO/Gründer nahm regelmäßig Drogen am Schreibtisch, meistens Kokain so weit ich weiß.“ Mehrere Startup-Mitarbeiter berichten von Drogenexzessen.
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„Manchmal starten Menschen ihr eigenes Unternehmen, weil man mit ihnen unmöglich zusammen arbeiten kann.“ – Diese Erfahrung machte ein Startup-Mitarbeiter.
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