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Die Tiertafel hilft Hunden und Katzen

Von Alexandra Balzer 04.09.2008, 07:24

Brüggen/dpa. - Petra Sehic bekommt Hartz IV. Tag für Tag muss die 48-Jährige aus Erkelenz im nordrhein-westfälischen Kreis Heinsberg überlegen, wie sie bis zum Monatsende über die Runden kommt.

Obst, Gemüse, Brot und anderen Grundnahrungsmittel bekommt sie kostenlos bei der «Tafel» im benachbarten Wegberg. Dennoch ist das Geld knapp, denn auf dem alten Bauernhof, auf dem sie lebt, sind noch mehr Mäuler zu stopfen. «Wir haben einen kleinen Zoo», sagt Sehic, als sie sich bei Bettina Mews in Brüggen bei Viersen vorstellt. Mews betreut jeden Samstag die «Kunden» der einzigen Tiertafel in Nordrhein-Westfalen. Dort bekommen bedürftige Herrchen und Frauchen Futter für ihre Lieblinge.

«Wir haben vier Hunde, drei Katzen und drei Wasserschildkröten, zwei Meerschweinchen, einen Wellensittich und noch ein Aquarium», zählt Sehic auf, während sie ihren Hartz IV-Bescheid vorlegt. Mews nimmt die Daten der Frau und ihrer Tiere in ihre Kartei auf. «Wir übernehmen nicht die Vollversorgung für die Tiere», sagt Mews und packt unterschiedliche Sorten Hunde- und Katzenfutter für drei bis vier Tage in Tüten - dazu noch Katzenstreu und ein paar Leckerlies. «Die Verantwortung müssen die Besitzer schon selber übernehmen.»

Palettenweise stapeln sich in einer Ecke in dem kleinen Raum etwas abseits vom Ortskern etliche Dosen mit Hundefutter. Bevor Mews um 11.00 Uhr die Tür zur Tafel öffnet, füllt sie die unterschiedlichsten Sorten Trockenfutter in große Tonnen um. Döschen mit Katzenfutter in den Geschmacksrichtungen Huhn oder Wild werden ins Regal geräumt. Kollegin Angelika Smajgl füllt noch einmal Hundedrops in eine Schale, bevor die ersten Kunden in den Vorraum kommen. Viele von ihnen haben ihren Hund dabei - manche sogar zwei oder drei.

«Das Angebot hilft mir sehr», erzählt Regina Böhnen, die schon seit Öffnung der Tiertafel im März diesen Jahres regelmäßig alle 14 Tage vorbeikommt und Futter für Hund und Katze erhält. «Für viele Menschen ist das Haustier der einzige Grund, morgens aufzustehen», weiß Mews aus Erzählungen. «Es ist schön, dass Leute in Not ihre Tiere behalten können.» Doch der Umgang mit den Bedürftigen ist für die 43-Jährige auch eine Art «Arbeit am Menschen»: Persönliche Sorgen und Probleme kommen zur Sprache - man kennt sich eben.

Schon nach einer Stunde ist der erste Sack mit Katzenstreu leer. Doch hinter einem Regal mit Decken, Körbchen und Futternäpfen liegt der Nachschub bereit. Besitzer von Wellensittichen und Hamstern haben an diesem Samstag Pech: Die letzten Knabberstangen für Nager sind vergeben und Vogelfutter gibt es diesmal nicht. Das meiste Futter bekommt die Tiertafel als Großspende direkt aus der Produktion. «Auf Messen dürfen wir oft auch die Stände abräumen», erklärt Mews.

Und dann gibt es noch ein Zentrallager im brandenburgischen Rathenow. Dort hält Claudia Hollm, die Gründerin der Tiertafel, seit 2006 alle Fäden zusammen. Der Hintergrund ihrer Idee: Den Menschen zu helfen, die finanziell oder körperlich nicht in der Lage sind, ihre Haustiere gesund und artgerecht zu halten. Ihr Ziel ist es, einer schlechten Haltung vorzubeugen und dadurch die Abgabe in ein Tierheim oder das Aussetzen zu verhindern. Bundesweit gibt es derzeit 15 Tafeln für Tiere, die ehrenamtlich organisiert und betreut werden.

Mews erfuhr durch einen Zeitungsbericht von der Tiertafel und ist seitdem «mit Herz und Seele dabei», wie sie schildert. Und der Bedarf ist groß: «Am ersten Tag hatten wir schon 14 Kunden», erzählt sie. Fünf Monate später waren es mehr als 50 Tierfreunde. In ihrer Kartei führt sie Buch über rund 40 Hunde und mehr als 70 Katzen. Mit einem guten Gefühl schließt am Nachmittag die Tür: «Die Leute sind so froh und dankbar.»

Tiertafel Deutschland: www.tiertafel.de