«Die Saison» in Magdeburg «Die Saison» in Magdeburg: Hippe, kalt gepustet
Halle (Saale)/MZ. - Um ein Gault Millau-Tester zu werden, muss man laut Restaurant-Führer mindestens tausendmal in unterschiedlichsten Restaurants in Deutschland und anderen Ländern gewesen sein. Und man muss - Zitat - "gleichsam ein Reihenhäuschen verfressen" haben. Nun, wir für unseren Teil nagen noch am Fundament, orientieren uns dabei aber gerne an den Vielessern des Feinschmeckeratlas. Der führte uns diesmal in das Parkrestaurant "Die Saison" im Magdeburger Herrenkrug, ein historisches Ausflugslokal. Wobei, natürlich, das "Lokal" den Charakter des mit 14 Punkten ausgezeichneten Restaurants nicht ganz trifft.
Wir wurden im Wintergarten platziert. Der Apetizer des Hauses bestand aus einem süß-sauren Meeresfrüchtesalat, der köstlich dem mundete, der diese Früchte mag. Der Muschelmuffel am Tisch aber musste sich zunächst mit selbst gebackenem Weißbrot und Schmalz begnügen. War aber nicht so schlimm, schließlich wusste man ja, was als nächstes gebracht werden würde. Aus jeweils vier Vorspeisen beziehungsweise Suppen hatten wir uns entschieden für: Frankfurter Kräutertörtchen auf grünem Spargel und Brunnenkresse (15 Euro) und ein "Zweierlei von der Paprika"-Suppe (7 Euro). Das Törtchen erwies sich als eine lockere, geschäumte, mit einer Geleehaube versehene leichte, kräuterige Kaltspeise. Auf besagtem Gemüse beziehungsweise Kraut serviert, schmeckte sie gut, auch wenn die ganze Pracht auf einem Pumpernickel ruhte. Wie es die bittere Brotspeise bis in die gehobene Gastronomie schaffen konnte, ist uns übrigens ein Rätsel, wir haben sie bislang eher mit Partys und gewelltem Käse in Verbindung gebracht.
Polenta bleibt Polenta
Die Suppe, die eigentlich aus zwei Suppen bestand (eine rot, eine gelb) wurde sehr ansehnlich präsentiert und schmeckte gut, aber erwartbar. Die Karte, die fünfmal im Jahr mindestens wechselt, bot als zweiten Gang jeweils vier kreative Fisch- oder Fleischgerichte an sowie zwei vegetarische Speisen. Wir wählten je ein Land- und ein Wassertier, beziehungsweise Teile davon. Die rote Meerbarbe, ein recht mild schmeckender Salzwasserfisch mit magerem, festem Fleisch, wurde als Filet gereicht mit mediterranem Gemüse, einer scharfen Tomatensauce und Spinatpolenta (25 Euro). Das Gemüse war gut, die Sauce hätte ein wenig schärfer sein können. Und wenn wir auch schon verschiedenste Zubereitungsformen probiert haben, bleibt doch zu sagen: Eine Polenta ist eine Polenta ist eine Polenta. Der Spinat konnte den Geschmack des Maisbreis zwar anreichern, aber nicht überdecken. Der Fisch aber war die wirkliche Überraschung, ganz köstlich.
Da wir karamellisierten Spargel lieben, fiel unsere Wahl auf im grünen Speckmantel ruhende Schweinelende auf besagtem Gemüse, Kalbsjus und Bärlauchnockeln gab es dazu (25 Euro). Das Fleisch war ausgesprochen zart, die Jus kräftig und wie so häufig ein wenig zu knapp; die Mehlspeise passte hervorragend zu den einzelnen Komponenten. Das ganze Gericht war, wie man so schön sagt, wunderbar "rund". Zu diesem Zeitpunkt waren wir zwar schon satt und durchaus zufrieden, aber der wahre Höhepunkt des Abends stand uns noch bevor. Wir sind nicht wirklich "Süßmäuler", aber die hausgemachten Eisvariationen (17 Euro) waren wirklich umwerfend und ihr Geld allemal wert. Zu Chartreuse-, Grand-Marnier-, Williams Christ- und Tonkabohneneis wurde noch ein Glas Champagner gereicht. Das Dessert, erklärte uns einer der Kellner auf unsere Begeisterungsrufe, sei fast das Wichtigste am Menü. Es sei schließlich der letzte Posten, den der Gast verspeise, und wenn der nicht schmecke . . . Auch das zweite Dessert, ein Erdbeerparfait mit Birnen-Sorbet auf Rhabarberkompott und weißer Schokoladenmousse (14 Euro) war durchaus gelungen. Bei dieser Gelegenheit lernten wir, dass der Begriff "Hippe" auch ein gebräuchlicher Name für ein Gebäck ist. In diesem Falle Mandelteig, der sofort nach dem Backen kalt gepustet und auf diese Weise in absonderliche Formen gebracht werden kann. Sieht nicht nur gut aus, schmeckt auch so!
Tisch vorher reservieren
Ach ja, die Weinkarte. Sie umfasst eine sehr große Auswahl an Flaschenweinen. Offen serviert werden jedoch nur elf, was mehr klingt, als es einem bei der Auswahl erscheint. Dafür aber ist auch ein Wein von 1962 im Angebot, die Flasche für 349 Euro. Auf den hatten wir nun grade keinen Appetit, wir begnügten uns mit Weißburgunder für 6,90 das Glas.
Bevor man im "Herrenkrug" einkehrt, sollte man einen Tisch reservieren. Im wunderschönen Restaurant im Jugendstil-Ambiente gibt es 75, im Wintergarten 50, im Sommer auf der Terrasse noch einmal 80 Plätze. Es kann also passieren, dass der Restaurantleiter auch mal die Zeiten vorgibt, zu welchen man erscheinen darf; die Köche wären sonst schlicht überfordert.
"Die Saison" gibt es seit 1994 in dem Ausflugslokal. Auf dem Gelände wurde bereits 1676 ein Wärterhäuschen errichtet, das vermutlich als Wirtshaus diente. Später entstand anstelle des alten Hauses ein klassizistischer Prachtbau, in dem rauschende Feste gefeiert wurden. Eine Tradition, die sich gehalten hat. Kulinarisch sowieso!
Parkrestaurant "Die Saison"
Adresse: Herrenkrug 3, 39114 Magdeburg
Telefon: 0391 7 8 50 87 30
Öffnungszeiten:täglich 6.30 Uhr bis 10.30 Uhr, 12 bis 14 Uhr sowie 18.30 bis 22.30 Uhr
Hauptgerichte ab 21 bis 29 Euro, offene Weine ab 6,90 Euro, Wein im Schnitt 30 Euro, teuerste Flasche 340 Euro