Die Handtasche für den Mann
München/Düsseldorf/dpa. - Auf den Laufstegen der internationalen Modeschauen und in den Anzeigen der Hochglanzmagazine sind sie schon seit einigen Saisons zu sehen: Kaum ein männliches Model trägt derzeit nicht zum smarten Look eine große Tasche an der Hand.
Denn Accessoires werden zur Gestaltung eines individuellen Outfits immer wichtiger, und auch Männer sollen dazu jetzt den sogenannten Weekender - eine große Henkeltasche - für sich entdecken. Die Handtasche für den Mann - vielen ist das zu unpraktisch, zu feminin, zu modisch, zu gewagt. Der Weg vom Laufsteg in die Fußgängerzone ist noch weit.
So hat der Trend zur Handtasche für den Mann international zwar großes Aufsehen erregt. Auf der Straße allerdings gibt es noch recht wenige Männer, die sie tragen, hat Georg Stiels, Image Consultant aus München, beobachtet. «Bisher beschränkt sich die Käuferschicht auf die absoluten 'Fashion Victims', die jeder Neuerung gegenüber aufgeschlossen sind.»
«Die Herrenhandtasche war lange verpönt», sagt René Lang, Modedesigner aus Düsseldorf und Mitglied im Verband Deutscher Mode- und Textil-Designer (VDMD) in Würzburg. Er glaubt, dass es noch einige Zeit braucht, bis Männer das Accessoire akzeptiert haben. Heute sei es zwar wichtig, dass «urbane Menschen alles mitnehmen können», sagt Lang. Das gelte auch für den modernen Mann: Ob Laptop, Ordner oder andere Unterlagen - wichtig ist, dass die Tasche ihren Zweck erfüllt. Aber beim Weekender geht es an erster Stelle um etwas Anderes: Er erweitert die klassischen Männer-Accessoires um ein ausgefallenes Produkt, das vor allem dem Stil gewidmet ist.
«Die Hersteller haben damit einen neuen Markt für sich entdeckt», erläutert Georg Stiels. Sie erhoffen sich von dem Verkauf der Taschen ein Umsatzplus. Für die eigene Garderobe sollte das erst einmal nichts bedeuten. Aber der Trend halte eine weitere Botschaft an den modernen Mann bereit: «Er sollte auf diesen Teil seiner Garderobe mehr Wert legen», sagt Stiels. Bislang sei es ja doch eher der Rucksack oder die abgewetzte Kuriertasche, die in der Stadt zum Einsatz kommt.
Schwer zu tragen sei der neue Trend nicht, findet Polina Kazarnovskaia vom Modehaus Galeries Lafayette in Berlin: «Einen Weekender kann man sowohl zum Anzug als auch zu sportlicher Kleidung tragen. Viele benutzen ihn auch als Sporttasche.» Ob Student oder Geschäftsmann, Alltag oder Reise: Für Kazarnovskaia ist die Tasche im XL-Format vielseitig einsetzbar - ob von Calvin Klein, Burberry Prorsum, Giorgio Armani oder Jil Sander. Denn es sind bislang vor allem die Luxusmarken, die die Taschen im Programm haben. Sportive Marken mit mittleren Preise wie Marc O'Polo und Y-3 ziehen aber bereits nach.
Die Stilexperten favorisieren bislang allerdings eher die sportliche Umhängetasche. Denn der Weekender wirke immer noch exotisch. Auch wenn in so einer Tasche vieles seinen Platz findet, ist sie eher etwas für Frauen, findet René Lang. Die Umhängetasche dagegen - schräg über den Körper getragen, groß genug und ohne Schnickschnack - sei genau das Richtige für Männer von heute. Auch Georg Stiels hält die Größe der neuen «It-Bags» für problematisch. Seiner Meinung nach eignen sich Weekender zum Reisen, nicht aber für den Stadtbummel oder ein Treffen mit den Kumpels.
Wichtig ist laut Stiels vor allem, dass Männer lernen, auf die Qualität ihrer Taschen mehr Wert zu legen. Gerade bei Rucksäcken, Kuriertaschen oder Umhängetaschen sei die Auswahl groß. Ein weiterer Pluspunkt ist nach Angaben des Experten, dass Umhängetaschen im Gegensatz zum Weekender genau das richtige Format haben und praktisch in der Handhabung sind.
INFO: Statt Henkeltasche lieber Umhängetasche
So weit sind die meisten einfach noch nicht: Nur ganz Trendbewusste greifen zum sogenannten Weekender. Die Mehrzahl der Männer ist mit einer Umhängetasche statt einer Henkeltasche besser bedient. Denn auch mit der praktischen Variante zum Überwerfen lässt sich modisch daherkommen. Stilberater Georg Stiels aus München empfiehlt, ruhig aus dem Vollen zu schöpfen: Vom schlichten Leder über Krokoprägung bis hin zum typischen Flecht-Look kommen viele Materialien infrage. Designer René Lang aus Düsseldorf rät für einen sportlichen Auftritt zu Taschen mit strukturierten Oberflächen. Für feinere Anlässe seien gepflegte, glatte Leder angebracht.