Der Unterhalt für Scheidungskinder steigt
Düsseldorf/dpa. - Die Unterhaltszahlungen für Millionen Scheidungs- und Trennungskinder steigen in diesem Jahr so stark wie noch nie. Die Unterhaltssätze lägen um durchschnittlich 13 Prozent höher als im Vorjahr, teilte das Düsseldorfer Oberlandesgericht am Mittwoch (6. Januar) mit.
Grund für den kräftigen Zuschlag sind die im Wachstumsbeschleunigungsgesetz festgelegten Erhöhungen der steuerlichen Kinderfreibeträge und des Kindergeldes. Bundesweite Richtschnur für die Unterhaltsansprüche von Kindern getrennt lebender Eltern ist die «Düsseldorfer Tabelle». Die neuen Sätze gelten rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres.
Die bundesweit einheitlichen Sätze richten sich nach dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils sowie nach dem Alter der Kinder. Der Mindestunterhalt bei einem monatlichen Nettoeinkommen bis 1500 Euro liegt nach der neuen Tabelle jetzt zwischen 317 und 488 Euro. Das bedeutet eine Steigerung zwischen 36 und 56 Euro pro Kind. Beträgt das Nettoeinkommen beispielsweise mehr als 3100 Euro, steigen die Unterhaltssätze auf 406 bis 625 Euro. Verdient der Unterhaltspflichtige - zumeist ist es der Vater - rund 4000 Euro netto, so stehen den getrennt von ihm lebenden Kindern 457 bis 703 Euro zu.
Familienrichter sehen den kräftigen Anstieg skeptisch. Früher waren die Mindestunterhaltssätze an die Einkommensentwicklung gekoppelt, heute richten sie sich nach dem steuerlichen Kinderfreibetrag, der sich wiederum aus dem Existenzminimum berechnet. «Die Erhöhung der Kinderfreibeträge soll eigentlich Familien entlasten, durch die Koppelung an den Mindestunterhalt werden sie für Unterhaltspflichtige aber zur Belastung», sagte der Düsseldorfer Familienrichter Jürgen Soyka. Das Kindergeld steigt um 20 Euro auf 184 für das erste und zweite Kind im Monat, der steuerliche Kinderfreibetrag von 6024 auf 7008 Euro pro Jahr.
Problematisch sei auch, dass Kinder, bei denen der unterhaltspflichtige Elternteil zu wenig verdiene, nicht von der Erhöhung der Bedarfssätze profitierten, kritisierte Soyka. «Nur bei denen, die zahlungsfähig sind, wirken sich die 13 Prozent Erhöhung aus.»
Die «Verteilungsmasse» bleibt trotz der höheren Sätze zudem gleich. «Je höher der Kindesunterhalt, desto geringer wird der Ehegattenunterhalt», sagte Soyka. Denn auch für die Unterhaltspflichtigen gibt es Mindestbeträge vom Einkommen, die sie behalten dürfen. Letztlich würden beide Elternteile von der Erhöhung der Unterhaltssätze getroffen, sagte Soyka, «der Mann, der zahlen muss und Frauen, die weniger bekommen».
Bereits im Sommer soll die Tabelle neu konzipiert werden. Bis dahin wird eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe zum Selbstbehalt erwartet. Der Mindestbedarf liegt derzeit bei 900 Euro. Außerdem dürfte sich die erwartete Entscheidung aus Karlsruhe zum Existenzminimum und den Hartz-IV-Regelsätzen für Kinder auf die «Düsseldorfer Tabelle» auswirken. Die Hartz-IV-Sätze für Kinder liegen derzeit je nach Alter zwischen 215 und 287 Euro.
Düsseldorfer Tabelle 2010: dpaq.de/fF5Sn
Düsseldorfer Tabelle Vergleich 2009-2010: dpaq.de/vergleich
Zur einfacheren Berechnung der Unterhaltssätze für Trennungskinder hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf 1962 die bundesweit geltende «Düsseldorfer Tabelle» erstellt. Sie wird mit den Familiensenaten aller deutschen Oberlandesgerichte und mit dem deutschen Familiengerichtstag abgestimmt. Die Tabelle hat keine Gesetzeskraft, stellt aber eine Richtlinie dar.
In der Regel wird die «Düsseldorfer Tabelle» alle zwei Jahre aktualisiert. Anfang 2010 wurde eine Neuberechnung der Unterhaltssätze notwendig, nachdem Ende 2009 das Wachstumsbeschleunigungsgesetz in Kraft getreten war. Das Gesetz sieht eine Erhöhung des Kindergeldes und der steuerlichen Kinderfreibeträge vor, wodurch auch die Unterhaltssätze angehoben werden müssen.