Der Kanalarbeiter kümmert sich um die Unterwelt
Freiburg/dpa. - Ralf Medzinski kümmert sich um die Unterwelt. Der 19 Jahre alte Freiburger lässt sich beim regionalen Energieversorger Badenova zur Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice ausbilden.
Mit seinen Kollegen sorgt er dafür, dass das unterirdische Kanalsystem für Wasser und Abwasser in Ordnung bleibt. Dafür muss Medzinski gelegentlich auch in die Schächte unter der Erdoberfläche klettern. Medzinski arbeitet in einem Ausbildungsberuf, der neu und zugleich ungewöhnlich ist.
«Ich habe mich bewusst für diesen Beruf entschieden, weil er interessant, vielseitig und abwechslungsreich ist», sagt der junge Freiburger. «Außerdem macht mir der Umgang mit Technik Spaß. Und ich kann im Freien arbeiten, muss nicht im Büro sitzen.» Im Vergleich zu anderen Berufen könne er eigenständig tätig sein, werde immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Medzinski hat nach dem Realschulabschluss vor knapp drei Jahren bei Badenova seine Lehrzeit begonnen. Er gehört damit zu den Pionieren in diesem noch jungen Ausbildungsberuf.
Medzinski und seine Kollegen nehmen die öffentliche Kanalisation unter die Lupe. Sie sind zuständig für Überwachung, Wartung und Reinigung. «Die meisten Zeit arbeiten wir oberirdisch», sagt Medzinski. Er und seine Kollegen rücken mit hochmodernen Spezialfahrzeugen aus. Vor Ort lassen sie Fernsehkameras durch die dunklen und engen Schächte der Kanalisation fahren.
Die bewegten Bilder werden auf Monitore im Inneren des Fahrzeugs übertragen. Dadurch können die Spezialisten ermitteln, wo es unterirdisch Schäden gibt. Auch mit einem kontrollierten Hochdruck-Wasserdurchlauf erkennen sie, ob die Rohre undicht sind und repariert werden müssen. Hinzu kommen Dichtheitsprüfungen mit Luft- oder Wasserdruck, die Reinigung der Kanäle und die Sanierung. Und auch die einfache Rohrreinigung gehört zu ihren Aufgaben.
Nur, wenn die Kameras keine Klarheit bringen, müssen Medzinski und seine Kollegen durch die Wasser- und Abwasserkanäle krabbeln. «Platzangst oder übergroße Ekelgefühle darf man keine haben», sagt der 19-Jährige. «Es kann schon mal sein, dass man einer Ratte begegnet oder Dingen, die im Abwasser zur Tagesordnung gehören.»
Keine angenehme Aufgabe, auch wenn sie zu den eher seltenen Tätigkeiten gehört. Erinnerungen an den Spielfilm «Der dritte Mann» aus dem Jahre 1949, der mit einer eindrucksvoll inszenierten Verfolgungsjagd durch das weit verzweigte unterirdische Kanalsystem zum Kult wurde, werden dabei nur bei wenigen wach.
«Der Beruf hat mit seinem schlechten Image zu kämpfen», sagt der für die Ausbildung zuständige Personalreferent bei Badenova, Edgar Knobel. Dies zeige sich bei den Ausbildungszahlen. «Das Interesse ist gering, wir haben in diesem Jahr nur mit Mühe Auszubildende gefunden.» Bundesweit lassen sich in dem Beruf nach Angaben des Verbandes Deutscher Rohr- und Kanal-Technik-Unternehmen (VDRK) jährlich nur knapp 80 Menschen ausbilden.
«Der Beruf ist vor allem für Leute interessant, die gerne mit moderner und anspruchsvoller Technik arbeiten», sagt Medzinskis Vorgesetzter Andreas Elble. Der 45-Jährige ist Teamleiter Abwasser bei Badenova. «Die Tätigkeiten haben sich sich in den vergangenen Jahren komplett gewandelt.» Die Technik und die Aufgaben seien anspruchsvoller geworden, deshalb seien nun Spezialkräfte gefragt. «Früher haben das zum Beispiel Gas- und Wasserinstallateure gemacht, die eine Zusatzausbildung hatten.» Doch dies sei nicht mehr zeitgemäß. Das Berufsbild sei besser und sauberer als sein Ruf.
«Wichtig sind ein Verständnis für Mathematik, Physik und Chemie sowie ein Technikverständnis», sagt Elble. Denn eine Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice muss rechnen können. Zudem muss sie physikalische und chemische Vorgänge verstehen.
Die drei Jahre dauernde Ausbildung ist praxisorientiert. Die Schulbank müssen alle Auszubildenden in Gelsenkirchen drücken. Dort befindet sich die bundesweit einzige Schule für diesen Beruf.
Verband Deutscher Rohr- und Kanal-Technik-Unternehmen e. V: www.vdrk.de
Weitere Informationen: www.dihk.de
Zum Berufsbild: www2.bibb.de/tools/aab/aab_start.php