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Der Kampf gegen das Chaos - Warum Ordnung so wichtig ist

Von Sandra Cantzler 23.07.2007, 06:51

Hamburg/dpa. - Mit einem schnellen Griff in die Schublade die Sonnenbrille parat haben, den Autoschlüssel auf Anhieb finden und sofort wissen, wo das Handy-Ladegerät liegt.

Von so einer Ordnung träumen die meisten Menschen, wenn sie auf der verzweifelten Suche nach einer bestimmten Sache mal wieder ihre Wohnung auf den Kopf stellen. Ordnung mag zwar spießig klingen, doch sie erspart viel Stress - zumindest, wenn man sie erst einmal geschaffen hat.

Was als ordentlich empfunden wird, ist eine individuelle Angelegenheit. «Ordnung ist nicht messbar, sondern Einstellungssache. Jeder von uns betrachtet die Welt von seinem eigenen Standpunkt aus», erklärt die Aufräum-Expertin und Interior-Designerin Rita Pohle aus Stuttgart in ihrem Buch «Weg damit! Entrümpeln befreit». Wo der Penible erst richtig mit dem Aufräumen anfängt, sieht es für andere Menschen vielleicht schon perfekt geschlichtet aus.

So unterschiedlich der Begriff interpretiert werden kann, so einig sind sich die Experten darin, dass Ordnung sein muss - aus ganz praktischen Gründen, aber auch für das eigene Wohlbefinden. «Äußerliche Ordnung ist auch innere Ordnung», sagt die Designerin und Einrichtungsexpertin Katharina Semling aus Oldenburg. Ordnung erleichtere und bereichere das Leben.

Für die britische Autorin und Feng-Shui-Expertin Karen Kingston ist das Zuhause ebenfalls die äußere Manifestation dessen, was im Inneren vorgeht. «Wenn man also auf der äußeren Ebene unordentlich ist, entsteht auch auf der inneren Ebene eine entsprechende Unordnung», fasst sie in ihrem Buch «Feng Shui gegen das Gerümpel des Alltags» ihre Theorie zusammen. Eine Ansammlung von Gerümpel im Haus lasse die Energie stagnieren, mache müde, lethargisch und häufig auch depressiv.

Als «ein sich erden» empfindet Constanze Köpp jedes Aufräumen. «Richtig begonnen, bringt Aufräumen unglaubliche Dinge in Gang», sagt die Hamburgerin, die den Aufräum-Service «wohnkosmetik.de» betreibt. Wer Ordnung schafft, hinterfrage die Dinge und lerne, sie loszulassen. «Das kostet Kraft, macht aber auch wahnsinnigen Spaß.»

Aufräumen ist - gerade wenn sich das Chaos bereits breit gemacht hat - eine anstrengende Sache. Noch anstrengender ist es allerdings, auf Dauer die Unordnung um sich herum zu verdrängen. «Sie ist immer im Unterbewusstsein da und lähmt», so die Erfahrung von Urte Kreft, die in Neckarsulm (Baden-Württemberg) einen Aufräum-Service betreibt.

Weit verbreitet sei das Phänomen, sich mit dem Chaos in der Wohnung über Wochen zu arrangieren und dann, sobald sich Besuch ankündigt, im Hauruckverfahren aufzuräumen. «Ich möchte es doch aber auch für mich schön haben und mich nicht schämen müssen, wenn jemand spontan klingelt», sagt die Expertin.

«In einem Haufen Gerümpel findet man nichts: Man sucht und verbraucht seine Energien damit», warnt Rita Pohle. Die Folge seien Erschöpfung und Resignation. Unbeschreiblich sei dagegen das Gefühl, sein Leben im Griff zu haben, mehr Zeit und Platz zu haben und weniger zu suchen.

Ganz ähnlich sieht es der britische Wohn-Experte Terence Conran: «Breitet sich Unordnung aus, behindert sie Ihre tägliche Routine. Das fängt schon damit an, dass Sie nichts mehr finden können. Irgendwann bremst dieser Zustand den Impuls, überhaupt irgendetwas anzupacken», warnt er in seinem Buch «Aufgeräumt».

Ordnung zu schaffen und zu halten, hat für ihn ganz handfeste Vorteile: Ob Motten, die sich in voll gestopften Kleiderschränken besonders wohl fühlen, oder das Zeit raubende Wühlen durch jede Menge Gerümpel in der Abstellkammer, um an einen bestimmten Gegenstand zu kommen - Unordnung ist eine echte Belastung und kostet darüber hinaus Geld. Denn Chaos braucht Raum. Und egal wie hoch oder niedrig die Miete ist - Platz ist zu wertvoll, um ihn mit überflüssigen Dingen zu verstopfen, argumentiert Conran.

Ordnung ist keine Zauberei, sondern lässt sich - von wenigen Ausnahmen abgesehen - lernen. Allerdings ist es für manche Menschen wesentlich schwieriger als für andere. Nach Ansicht von Urte Kreft entscheidet auch die Veranlagung darüber, wie gut oder schlecht das Verhältnis zur Ordnung ausfällt. «Es gehört eine Portion logisches Denken dazu», so die Expertin.

Literatur: Terence Conran: Aufgeräumt, Callwey Verlag, München, ISBN 978-3-7667-1674-3, 36 Euro; Karen Kingston: Feng Shui gegen das Gerümpel des Alltags, rororo, ISBN 978-3-499-61399-9, 9,90 Euro; Rita Pohle: Weg damit! Entrümpeln befreit, Mosaik by Goldmann, ISBN 978-3-442-16527-8, 7,50 Euro.

Aufräum-Service: www.wohnkosmetik.de