Den Schrank unter den Arm geklemmt
Bad Honnef/dpa. - Rein in den Laden, raus mit der Schrankwand. So funktioniert der Markt mit Mitnahmemöbeln. Statt wochenlang auf den gewählten Tisch zu warten, können Käufer das begehrte Stück gleich aus dem Geschäft mit nach Hause nehmen, vorausgesetzt es passt ins Auto.
Denn das Mitnahmeprinzip hat auch seine Grenzen, etwa bei klobigen Couch-Garnituren oder komplizierten Schranksystemen. Denn letztere muss der Verbraucher selbst aufbauen. Und das kann durchaus Stunden in Anspruch nehmen, auch wenn einige Hersteller auf einfache Anleitungen und vorgefertigte Systeme setzen.
Mitnahmemöbel, auch SB für Selbstbedienungsmöbel genannt, werden immer wichtiger - und der Markt ist längst nicht auf Ikea beschränkt. «Die Leute wollen nicht mehr auf ihre Möbel warten», sagt Ursula Geismann vom Verband der deutschen Möbelindustrie (VDM) in Bad Honnef. Inzwischen hat der überwiegende Teil der rund 8000 Möbelverkaufsstellen in Deutschland auch Mitnahmemöbel im Programm. Dabei handele es sich meist um Möbel im mittleren und unteren Preissegment.
Während lange Zeit helle Buche im Trend lag, setzen die Hersteller in dieser Saison vor allem auf Nussbaumtöne, heißt es bei der Messe Köln, die jedes Jahr die Internationale Möbelmesse imm cologne ausrichtet. Die Holzoptik werde kombiniert mit glänzenden Lackfarben - weiß, creme, rot und schwarz.
Das Germania Werk aus dem nordrhein-westfälischen Schlangen beispielsweise setzt bei seinem Dielenprogramm «Ultra» auf Walnuss-Nussbaum-Dekor. Kleider- und Schuhschrank haben einen dunklen Korpus, die Schranktüren glänzen in Weiß. Beim Dielenprogramm «Tim», bestehend aus Kommoden, Paneelen und Schränken, finden sich Nussbaum-Royal und Creme. Die Posseik Möbelfabrik aus Wermelskirchen in Nordrhein-Westfalen kombiniert bei ihrem Schreibtisch «2044» Noce-Apricot mit Vanille-Glänzend. Ähnliche Optiken finden sich übrigens auch bei Designherstellern. Allerdings in edlerer Ausführung mit Echtholz und farbigem Glas.
Wer nicht auf Nussbaum steht, muss sich keine Sorgen machen. Die Hersteller haben auch andere Holzoptiken im Programm. Das Maja-Werk aus dem bayrischen Kasendorf zum Beispiel bietet seine Serie «Icaros» wahlweise auch in Eiche, Ahorn und Merano an - dazu gehören Tische, TV-Möbel, Kommoden und Schränke. Bei FMD Möbel aus Dissen in Niedersachsen liegen Buche und Ahorn vorn.
Ikea setzt auf dunkle oder sehr helle Hölzer wie Birke, Esche und Espe. «Buche dagegen ist out», sagt Kai Hartmann, Sprecher bei Ikea Deutschland im hessischen Hofheim-Wallau. Was den Kunden freut, stellt die Hersteller vor Probleme. «Immer mehr Dekore bereitzustellen, ist für uns schwierig», heißt es etwa bei Posseik.
Auch wenn Mitnahmemöbel nicht für die Ewigkeit gebaut werden, achten die Hersteller auf praktische Funktionen. So finden sich beispielsweise bei Icaros von Maja abgebremste Schübe. Bei Rio Art von CS Schmal aus dem rheinland-pfälzischen Waldmohr sind Anschlagdämpfer in den Schranktüren eingebaut. «Die Türen schließen leise, ohne lautes "Klack"», heißt es im Katalog. Doch Mitnahmemöbel haben ihre Grenzen: Große Couchgarnituren und Liegelandschaften sind kaum möglich, sagt Edwin Müürmann, Geschäftsführer von CS Schmal. Der Kunde bekommt sie nicht ins Auto. Und bei 40 Kilogramm sei ebenfalls Schluss. «Die sind für zwei Leute gerade noch zu handhaben.» Ikea sieht das ähnlich: «Eine Couch lässt sich kaum auseinander bauen. Bestenfalls kann man die Lehnen umklappen», sagt Hartmann. Sofas würden daher am Stück geliefert.
Der Weg in die Wohnung ist häufig aber gar nicht das Problem. Zur Verzweiflung bringt Kunden eher der Aufbau. Mit Hilfe kryptischer Anleitungen müssen sie aus einem großen Beutel die passenden Schrauben herausklauben - wenn sie überhaupt vollständig mitgeliefert werden. Und angeblich gibt es sogar Möbel, bei denen der Kunde selbst die Löcher bohren muss, auch wenn das die Ausnahme ist. Ums Schrauben kommt er hingegen meist nicht herum. Die Hersteller versuchen aber, den Aufbau möglichst einfach zu gestalten.
Bei Germania heißt es zwar, der Aufbau erfordere etwas Geschick. In einer ausführlichen Montageanleitung sei aber jeder einzelne Schritt beschrieben. FMD setzt dagegen auf Bilder. «Unsere Erfahrung ist, dass die meisten Leute den Text nicht lesen», erklärt Peter Krehenbrink von FMD. CS Schmal montiert bei drei seiner Linien Korpus-Verbinder vor. Der Kunde müsse sie nur noch zusammenstecken und mit einer 60-Grad-Drehung festziehen. Und Ikea verzichtet zum Teil ganz auf Schrauben: Ein Stuhl beispielsweise wird dann nur noch zusammengesteckt.