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Debattieren wie die Großen: Jugendparlamente sind beliebt

Von Simon Veeser 18.10.2007, 08:44

Düsseldorf/dpa. - Jugendliche bekommen eigene Parlamente an Rhein und Ruhr: Ab Ende Oktober können Jung-Parlamentarier ihre Interessen in den Düsseldorfer und Duisburger Rathäusern vertreten. Damit sind sie in Nordrhein-Westfalen nicht allein.

Schon andernorts streiten politisch engagierte Jugendliche für neue Radwege, Jugendtreffs, für Nachtbusse oder den Bau einer Skaterhalle. Nach Erfahrung von Barbara Pabst, der Vorsitzenden des Landesjugendrings NRW, sind sie «Idealisten, Weltverbesserer und Mitgestalter».

Rund 60 Jugendräte oder Jugendparlamente sind seit Ende der neunziger Jahre im Land entstanden. Dass Jungpolitiker im Trend liegen, zeigt das hohe Interesse der über 14-Jährigen an einer Kandidatur. So hat das Duisburger Jugendamt für die Wahl der ersten jungen Parlamentarier mit 122 gültigen Bewerbungen am 30. Oktober mehr als drei Mal so viele erhalten, wie Sitze zu vergeben waren. Ähnlich in Düsseldorf, wo sich 90 Mädchen und 86 Jungen auf 31 zu vergebende Plätze im Jugendrat beworben hatten. Das städtische Jugendamt sah sich einer Bewerberflut ausgesetzt, wie Pädagoge Michael Hein sagte: «Wir waren überrascht von der hohen Resonanz. Der 23. Oktober wird ein spannender Wahltag.»

Doch ob Jugendparlamente Erfolg haben, hängt nach Meinung des Bielefelder Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann nicht nur von der Vielzahl der Kandidaten und einer hohen Wahlbeteiligung ab, sondern auch vom tatsächlichen Einfluss der Nachwuchspolitiker in den Kommunen. Slogans wie «Mitmachen - Mitbestimmen - Mitgestalten» suggerierten den jungen Volksvertretern enorme Gestaltungsmöglichkeiten. Tatsächlich hätten die Jugend-Repräsentanten oft nur Vorschlags- und Anhörungsrechte, die nicht bindend seien. «Dann kann ein Jugendparlament zur Alibi-Einrichtung verkommen», glaubt Hurrelmann.

Ein Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Oft seien die Entscheidungsstrukturen langwierig, unklar oder nur schwer zu durchschauen, heißt es in dem Papier. Erfolgserlebnisse seien oft nicht kurzfristig zu realisieren. Im Extremfall verkämen Jugendräte zu Debattierclubs, in denen sich Frustration breit mache. In einigen Gemeinden Baden-Württembergs hätten sich Jugendvertretungen sogar wieder aufgelöst.

Nach Ansicht von Hurrelmann sollte das Votum der Jugendlichen bei wichtigen Entscheidungen auch vom Stadtrat berücksichtigt werden. Zudem empfiehlt der Sozialwissenschaftler, dass sich die Jugendräte auf drei Schwerpunktthemen konzentrieren, die «die Herzen der Jugendlichen» berühren - Themen aus den Bereichen Arbeitsmarkt und Beschäftigung, Internationalität und Umwelt. Ergänzend seien Jugendforen dort sinnvoll, wo die Wahlberechtigten den Jugendrat mehrheitlich mit wenigen, konkreten Projekten für die Amtszeit beauftragten.

Die Jugendräte im Land haben den Schulterschluss gesucht. Um von den Erfahrungen und Ideen der anderen Parlamente zu profitieren, haben sich die 60 Kinder- und Jugendvertretungen zum Kinder- und Jugendparlament NRW (KiJuPa) zusammengeschlossen. «Zusammen haben wir eine stärkere Stimme und können auch auf Landesebene Einfluss auf Politiker nehmen», sagt KiJuPa-Sprecher Nils Janßen.