Datennetz Datennetz: Am Anfang war der Krieg
Als die Zukunft endlich Standard wurde, war sie auch schon nicht mehr die jüngste. Zehn Jahre hatten Vinton Cerf und Robert E. Kahn am Darpa Information Processing Technology Office über Möglichkeiten gegrübelt, unterschiedlichste Datenverarbeitungsgeräte miteinander so zu verbinden, dass sie sich untereinander verstehen können. Im Januar vor 30 Jahren schließlich war es soweit: Die 200 Rechner, aus denen das noch „Arpanet“ genannte künftige Internet bestand, wurden vom bis dahin verwendeten Network Control Program NPC auf das von Kahn und Cerf erdachte Transmission Control Protocol/Internet Protocol TCP/IP umgestellt.
Eine Neuerung, die am Anfang der atemberaubenden Entwicklung stand, die das weltweite Datennetz seitdem genommen hat. Und ohne die das Internet heute nicht wäre, was es ist. Doch gedacht war damals eigentlich alles ganz anders, wie schon ein genauerer Blick auf die Ursprünge der bis heute verwendeten Technik zur Identifizierung aller Geräte zeigt, die im Netz unterwegs sind. Darpa, das Forschungszentrum, für das Cerf und Kahn arbeiteten, war eine Institution des Kalten Krieges. Erst nach dem Sputnik-Schock hatte die US-Regierung die Forschungsbehörde gegründet und dem Verteidigungsministerium unterstellt. Die hatte dann die Gründung des Arpanet federführend betreut und gefördert. Ziel war es,die Kommunikation zwischen Militär- und Regierungsinstitutionen auch nach Ausbruch eines Atomkrieges aufrecht zu erhalten.
Auch die Einführung von TCP/IP diente noch diesem Vorhaben. Cerf, Kahn und ihr Kollege John Postel hatten 1977 gezeigt, wie Daten mit Hilfe des neuen Protokolls von einem Lastwagen zu einem Internet-Gateway des Arpanet gefunkt, von dort aus zu einem Satelliten übertragen, von dem nach Norwegen gesendet, von dort aus nach London gefunkt und über ein Datenkabel an einen Computer an der Uni von Südkalifornien geschickt werden können. Nach einer Reise von 153 000 Kilometern fügte TCP/IP die Daten am Zielort wieder richtig zusammen. Ein Durchbruch. Widerstand gegen den neuen Standard kam denn auch hauptsächlich aus Europa. Hier hatten Experten und Regierungen Angst vor einer amerikanischen Dominanz im Netz. Gegen die sollte der europäische Standard „Eurosinet“ helfen, in dessen Entwicklung Millionen gesteckt wurden. Vergebens, denn mit der Umstellung des Arpanet auf TCP/IP, an der auch deutsche Rechenzentren teilnahmen, war der Kampf entschieden. Die Vergabe von IP-Adressen nach US-Standard wurde zur Voraussetzung, um an der Kommunikation im Netz teilzunehmen. Auch spätere Versuche von Computerriesen wie Novell, Apple und Microsoft, eigene Netzwerkprotokolle durchzusetzen, scheiterten.
TCP/IP ist so auch nach drei Jahrzehnten die Basis, auf der im Internet Riesen wie Google oder Facebook ebenso wie die private Blog- oder Fotoseite ruhen. Der einzige Unterschied: Wegen Adressmangels wird mit IPv6 wird inzwischen bereits die sechste Generation des Internet-Protokolls ausgerollt.