Chamäleons sind anspruchsvolle Einzelgänger
Frankfurt/dpa. - Die Fliege hat keine Chance: Das grüne Panther-Chamäleon hat sie als Mittagessen auserwählt. Einige Sekunden fixiert das Reptil sein lebendiges Futter. Dann streckt es blitzschnell seine Zunge aus und schnappt sich das Insekt.
«Mit dem Füttern von lebendigen Tieren habe ich mich früher schwergetan», erzählt die Chamäleonzüchterin Kornelia Schüler aus Schmitten bei Frankfurt. 50 der Reptilien hält sie. Wer sich zumindest eines davon wünscht, nimmt am besten ein Panther-Chamäleon - und sollte nach Möglichkeit Erfahrung mit Reptilien mitbringen.
Panther-Chamäleons sind 40 Zentimeter lang, haben verschiedene Farben und sind vergleichsweise leicht zu halten. «Einfach» heißt hier aber immer noch kompliziert: Panther-Chamäleons brauchen zum Beispiel UV-Licht sowie eine Temperatur zwischen 25 und 35 Grad. Am Tag muss die Luftfeuchte 60 bis 80 Prozent betragen, nachts 100 Prozent. «Vergleichsweise robust ist auch das Jemen-Chamäleon», so Helmut Mägdefrau, Zoologe beim Tierpark Nürnberg.
Chamäleons sind Einzelgänger. Artgenossen wollen sie nur zur Paarung sehen. Ist ein Weibchen willig, zeigt es das durch seine Farbe an - sie ist von Art zu Art unterschiedlich. Auch wenn es nichts von einer Paarung wissen will, erfährt dies das Männchen durch die Hautfarbe. Männliche Panther-Chamäleons sehen dann im wahrsten Sinne des Wortes schwarz - so verfärben sich die unwilligen Weibchen.
Kommen sich zwei Chamäleons außerhalb der Paarungszeit zu nahe, kann das böse enden: Zunächst machen sich beide groß und versuchen, sich gegenseitig mit ihren schillerndsten Hautfarben zu imponieren. Gibt keiner klein bei, wird gebissen, und der Gegner wird weggedrückt. «Dieses Imponiergehabe zeigten die Chamäleons sogar, wenn man ihnen nur ein Foto von sich selbst zeigt», sagt der Zoologe aus Nürnberg.
Kornelia Schülers Tiere haben überwiegend ihr eigenes Terrarium. Ausnahmen sind Selina, Orangina, Rianna und Saphira, die laut ihrer Besitzerin in einer «Mädchen-WG» im Wohnzimmer leben. Sie sitzen in großen Abständen voneinander in dem mit vielen Ästen und Pflanzen ausgestatteten Terrarium und lassen sich von ihrer Züchterin auf die Hand nehmen und streicheln.
Fast den ganzen Tag ist Schüler mit ihren Chamäleons beschäftigt. Zweimal täglich sprüht sie die Terrarien ein, die Tiere schlecken das Wasser von den Pflanzen. Das «Kinderzimmer» der Chamäleons ist im Keller. Hier werden sie ausgebrütet und wachsen die ersten Wochen heran. Täglich werden sie mit Pipetten getränkt.
«Die meisten Chamäleons in Gefangenschaft trinken viel zu wenig», sagt Silvia Macina von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (dght). Dafür sind sie dem Vertilgen einer Heuschrecke oder Fliege nie abgeneigt. Meist werden sie einmal täglich gefüttert, laut dght viel zu häufig. Erwachsene Tiere müssen nur zweimal die Woche fressen.
Wer noch nie ein Reptil besessen hat, sollte sich nicht gleich ein Chamäleon kaufen. «Denn das ist das empfindlichste, was man sich nur vorstellen kann.» So gibt es Tiere, die bei Temperaturen ab 26 Grad tot umfallen. Andere brauchen es nachts deutlich kühler als am Tag. Schon die Beleuchtung des Terrariums ist eine Wissenschaft für sich.
Laut dght gibt es mehrere Hundert Arten - die kleinsten so kurz wie ein Streichholz, die größten einen Meter lang. Allen gemeinsam sind die guten Augen, das schlechte Gehör und die Schleuderzunge. Einen engen Bezug zu ihren Besitzern entwickeln sie laut Macina nicht. «Die Besitzer sind für sie die Menschen mit dem Futter.»
Literatur: Ariane Janitzki: 250 Terrarientiere, Kosmos, ISBN: 978-3-440-11089-8, 12,95 Euro; Uwe Dost: Das Kosmos-Buch der Terraristik, Kosmos, ISBN: 978-3-440-10129-2, 12,95 Euro.
Trotz aller Empfindlichkeit: Chamäleons werden als Haustiere immer beliebter. Genaue Zahlen gibt es zwar nicht. «Vor 20 Jahren musste man aber noch lange nach einem Chamäleonbesitzer suchen», sagt Silvia Macina von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde in Rheinberg. «Das ist heute ganz anders.»