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Cantucci - 150 Jahre «Mandelkeks im Süßwein»

Von Carola Frentzen 29.09.2008, 09:28

Rom/Prato/dpa. - Eine laue Sommernacht, ein Dinner mit viel Pane und Pasta unter dem funkelnden Sternenhimmel und zum Abschluss: Vin Santo und Cantucci. Das ist ein Stück italienischer Lebensart.

Wenn die herzhaften Mandel-Kekse in den Süßwein getunkt werden und sich mit dessen weichem Geschmack mischen, geht Feinschmeckern in aller Welt das Herz auf. Jetzt feiern die Cantucci aus der toskanischen Stadt Prato ihren 150. Geburtstag - und zwei Tage lang wird sich im ganzen Ort alles um das köstliche Süßgebäck drehen.

Es war der 29. September 1858, als der Bäckermeister Antonio Mattei in der Via Ricasoli 22 das Rezept für die «Biscotti di Prato» - so der Originalname - erfand. Von da an traten die harten Kekse unaufhaltsam ihren Siegeszug um die Welt an. Die Plätzchen wurden prompt mit Preisen überhäuft, so bereits 1861 bei der «Esposizione Italiana» in Florenz und 1867 bei der Weltausstellung in Paris. Und Hermann Hesse schwärmte Anfang des 20. Jahrhunderts bei einer Italienreise in einem Brief: «Dieses Gebäck bringt mich nach einem traurigen Tag in eine fröhliche Stimmung.»

Doch nicht nur bei feinsinnigen Dichtern erfreuen sich die Cantucci großer Beliebtheit, sondern auch bei hartgesottenen Politikern: Bill Clinton und der frühere italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi sollen zu den erklärten Anhängern gehören. Papst Benedikt XVI. bekommt Berichten zufolge sogar einmal im Jahr von einer Delegation aus Prato einen Vorrat geschenkt, während Modeschöpfer Giorgio Armani die knusprige Delikatesse den Gästen seines Mailänder Show Rooms vorsetzt.

Das Geheimnis der Cantucci - die auch liebevoll «Cantuccini» genannt werden, wobei niemand mehr so genau weiß, woher diese Namen eigentlich kommen - liegt in der einzigartigen Zubereitung: Wie Zwieback werden die Plätzchen zweimal gebacken. Zunächst wird der Teig wie ein kleiner Brotlaib geformt und ein erstes Mal in den Ofen geschoben. Ihre Haltbarkeit von drei Monaten erhält die Spezialität dann, indem sie von Hand in Scheiben geschnitten und ein zweites Mal gebacken wird. Die Zutaten sind dabei äußerst simpel: Mandeln, Pinienkerne, Zucker, Eier, Mehl und ein Hauch von Zitronenschale.

«Ich finde die Biscotti aus Prato einfach himmlisch, gerade weil sie hart sind und sowohl in Kaffee als auch in Süßwein gestippt hervorragend schmecken», sagt eine deutsche Cantucci-Liebhaberin. Tatsächlich passen die Mandel-Scheibchen nicht nur zu Vin Santo, sondern auch zu anderen Süßweinen wie dem Passito di Pantelleria oder dem Moscato.

Bereits seit 1908 wird die Backstube in der Via Ricasoli von der Familie Pandolfini geleitet, die das Traditionsunternehmen nun bereits in dritter Generation führt. Der Name «Biscottificio Antonio Mattei» ist zu Ehren des Erfinders jedoch erhalten geblieben. Berühmt ist auch die himmelblaue Originalverpackung der Keksfabrik. Die Marke steht für pure Qualität: Sorgfältig wählt die Firma ihre Kunden aus und verkauft ihre Ware dabei nicht an jeden x-beliebigen Laden. Neben den Verkaufsstellen in Italien finden sich die Original-Cantucci unter anderem in größeren Städten in Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz ebenso wie in exklusiven Gastronomie- Tempeln in New York und Tokio.

Der Erfolg gibt dem Unternehmenskonzept recht: «Allein zwischen 2006 und 2007 ist unser Export um 15 Prozent gestiegen», erklärte Francesco Pandolfini, einer der vier Brüder, die die Firma heute leiten. Bäckermeister Mattei hatte den Erfolg vorhergesehen und nicht umsonst seinem Sohn Emilio ein «spirituelles Testament» hinterlassen, mit dem ausdrücklichen Wunsch, dass «das Rezept seiner geliebten Kreaturen unverändert bleiben muss».