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Botanik Botanik: Wie Pflanzensamen sich ausbreiten

Von Helga Panten 26.10.2006, 09:01
Hoch hinaus mit Hilfe der Vögel - verzehren sie die Beeren der Mistel, bleibt der Samen an ihrem Schnabel kleben und wird an Ästen abgestreift. (Foto: dpa)
Hoch hinaus mit Hilfe der Vögel - verzehren sie die Beeren der Mistel, bleibt der Samen an ihrem Schnabel kleben und wird an Ästen abgestreift. (Foto: dpa) Marion Nickig

Bonn/dpa. - Im Garten sorgt das fürÜberraschung - manchmal freudig, manchmal ärgerlich.

Viele Pflanzen nutzen Vögel als Transportgehilfen. Der Efeuerobert sich so neues Terrain, die Eiben, Mahonien, Aronstab,Salomonsiegel, Kirschen und andere mehr. Selbstlos übernehmen dieVögel den Transportdienst natürlich nicht. Sie müssen dazu verlocktwerden. Das süße Fruchtfleisch der Kirschen, die saftigen, blauenBeeren der Mahonien, der fleischige rote Samenmantel der Eibe - siealle sind Leckereien für Vogelschnäbel. So wird eifrig geschlungen.Der Kern verschwindet mit, und dann geht es auf die Reise.

Eine harte Samenschale schützt den Pflanzenembryo. Erst diePassage durch den Darm macht sie so porös, dass der Keimling siesprengen kann, und dann sprießen Mahonie, Efeu und Aronstab dort, wosie nie gepflanzt wurden. Zum Glück werden die Pflanzen, die vonVögeln verschleppt werden, meist nicht lästig. Stehen sie falsch,sind sie rasch an den richtigen Standort gepflanzt.

Über Pflanzen, die der Wind heranwirbelt, sind Gartenbesitzermeist nicht ganz so glücklich. Den Nachwuchs von Löwenzahn undDisteln, der mit Fallschirmchen und zarten Federgebilden unterwegsist, wird man schwer wieder los. Auch die wolligen Bäusche von Weidenund Pappeln, in denen die Samen in Massen auf Reisen gehen undüberall hin segeln, gelten eher als lästig.

Wenn dagegen die gelbe Clematis tangutica aus Nachbars Gartenplötzlich im eigenen Garten sprießt, weil der Wind einen der fedrigenSamen herüber geweht hat, ist die Freude groß. Auch die Astern findenmeist Anklang, die dank weicher Haarkränze auf die Reise gehen, undder zarte Silberwurz (Dryas) erst recht.

Viele Pflanzen engagieren Ameisen als «Reiseveranstalter». IhrLohn sind süße Samen-Anhängsel, die sie samt dem Samen ins Nesttragen. Ist es verzehrt, wandert der Samen auf den «Abfall» und hatseinen neuen Standort erobert. Schneeglöckchen, Leberblümchen,Veilchen, Frühlings- und Herbst-Cyclamen, Leinkraut, Lerchensporn undBuschwindröschen sind die Kunden der Ameisen.

Als Schwarzfahrer betätigt sich eine weitere Pflanzengruppe. DieKlette ist der bekannteste Vertreter, die es damit sogar bis insSprichwort geschafft hat. Mit kräftigen Widerhaken heftet sie sich anFelle, Stoffe, Haare. Sie wieder zu lösen bereitet Mühe. Meistzerfallen die Kletten dabei in die einzelnen Samen.

Im Kleinformat verhalten die Früchte des Nelkenwurz (Geum) sichgenauso. Wie angeklebt haften die rundlichen Samen des Waldmeistersan Hosen oder am Fell vorbeihuschender Hunde, Katzen und Hasen.Genauso ungewollt machen sich Samen auf die Reise, die sich mitklebrigen Stoffen an Schnäbel und Gefieder heften. Die reifen Früchtedes Blutweiderich (Lythrum salicaria) tragen klebrige Schleimhaareauf ihrer Oberfläche. Einige bleiben an Füßen oder Schnäbeln derVögel kleben, die auf den langen Rispen herumturnen.

Auf das gleiche Prinzip setzt die Mistel. Die Misteldrossel, aberauch andere Drosselarten lieben das saftige Fleisch der Beeren. BeimSchmaus bleibt der eine oder andere Samen am Schnabel kleben, washeftiges Schnabel-Putzen am nächsten Zweig hervorruft - und schon hatdie Mistel ihr Ziel erreicht.