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Bloß nichts mit «Senior»: Reiseanbieter sprechen Ältere indirekt an

Von Carina Frey 06.06.2007, 07:19

Kiel/dpa. - Kleine Kinder und Rentner - niemand hat mehr Zeit zu reisen als sie. Doch während die Kleinen von Kinderclubs umworben werden, vermeiden die Veranstalter das Wort «Senior».

Wenn überhaupt, sprechen sie von Best oder Golden Agers. Ältere sind begehrte Kunden, auf sie zugeschnittene Reisen kommen aber nicht gut an. Stattdessen gibt es Angebote für alle, die aber Rücksicht auf Ältere nehmen.

Menschen der «Generation 50+» verreisen tendenziell länger als andere und geben mehr aus, ergab die Analyse der Forschungsgruppe Urlaub und Reisen in Kiel von 2006. Und deshalb wollen fast alle Veranstalter Senioren ansprechen - aber nicht direkt. «Ich bin selbst gerade 50 und werde einen Teufel tun, ein Angebot zu nutzen, das '50 Plus' heißt», sagt Prof. Martin Lohmann vom Kieler Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa.

«Wir haben mal vor vielen Jahren ein spezielles Angebot versucht. Aber egal wie man die Älteren anspricht - ob als Best Agers oder Golden Agers - die wollen das nicht», sagt Antje Günther von Dertour in Frankfurt. «Viele Seniorenreiseangebote wurden in der Vergangenheit zum Flop», stellt auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Berlin in einer Schriftenreihe fest.

«Bei diesen Reisen ist oft implizit der Gedanke enthalten, dass die Leute etwas nicht mehr können», erläutert Lohmann. Skan-Tours in Gifhorn (Niedersachsen) etwa wirbt bei seinen Seniorenreisen mit ärztlicher Begleitung. Der Verein Videlis Seniorenreisen aus Augsburg bietet einen Begleitservice von Haus zu Haus an - mit Auto oder Zug.

Gepäcktransport und Abholdienst bietet auch die Peter Deilmann Reederei an. «Dieser Service steht allen unseren Kunden offen», sagt Sprecher Hans-Ulrich Kossel. Tatsächlich fahren auf den Schiffen der Reederei viele Ältere mit. Kreuzfahrten sind ein Segment, das Ältere besonders anspricht. Gleiches gelte für Medical-Wellness-Angebote, sagt Prof. Lohmann. Dafür geworben wird freilich mit jüngeren Models. Dennoch stellen sich Veranstalter und Hotels auf ältere Kundschaft ein, oft fällt das aber erst auf den zweiten Blick auf: Manche Hotels verzichten auf Einzelzimmerzuschläge und bieten Diätkost an, so der Dehoga. Veranstalter werben mit mehr Service. Denn Senioren haben «einen hohen Anspruch an Qualität und Leistung», heißt es in einer Dokumentation des Deutschen Seminars für Tourismus Berlin (DSFT).

Studiosus Reisen aus München hat «ServicePlus-Studienreisen» im Programm. Sie zeichnen sich durch weniger Anstrengungen und hohen Komfort aus, heißt es - das dürfte viele ältere Reisende ansprechen, aber nicht nur sie. Dass ein gemütlicheres Tempo auch Jüngere interessiert, erlebte Hauser Exkursionen International. Er bot in der Vergangenheit «Seniorentrekking» in Nepal an. Das Ergebnis war «eine der jüngsten Reisegruppen, die wir je hatten», sagt Simon Landinger von dem Veranstalter aus München.

In einem Bereich weichen die großen Veranstalter von ihrer Linie ab: bei den Langzeitreisen. Wer dem kalten Winter entfliehen möchte, ist möglicherweise beim Club Vital von Neckermann Reisen richtig. Der Club organisiert «für Gäste über 55 Jahre Auflüge zu kulturellen und landschaftlichen Sehenswürdigkeiten, Wanderungen, Gymnastik und Wellness». TUI hat den Club Elan: Die Kunden können wählen, ob sie eher Spaß an sanfter Gymnastik oder Skat-Runden haben. Zum Service gehören etwa nahe gelegene Arztpraxen und deutschsprachige Zeitungen.