BGH-Urteil: Hälfte der Terrasse gehört zur Miete
Berlin/Karlsruhe/dpa. - Auf den ersten Blick ist die Berechnung der Wohnfläche ein Kinderspiel: «Grundsätzlich zählt alles zur Wohnfläche, was innerhalb der Wohnung liegt», erklärt Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbunds in Berlin.
Das bedeutet, dass alle außerhalb gelegenen Flächen wie Keller, Dachboden oder Treppenhaus nicht dazu gehören. Es gibt aber Ausnahmen. Einige Sonderfälle klärte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe am Mittwoch (22. April).
TERRASSEN UND BALKONE: Die Richter entschieden, dass Vermieter die Fläche von Dachterrassen in Mietverträgen, die vor dem Jahr 2004 abgeschlossen wurden, zur Hälfte anrechnen dürfen (Az.: VIII ZR 86/08). In jüngeren Verträgen dürften sie in der Regel nur zu einem Viertel als Wohnfläche gezählt werden. Keine Rolle spielt laut Ropertz dabei, ob sie überdacht sind. Ihm zufolge ist der Fall auf Terrassen, Balkone und Loggien übertragbar.
DACHSCHRÄGEN UND NISCHEN: Auch innerhalb der Wohnung werden manche Räume nur zum Teil angerechnet. «Flächen, die zwischen einem und zwei Meter hoch sind, zählen nur zu 50 Prozent, Flächen unter einem Meter Höhe gar nicht», erklärt Ropertz. Diese Regel trifft vor allem für Dachschrägen zu. Auch die Bereiche unter Treppen sowie Tür- und Wandnischen gehören nicht zur Wohnfläche - anders als Einbauschränke, Flure und Abstellräume.
WINTERGÄRTEN: Bei ihnen kommt es auf die Heizung an: Sind sie beheizbar, werden sie voll zur Wohnfläche gerechnet, sagt Ropertz - unbeheizt nur zur Hälfte.
NACHMESSEN: Ropertz rät Mietern, ihre Wohnfläche genau nachzumessen. Es gebe Gutachten, die besagen, dass die Fläche in 80 Prozent der Immobilien um mehr als zehn Prozent von der im Mietvertrag angegebenen Quadratmeterzahl abweicht. In diesem Fall liege nach dem Gesetz ein Wohnungsmangel vor, die Miete dürfe gekürzt werden - und zwar um so viele Prozentpunkte, wie die Wohnung zu klein ist: 20 Prozent kleiner heißt 20 Prozent Mietminderung.
RÜCKWIRKENDER ANSPRUCH: Nachmessen kann sich auch nach langer Zeit noch lohnen. Ropertz zufolge haben Mieter rückwirkend bis zum Jahr 2002 einen Anspruch auf Rückzahlung der zu viel bezahlten Miete. Wenn die Nebenkosten in der Vergangenheit gemäß der Wohnfläche verteilt wurden, müssten sie ebenfalls neu berechnet werden. Wenn sich Mieter und Vermieter nicht auf eine konkrete Berechnungsvariante geeinigt haben, gelte dabei die Wohnflächenverordnung als Grundlage.
Um überhaupt Ansprüche zu haben, sollten Mieter eines nicht vergessen: «Wer einen neuen Mietvertrag abschließt, sollte darauf drängen, dass die Größe der Wohnung in Quadratmetern drin steht», sagt Ropertz. Das klingt möglicherweise banal, sei aber keineswegs selbstverständlich.
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