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Bewerbung Bewerbung: Fehler über Fehler

Von KORNELIA NOACK 10.04.2011, 10:20

Halle (Saale)/MZ. - Die Personaler haben meist wenig Zeit, erhalten sie doch mehr Bewerbungen als Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. Der erste Eindruck der Bewerbungsmappe zählt, und dafür ist Sorgfalt das A und O.

"Rechtschreibfehler sind schwer zu verzeihen. Schließlich haben die Schüler für das Anschreiben und den Lebenslauf alle Zeit der Welt und auch Gelegenheit, Eltern und Bekannte drüber schauen zu lassen", sagt Torsten Halang, Personalleiter der Klemme AG mit Hauptsitz in Eisleben. Die Großbäckerei mit mehr als 1 000 Mitarbeitern stellt in jedem Jahr 30 Auszubildende ein. Locker das Zehnfache an Bewerbungen geht zuvor über den Tisch von Torsten Halang. Negativ fallen dabei neben unordentlichen, bereits benutzten Mappen schlechte Bewerbungsfotos auf. "Ganzkörperbilder oder Fotos im T-Shirt oder schulterfrei gehen gar nicht", sagt der Personalchef.

Kreativität statt Standardbrief

Ein absolutes K.O.-Kriterium für jede Bewerbung ist ein unpersönliches Anschreiben mit Standardformulierungen aus Ratgebern. Weil Personaler diese Bücher auch lesen, ist Kreativität gefragt.

"Rund 50 Prozent aller Bewerber scheiden für mich aus, weil sich ihr Anschreiben wie ein Rundbrief liest", sagt Kristin Vetter, Geschäftsführerin des gleichnamigen Touristikanbieters mit Sitz in Salzfurtkapelle bei Wolfen. In ihrem Unternehmen stehen 50 Bewerbern pro Jahr zwei Lehrstellen als Reiseverkehrskauffrau / -mann gegenüber. Jana Pönitsch, Teamleiterin Personalbetreuung der Stadtwerke Halle, warnt jedoch vor Übereifer. "Das Anschreiben soll Interesse wecken, aber auch nicht zu kreativ sein. Kurz, informativ und fehlerfrei nennt sie als Schlagworte. Zudem sollte der Brief immer auf das Unternehmen angepasst sein, rät Kristin Vetter. "Die Anschrift sollte schon die richtige sein. Ich lese im Anschreiben ungern die Adresse von anderen Reisebüros", sagt Kristin Vetter.

Auch wenn von einem "deutschlandweit tätigen Unternehmen" die Rede sei, würden die Bewerber schon nicht mehr in die nächste Auswahlrunde kommen. "Allgemeine Floskeln aus dem Internet fallen bei mir durch", sagt die Geschäftsführerin. Vielmehr sei Motivation gefragt, um das Interesse an diesem Ausbildungsplatz in genau diesem Betrieb zu zeigen. Das beginnt damit, den persönlichen Ansprechpartner herauszufinden. Die Anrede "Sehr geehrte Damen und Herren" zeugt von wenig Recherchemühen.

Skepsis bei Allgemeinplätzen

Im Anschreiben selbst, das mit Absätzen übersichtlich gestaltet sein sollte, wirkt es für die Personaler überzeugender, wenn Fähigkeiten anhand konkreter Leistungen oder Situationen beschrieben werden. Das bloße Nennen von Adjektiven wie kreativ, kommunikativ, dynamisch oder teamorientiert erweckt eher Skepsis.

Auch zu viel Eigenlob schreckt ab, ebenso wie zu viele Sätze, die mit "Ich" beginnen. Gut kommt es an, wenn sich die Schüler selbst an das Anschreiben setzen. "Man merkt es, wenn Eltern den Text formuliert haben, sie haben einfach eine andere Sprache", sagt Torsten Halang. Eine gewisse Hilfestellung von Erwachsenen sei jedoch unersetzlich. So ließen sich auch oft leichte Formfehler vermeiden, wie ein veraltetes Datum, die falsche Anrede oder gar eine falsche Stellenbeschreibung.

Eigeninitiative hervorheben

Als Visitenkarte sollten Bewerber ihren Lebenslauf betrachten. Für Jana Pönitsch zeigt sich hier sogar erst, ob sich ein Bewerber wirklich Mühe gegeben hat. "Der Lebenslauf sollte übersichtlich, gut strukturiert und aussagekräftig sein. Beruflicher Werdegang, Karrierestufen und Qualifikationen müssen sich klar nachvollziehen lassen." Für die Teamleiterin falle beim Betrachten des Lebenslaufes bereits die erste Vorentscheidung, deshalb sollte jeder Bewerber darauf besonders viel Wert legen.

Angaben zum Beruf der Eltern sind heutzutage nicht nötig. "Vielmehr sollten Bewerber absolvierte Schülerpraktika hervorheben, auch wenn sie nicht zum Beruf passen, oder außerschulisches Engagement wie in der Jugendfeuerwehr oder im Verein", sagt Torsten Halang. Dies hebe die Eigeninitiative hervor und könne schon mal schlechtere Noten ein wenig aufwiegen. Hobbys wie Lesen, Schwimmen, Freunde treffen seien zu allgemein und bereits zu oft geschrieben worden. "Das Wichtigste ist jedoch, ehrlich zu sein. Wenn jemand im Lebenslauf schummelt, kommt dies spätestens im Bewerbungsgespräch heraus", so Torsten Halang. Nicht vergessen werden sollten Unterschrift und Datum.

Für einen guten Gesamteindruck sollten Bewerber darüber hinaus Folgendes beachten: Auf dem PC geschriebene Unterlagen im DIN A4-Format verstehen sich von selbst. Ein einheitlicher Schrifttyp sowie einheitliche Linien und Abstände geben ein übersichtliches Bild. Einzelne Blätter sollten nicht in Klarsichtfolien gesteckt werden. Ebenso wichtig ist eine gute Qualität der Zeugnis-Kopien. Die richtige Reihenfolge lautet: Anschreiben, Lebenslauf mit Bewerbungsfoto, Kopien der Zeugnisse und Praktikumsbescheinigungen.

Schulnoten sind ausschlaggebend

Über eines können aufwendig erstellte Bewerbungsunterlagen jedoch nicht wegtäuschen - die Schulnoten. Für die Entscheidungsträger sind sie d a s Kriterium für die Besetzung von Ausbildungsplätzen.

"Um eine Lehre erfolgreich absolvieren zu können, muss das Leistungsniveau stimmen", sagt Matthias Kranz, Teilhaber beim Autohaus Kranz und Partner in Großwülknitz (Landkreis Köthen). "Um Kfz-Mechatroniker zu werden, reicht es nicht, Interesse an der Technik zu haben, die theoretische Ausbildung gehört genauso dazu." Sein Betrieb bildet seit 19 Jahren aus, die Qualifikation der Bewerber lasse dabei zunehmend zu wünschen übrig. "Es stimmt, es gibt nicht nur immer weniger Bewerber, sie sind auch immer weniger geeignet", sagt Torsten Halang.

Jüngst vermeldete die Arbeitsagentur, dass in diesem Jahr das Lehrstellenangebot in Sachsen-Anhalt die Bewerbernachfrage deutlich übersteigt. Dies sei die günstigste Stellen-Bewerber-Relation seit Anfang der 90er Jahre. Wächst also die Ausbildungsbereitschaft von Unternehmen, bieten sich für Jugendliche zugleich beste betriebliche Ausbildungschancen in ihrer Heimatregion. Das Ziel, junge engagierte Menschen an sich zu binden, verfolgt auch die Klemme AG. Laut Halang werden hier im Durchschnitt 90 Prozent der Lehrlinge nach Abschluss ihrer Ausbildung übernommen. Sich dafür zu qualifizieren, liege allerdings allein in der Hand der Azubis.