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Bestatter: Ausbildung zwischen Toten und Trauernden

Von Marc Herwig 31.08.2009, 13:16

Tübingen/dpa. - Als sich Anna Jozwik vor gut drei Jahren für ihren Beruf entschied, war die Mutter entsetzt und ihr Freund drohte mit der Trennung. Beirren ließ sich die damals 19-Jährige davon nicht.

Sie begann ihre Ausbildung, lernte Leichname für ihre letzte Ruhe herzurichten und begleitet die Angehörigen in den schwersten Stunden ihres Lebens. Drei Jahre dauert die Ausbildung zur Bestatterin. «Es ist tatsächlich mein Traumberuf, und ich wollte nicht tauschen. Es macht mich glücklich, wenn ich Trauernden in dieser schweren Zeit helfen kann», erzählt die lebensfrohe junge Frau aus Tübingen.

Die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft ist in Deutschland noch relativ jung. Bis vor wenigen Jahren machten Bestatter meist eine Ausbildung in einer Schreinerei und lernten dort, wie man Särge baut. Alles andere eignete man sich in der Praxis an. Dabei komme den Bestattern eine enorme Verantwortung zu, dass die Angehörigen ihre Trauer bewältigen könnten, sagt Jozwik. «Es geht nicht darum, einfach nur schnell den teuersten Sarg zu verkaufen.»

Trauerpsychologie spielt deshalb eine große Rolle in der Berufsschule. «Damit wir richtig helfen können, müssen wir wissen, wie die Menschen trauern.» Die Unterstützung bei der Trauerbewältigung interessiert die 22-Jährige ohnehin am meisten an ihrem Beruf. Aber auch Friedhofsrecht musste sie lernen, sich mit Marketing und Preispolitik beschäftigen und üben, wie man mit einem Bagger ein Grab aushebt. Und auch spezielle Bestattungsformen für verstorbene Juden oder Muslime werden immer wichtiger.

Parallel dazu wurde sie in ihrem Ausbildungsbetrieb langsam auch an die emotional schwierigen Aufgaben des Berufs herangeführt. Schon im 1. Lehrjahr ist sie mit Kollegen zu tödlichen Unfällen oder Selbstmorden gefahren. «Gerade in solchen Situationen kann man helfen, wenn man Verstorbene wieder herrichtet und den Trauernden beisteht», erzählt Jozwik.

Wer sich für den Beruf interessiert, dem empfiehlt die 22-Jährige erstmal ein Praktikum bei einem Bestatter. «Ich wollte dabei damals sehen, ob ich überhaupt mit den Aufgaben klarkomme», erzählt sie. Am schwierigsten sei die Arbeit mit den Angehörigen. «Den Umgang mit dem Verstorbenen kann man lernen, aber für den Umgang mit den Trauernden muss man schon der Typ sein», sagt sie. Regelmäßig kommt auch eine Psychotherapeutin in den Betrieb, um den Bestattern über besonders schwierige Erlebnisse hinwegzuhelfen.

Der Umgang mit Toten und Trauernden habe sie allerdings schon verändert, erzählt Jozwik. «Ich bin viel lebendiger geworden, weil ich weiß, wie schnell das Leben vorbei sein kann», sagt sie. Ihre Freunde reagieren allerdings ganz unterschiedlich auf ihren Beruf. «Manche sind interessiert und stellen viele Fragen. Andere sagen: Erzähl mir gar nichts darüber, ich will nichts hören.»

In diesem Sommer wird Jozwik fertig mit ihrer Ausbildung, ihr Betrieb übernimmt sie dann als Bestattungsfachkraft. In nächster Zeit will sie sich noch stärker darauf spezialisieren, Angehörigen bei der Trauerbewältigung zu helfen. Und später will sie vielleicht eine Fortbildung zur Thanatologin machen. Das sind Fachkräfte, die schwer verwundeten Unfallopfern vor der Beisetzung zum Beispiel Teile des Gesichts rekonstruieren. «Der Beruf ist eben vielseitig, und immer kann man Menschen damit irgendwie helfen.»

Auch über ihren eigenen Tod denke sie hin und wieder nach. Sogar erste Vorkehrungen für ihre Beerdigung seien getroffen, erzählt die junge Frau. «Ich habe keine Scheu vor dem Tod, er gehört ja zum Leben dazu», sagt sie. Als Bestatterin müsse man bloß aufpassen, die Gedanken an Tod und Trauer nicht mit in die Freizeit zu nehmen.

Zum Berufsbild: www2.bibb.de/tools/aab/aab_start.php

Weitere Informationen: berufenet.arbeitsamt.de/berufe/simpleSearch.do

Bundesverband Deutscher Bestatter e.V.: www.bestatter.de