1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Berufsunfähigkeit: Berufsunfähigkeit: Versicherung so früh wie möglich abschließen

Berufsunfähigkeit Berufsunfähigkeit: Versicherung so früh wie möglich abschließen

Von Andreas Heimann 06.05.2004, 08:03
Mit dem Abschluss nicht zu lange warten: Wer sich zu spät um eine Berufsunfähigkeitsversicherung kümmert, für den wird es teurer und schwieriger - bereits vorhandene Rückenprobleme beispielsweise sind für Versicherer unter Umständen ein Grund, einen Bewerber abzulehnen. (Foto: dpa)
Mit dem Abschluss nicht zu lange warten: Wer sich zu spät um eine Berufsunfähigkeitsversicherung kümmert, für den wird es teurer und schwieriger - bereits vorhandene Rückenprobleme beispielsweise sind für Versicherer unter Umständen ein Grund, einen Bewerber abzulehnen. (Foto: dpa) GDV

Berlin/dpa. - Für Arbeitnehmer ist sie fast immer zu empfehlen. Dennoch wird die Versicherung gegen Berufsunfähigkeit oftnicht ernst genommen. «Das Risiko wird einfach verdrängt», klagtWolfgang Scholl, Versicherungsexperte beim VerbraucherzentraleBundesverband (vzbv) in Berlin. «Dabei gehört dieBerufsunfähigkeitsversicherung zu den wichtigsten Versicherungenüberhaupt.»

Schließlich scheidet mehr als jeder vierte Arbeitnehmer inDeutschland vorzeitig aus dem Berufsleben aus. «Dreiviertel davon wegen gesundheitlicher Probleme», sagt Dean Goff vomVersicherungsunternehmen Deutscher Ring in Hamburg. Die Gefahr, nicht mehr arbeiten und den Lebensunterhalt verdienen zu können, ist also sehr real - die finanziellen Folgen können dramatisch sein.

Deshalb ist ein möglichst früher Abschluss der Versicherungratsam. Die Versicherungsbranche hat sogar Tarife für Studenten und Auszubildende im Programm. Ob es so früh schon Sinn macht, ist allerdings umstritten. «Spätestens mit Ende 20 sollte man das aber machen», sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg.«Später wird es teurer und schwieriger, den Versicherungsschutz zu bekommen.»

Denn wer beispielsweise bereits Rückenprobleme oder eine Therapie gemacht hat, wird von den Versicherern nicht mehr so einfach akzeptiert. «Die sind da sehr pingelig», sagt Castelló. Zum Teil lehnen die Unternehmen Bewerber, bei denen das Risiko zu hoch erscheint, rundweg ab. Die Alternative ist eine Ausschluss-Klausel,die den Verzicht auf Leistungen im Fall einer Berufsunfähigkeit wegen eines bestimmten, von vorneherein bestehenden Risikos festschreibt. «Wir raten allerdings, das Problem über einen Zuschlag zu lösen», sagt Dean Goff. «Das vermeidet Auseinandersetzungen.»

Gegenüber dem Versicherungsunternehmen bestimmte Vorerkrankungeneinfach zu verschweigen, ist nicht zu empfehlen. «Im Leistungsfall wird das sehr genau geprüft», warnt Edda Castelló. Kommt heraus, dass jemand geschwindelt oder etwas verschwiegen hat, bleibt das nichtohne Konsequenzen: «Dann hat man womöglich jahrelang eingezahlt und bekommt nichts 'raus.» Vertretern, die auf einen schnellen Abschluss aus sind und deshalb behaupten, die Angaben seien nicht so wichtig, sollte mit großem Misstrauen begegnet werden.

Die Versicherungsunternehmen verlangen genaue Auskünfte, zum Teil nach Erkrankungen während des gesamten bisherigen Lebens. «Dabei geht es vor allem um Faktoren, die zu Berufsunfähigkeit führen können»,erklärt Michael Gaedicke vom Gesamtverband der DeutschenVersicherungswirtschaft (GDV) in Berlin - beispielsweise aber auch nach dem Gewicht und danach, ob der Betreffende raucht oder nicht.

«Bei uns müssen acht konkrete Fragen zum Zeitraum der vergangenen zehn Jahre beantwortet werden», erläutert Dean Goff - nicht nur nach Erkrankungen wie Krebs oder Aids. Krankenhaus- und Kuraufenthalte interessieren dabei ebenso wie etwa Herz-Kreislauf-Probleme, Alkoholkonsum, Allergien, Rheuma oder erhöhte Blutwerte. Im Regelfall reichen die Selbstauskünfte des Kunden. «Wenn das erforderlich ist,holen wir aber auch Informationen von Ärzten ein, die dafür von der Schweigepflicht entbunden werden», erläutert Dean Goff.

Von den Antworten insgesamt hängt ab, ob die Versicherer überhaupt Interesse an einem Vertragsabschluss haben. «Es gibt sicher Fälle, in denen die Mehrzahl der Unternehmen das nicht machen würde», sagtGoff. «Es lohnt sich aber zu fragen. Die Erfahrungen in denUnternehmen können sehr unterschiedlich sein.» Standard ist aber, dass die Versicherer im Zweifelsfall ausgesprochen zurückhaltend sind, ist Edda Castellós Erfahrung: «Logisch, niemand versichert ein brennendes Haus.»

Die Höhe der Versicherungsbeiträge hängt von verschiedenenFaktoren ab, zum Beispiel dem Beruf, dem Eintrittsalter und derLaufzeit. Auch zahlen Frauen mehr. «Man schließt sinnvollerweise bis zu einem Alter von 60 oder 65 Jahren ab», empfiehlt die Verbraucherschützerin. Verträge, die darüber hinaus reichen, seienunnötig teuer.

«Entscheidend ist außerdem, wie weit man für den Fall der Fälleanderweitig abgesichert ist», gibt vzbv-Experte Wolfgang Scholl zu bedenken. Bei voller Erwerbsunfähigkeit gibt es zum Beispiel auch Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung - seit Anfang 2001 aber nur noch eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von zwei Drittel der Altersrente. Die Berufsunfähigkeitsversicherung kann dann denfehlenden Betrag abdecken.

Vorsicht ist unbedingt bei der so genannten abstrakten Verweisung geboten: «Verträge sollten ausdrücklich den Verzicht darauf enthalten», rät Scholl. Dann kann von dem Versicherungsnehmer nichtverlangt werden, andere Berufe statt des bisherigen auszuüben, um noch selbst ein eigenes Einkommen zu erzielen.

Misstrauisch sollten auch Vertreter machen, die Verträge überBerufsunfähigkeits- und Kapitallebensversicherung in Kombinationverkaufen wollen. «Davon ist unbedingt abzuraten», sagt EddaCastelló. «Jeder zweite Sparvertrag wird wieder aufgehoben, und dann ist der Versicherungsschutz gegen Berufsunfähigkeit mit weg. » Die Kombination mit einer Risikolebensversicherung sei allerdings vertretbar.