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Berufe Berufe: Wie werde ich Epithetiker?

Von Claudia Bell 07.05.2007, 07:39

Hamm/Münster/dpa. - Eine geregelte anerkannte Ausbildung dafür gibt es nicht. Epithetiker sind in der Regel Zahntechniker mit einer Zusatzausbildung. Ihre Arbeit kann den Menschen, denen sie helfen, ein neues Lebensgefühl geben. Bei Gertrud Nowinek war das so. Vor 42 Jahren diagnostizierten die Ärzte die braunen Flächen auf der Bindehaut ihres linken Auges als malignes Melanom.

Für die damals 25-Jährige brach eine Welt zusammen. Das Auge mit dem Augenlid musste entfernt werden. Seit dieser Zeit trägt Gertrud Nowinek eine Epithese - eine Art Prothese, die das künstliche Glasauge umschließt und ihre Augenhöhle ausfüllt. Heute geht es ihr gut mit ihrer aktuellen «Augen-Prothese» - nicht zuletzt deshalb, weil die Epithesen seit 1994 mit Hilfe eines Implantates in der Augenhöhle befestigt werden. «So kann man die Epithese jeden Abend einfach abnehmen und morgens wieder aufsetzen», sagt Gertrud Nowinek. Bis es soweit ist, sind einige Stunden an Arbeit erforderlich.

Zunächst nimmt der Epithetiker einen Abdruck vom Gesicht des Patienten beziehungsweise der betroffenen Stelle und fertigt ein Positivmodell. Daraus entsteht die Epithese. «Mit Engagement und viel Akribie kann man ganz tolle Sachen machen», betont Volker Schwipper, Epithetiker und Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie an der Fachklinik Hornheide in Münster.

Die Arbeit ist dabei nicht immer einfach - und das nicht nur in handwerklicher Hinsicht. Auch der intensive Kontakt zum Patienten kann Kraft raubend sein. Denn die Krankengeschichten der Betroffenen sind zumeist tragisch und schwerwiegend. Einem Gesichtsdefekt geht in 80 Prozent der Fälle eine bösartige Tumorerkrankung voraus, lediglich bei 20 Prozent sind es Brand- oder Unfallverletzungen sowie angeborene Fehlbildungen.

Nicht in allen Fällen ist eine plastisch-operative Behebung der Defekte möglich. Dennoch arbeitet ein Epithetiker Hand in Hand mit dem Plastischen Chirurgen. Die Ausbildungsmöglichkeiten in Deutschland sind eingeschränkt. «Aber wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass es offizielle Richtlinien gibt und dass ein Epithetiker mehr Fortbildungsnachweise erbringen muss», betont Schwipper.

Der 32 Jahre alte Jörn Brom aus Heidelberg arbeitet seit Jahren in seinem Beruf. Für ihn spielt vor allem die künstlerisch-kreative Komponente eine große Rolle: «Jeder Patient und jede Epithese ist völlig anders, man muss sich täglich mit neuen Herausforderungen auseinandersetzen,» sagt er. Für den ehemaligen Kunststudenten gibt es keinen anderen Beruf mehr, in dem er arbeiten möchte: «Die Epithetik ist meine größte Leidenschaft.»

Informationen: Internationale Gesellschaft für Chirurgische Prothetik und Epithetik (IASPE), Krankenhausstraße 9, A-4020 Linz

Internationale Gesellschaft für Chirurgische Prothetik und Epithetik: www.iaspe.org

Tulpe, Verein zur Hilfe und Betreuung von Gesichtsversehrten: www.tulpe.org