Beruf/ Ausbildung Beruf/ Ausbildung: Gebt den Frauen das Kommando - Die Feuerwehr sucht Nachwuchs

Dormagen/Berlin/dpa. - Das Telefon von Sabine Voss stehtnicht mehr still. Seit sie Chefin der Berufsfeuerwehr imnordrhein-westfälischen Dormagen wurde, interessieren sich eine MengeMenschen für die 40-jährige Diplom-Ingenieurin und Brandoberrätin.Denn Sabine Voss ist die erste und einzige Frau bundesweit, die einensolchen Job innehat und das Kommando über 59 Männer bei derBerufsfeuerwehr und 274 Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr führt.
Eine vorausschauende Berufsentscheidung, denn perspektivisch fehltden Feuerwehren der Nachwuchs. Damit ergeben sich Jobchancen - nichtnur, aber auch für Frauen. Dabei war der Weg der zweifachen Mutterzunächst ein anderer - sie studierte Jura in Frankfurt. «Als ichwährend des Studiums bei der Freiwilligen Feuerwehr war, dachtenviele, ich hätte Flausen im Kopf, die sich schon wieder legenwürden», erzählt sie. Doch aus den Flausen wurden Begeisterung undFaszination, und so gab sie ihr Studium auf, um ganz bei derFeuerwehr einzusteigen.
Für Sabine Voss sind die Abwechslung und Vielschichtigkeit dasFaszinierendste an ihrer Arbeit, zudem sei sie täglich mit denverschiedensten Herausforderungen konfrontiert. «Man muss sehrspontan und flexibel agieren und wirklich auf Zack sein.» Exakt eine Kollegin hat Sabine Voss in Dormagen, dabei hätte siegegen mehr weibliche Unterstützung innerhalb ihrer Truppen nichtseinzuwenden. Doch Frauen tun sich meist schwer mit einem Engagementin Freiwilligen Feuerwehren oder einer Laufbahn bei derBerufsfeuerwehr. Gründe dafür gibt es einige.
Bewerber müssen über einen naturwissenschaftlichen Hintergrundverfügen - also ein entsprechendes Studium absolviert haben - odereine handwerkliche Ausbildung nachweisen. Und die körperliche Fitnessmuss top sein, schließlich haben die Einsatzkräfte im Notfall meistschwere körperliche Arbeit zu leisten. «Das schafft nicht jede Frau,und die muss schließlich genauso einsatzbereit wie ihre männlichenKollegen sein - man muss sich auf alle im Team verlassen können, ichmache keine Ausnahme», betont die Feuerwehr-Chefin.
Und noch einen möglichen Grund gibt es, weshalb derzeit bundesweitnur etwa sechs bis sieben Prozent Frauen auf den Dienstplänen derWehren zu finden sind. «Mobbing ist sicher auch ein großes Thema indiesem Bereich», bestätigt etwa Silvia Darmstädter vom DeutschenFeuerwehrverband. Einige der männlichen Kollegen trauten es demweiblichen Geschlecht offenbar nicht zu, sich in Notfällen genau wiesie zu bewähren. «Möglichkeiten, den Damen die Aufnahme in die Truppezu verweigern, gibt es einige», sagt Silvia Darmstädter.
Das reiche vom Einstufungstest, dessen Niveau bewusst nach obengesetzt würde, bis hin zur Verweigerung der Teilnahme an Lehrgängen. Solcherlei Arroganz ist allerdings alles andere als angebracht, denndie Feuerwehren im Land suchen händeringend nach kompetentemNachwuchs. Unter den bundesweit rund 1,4 MillionenFeuerwehrangehörigen sind gerade einmal 28 000 Hauptberufliche. Nochgehen derzeit etwa 254 000 Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 18Jahren in die so genannte Jugend-Feuerwehr. «Aber der Einbruch wirdnoch in diesem Jahr, spätestens 2008 kommen», prognostiziert WilliDongus, Geschäftsführer des baden-württembergischenLandesfeuerwehrverbandes.
Zwar engagierten sich die Jugendlichen immer noch gerne in denFeuerwehren, doch spätestens, wenn sie aus beruflichen oder privatenGründen die Heimatstadt verließen, breche die Basis weg, so Dongus.Hinzu kommen die vielfältigen Freizeitangebote als echte Konkurrenzzu den Wehren, und: «Die demografische Entwicklung holt auch dieFeuerwehr ein», warnt er.
Dabei bietet die Feuerwehr ein abwechslungsreiches Spektrum: «Vonder früheren Brandbekämpfertruppe ist heute nicht mehr allzu vielübrig», sagt Frank Knödler, Präsident des LandesfeuerwehrverbandesBaden-Württemberg. Vielmehr würden die Züge häufig zu denunterschiedlichsten, technischen Hilfeleistungen sowie Umweltschutz-und Notfalleinsätzen gerufen, und auch die Einsätze während und nachStürmen wie «Kyrill» gehören dazu.
Knödler betrachtet das Nachwuchsproblem ebenfalls mit wachsenderBesorgnis und teilt die Einschätzung der Dormagener Feuerwehr-ChefinSabine Voss: «Auf etwa 20 freie Stellen bekommen wir zwar bis zu 300Bewerbungen, aber die Qualifikation der Bewerber ist manchmal dochrecht fragwürdig.» Auch er wünscht sich mehr Frauen innerhalb derFeuerwehren - allerdings nicht wegen der Quote: «Wir brauchen mehrFrauen in der Feuerwehr, sie könnten diese Arbeit sehr gut leisten!»
Informationen: Deutscher Feuerwehrverband, Reinhardtstraße 25,10117 Berlin (Tel.: 030/28 88 48 800).