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Beförderung Beförderung: Der Kunde ist König - auch im Taxi

Von Christoph walter 11.03.2012, 15:37

Halle (Saale)/MZ. - Auf den Sitzen klebt Schmutz, das Auto stinkt nach Zigarettenqualm, und der Fahrer quasselt ohne Punkt und Komma: Manchmal wünscht man sich, man wäre in ein anderes Taxi gestiegen. Doch was muss sich ein Taxikunde eigentlich gefallen lassen und was darf er für sein Geld verlangen? Experten klären über die Fahrgastrechte auf:

Müssen Fahrgäste am Taxistand den Wagen ganz vorne nehmen?

Nein, sie haben freie Wahl. "Hier greift der Grundsatz der Vertragsfreiheit", erklärt Thomas Grätz, Geschäftsführer des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands. Wer also lieber in eine Mercedes-E-Klasse als in eine B-Klasse einsteigen will, muss keine Rücksicht auf die Reihenfolge in der Taxischlange nehmen. Auch bei der Bestellung können Kunden Wünsche äußern und zum Beispiel nach einem Modell mit umweltfreundlichem Hybridantrieb fragen. "Die Taxizentralen werden versuchen, das zu arrangieren - dann kann sich aber die Wartezeit verlängern", gibt die ADAC-Juristin Silvia Schattenkirchner zu bedenken.

Müssen Kunden ein Ekel-Taxi akzeptieren?

Ein Fahrzeug, das innen schmutzig ist oder nach Zigarettenrauch riecht, dürfen Kunden ablehnen. Die Anfahrtspauschale muss in diesem Fall nicht bezahlt werden. Am besten steigen Kunden dann gar nicht erst ein. Denn wer den Zustand eines Taxis erst nach der Abfahrt beanstandet, muss die Zeche bis zu der Stelle zahlen, an der er sich absetzen lässt. "Eine Beförderungsleistung ist dann ja erbracht", sagt Grätz. Seit 2008 gilt in deutschen Taxen ein striktes Rauchverbot. Das heißt, dass der Fahrer auch in Pausen in seinem Wagen nicht qualmen darf.

Können Fahrgäste auf extrem kurze oder lange Touren bestehen?

Kurzstrecken dürfen Taxifahrer nicht ablehnen, selbst wenn die Reise nur wenige Meter zum Bäcker gehen soll. Bei langen Touren sieht die Sache allerdings anders aus: "Über sein Pflichtfahrgebiet hinaus, das jeweils in der örtlichen Taxiordnung festgelegt ist und mindestens bis an die Stadtgrenze reicht, darf ein Taxifahrer frei entscheiden, ob er eine Tour annimmt", erklärt die Anwältin Daniela Mielchen aus Hamburg. "Mit einem Taxi nach Paris - da muss der Fahrer nicht mitspielen."

Sind Umwege zum Fahrtziel erlaubt?

Nein, der Fahrer muss das Wunschziel des Kunden immer auf dem kürzesten Weg ansteuern. Für Umwege, etwa um eine Baustelle oder einen Stau zu umfahren, benötigt er die Zustimmung des Fahrgastes, erläutert Grätz. Bemerkt der Kunde eine unerwünschte Extratour, sollte er nach der Fahrt unter Vorlage der Ordnungsnummer und einer Quittung mit Start- und Zielvermerk Anzeige erstatten.

Dürfen weitere Fahrgäste zusteigen?

Nur dann, wenn der Kunde, der den Wagen bestellt hat, damit auch einverstanden ist. Nach eigenem Ermessen darf der Fahrer unterwegs keine weiteren Fahrgäste zusteigen lassen.

Charts oder Chansons - wer bestimmt die Musik im Wagen?

Auch in einem Taxi ist der Kunde König: Er bestimmt, ob das Radio läuft oder die Fenster geöffnet werden. Wenn der Taxifahrer Musik hört, die dem Gast nicht gefällt, wenn er in einer Tour quasselt oder während der Fahrt über andere Verkehrsteilnehmer flucht, kann man ihn bitten, das zu unterlassen - und er hat sich daran zu halten.

Darf man Bleifuß-Taxifahrer zur Räson bringen?

Hat ein Passagier das Gefühl, dass der Taxifahrer zu schnell unterwegs ist, sollte er diesen unbedingt auffordern, vom Gas zu gehen, rät Schattenkirchner. Stoße man damit auf taube Ohren, sei das ein triftiger Grund für eine Anzeige bei der Taxizentrale oder dem städtischen Ordnungsamt.

Wo kann man sich über einen Taxifahrer beschweren?

"Unzufriedene Fahrgäste können sich direkt beim Taxiunternehmen, bei der Taxizentrale oder der städtischen Ordnungsbehörde beschweren", sagt Mielchen. Dafür sollte man die Ordnungsnummer des Autos kennen, die auf einem gelben Aufkleber rechts in der Fahrzeugheckscheibe steht. Als Beleg für die Fahrt werde eine Quittung benötigt.

Haben Taxikunden Anspruch auf Kindersitze?

Ein Taxi muss nicht mit Kindersitzen ausgestattet sein. Aber da Kinder einen Anspruch auf Beförderung haben, muss ein Fahrer laut Grätz einen Ersatzwagen mit Kindersitzen anfordern, wenn er selbst keine an Bord hat. Im Taxi müsse von mehreren Kindern, die einen Sitz der Klasse I benötigen (neun bis 18 Kilogramm Körpergewicht), mindestens eines vorschriftsmäßig gesichert sein. Und mindestens zwei von mehreren älteren Kindern müssten einen Sitz der Klasse II (15 bis 25 Kilogramm) bekommen. Babyschalen bräuchten Taxiunternehmen hingegen nicht bereitzustellen. Mielchen empfiehlt, beim Bestellen eines Taxis auf mitreisende Kinder hinzuweisen.

Dürfen Hunde im Taxi mitfahren?

Grundsätzlich ja, denn es besteht eine allgemeine Mitnahmepflicht für Tiere. "Wenn der Fahrer aber eine Allergie oder Angst vor einem Hund hat, darf er ablehnen", erklärt Grätz. Dann müsse er aber einen Kollegen anfordern, der die Fahrt übernehme.

Wie viel Trinkgeld ist üblich?

Nach kurzen Fahrten hält es Grätz für angemessen, auf den nächsten Eurobetrag aufzurunden. Am Ende längerer Touren sollte die Aufrundung auf den übernächsten vollen Eurobetrag erfolgen.

Wo können Fahrgäste die Taxitarifordnung einsehen?

"Fast jede Stadt und jeder Landkreis hat eine eigene Taxitarifordnung, aus der die Einzelheiten zu den Gebühren hervorgehen", sagt Schattenkirchner. Dieses Dokument muss jeder Taxifahrer auf Kundenwunsch vorzeigen können. In vielen Autos gibt laut Grätz ein Aufkleber Auskunft über die gültigen Tarife.

Darf ein Taxifahrer Kunden die Mitnahme verweigern?

Auch Taxifahrer haben Rechte: "Wenn ein Fahrgast eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Fahrbetriebs darstellt, kann ihm die Mitnahme verweigert werden", erklärt Grätz. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn Kunden stark betrunken und deshalb in Pöbellaune seien oder eine ansteckende Krankheit hätten.

Muss der Fahrer Liebeleien auf der Rückbank dulden?

"Bis zu einem gewissen Maß wird er das tun", sagt Grätz. Kuscheln und Knutschen sind also erlaubt. Schattenkirchner ergänzt: "Der Fahrer hat in seinem Auto sozusagen ein Hausrecht." Deshalb könne er Liebeleien verbieten, wenn es ihm zu viel werde.