1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Bayonne im Baskenland: Frankreichs Schoko-Hauptstadt

Bayonne im Baskenland: Frankreichs Schoko-Hauptstadt

Von Ulrike Koltermann 11.09.2008, 08:55

Bayonne/dpa. - Ein schwerer süßlicher Duft empfängt die Besucher der Schokoladen-Werkstatt Andrieu. Es riecht intensiv nach einer Tasse heißer Schokolade, die einen nebligen Herbsttag versüßen kann.

Im Atelier Andrieu im französischen Bayonne herrscht geschäftiger Betrieb. Schokoladen-Künstler in weißen Kitteln und Kappen rühren, walzen und formen die braune Masse, die dort zu Schoko-Tafeln und Pralinen verarbeitet wird. Wer Bayonne hört, mag an den feinen Schinken denken, für den die kleine Stadt im französischen Baskenland eher bekannt ist. Dass sie die historische Schokoladen-Hauptstadt Frankreichs ist, wissen nur wenige.

«Wir wollen die Tradition wieder aufleben lassen», sagte Elodie Puchol, eine Mitarbeiterin von Andrieu. Der kleine Ort, der von schmalen, hohen Fachwerkhäusern mit dunkelroten Holzbalken geprägt ist, bietet fast an jeder Ecke Schokoladen-Geschäfte. Grob gebrochene Schololadenplatten in allen Braun-Schattierungen, teils mit Nüssen oder Mandeln durchsetzt, liegen neben wohlgeformten Köstlichkeiten denen man schon ansieht, dass sie auf der Zunge schmelzen werden.

Die Spanier waren die ersten Europäer, die die aus Mexiko stammende Köstlichkeit kennen und lieben lernten. Der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. kam erstmals durch seine spanische Gattin Maria-Theresia in den Genuss heißer Schokolade. In Versailles soll zu seiner Zeit dreimal wöchentlich heiße Schokolade serviert worden sein. «Zunächst war die Schokolade ein reines Luxusprodukt», sagt Puchol. «Später galt sie auch als Aphrodisiakum und als gesundheitsfördernd.»

Portugiesische Juden, die vor der spanischen Inquisition über die Pyrenäen flohen, brachten ihre Rezepte schließlich nach Frankreich. Die Einwohner von Bayonne haben sich dann allerdings nicht besonders fein benommen: Sie schauten den jüdischen Chocolatiers, die sich im Stadtviertel Saint-Esprit niederließen, erst ihre Kenntnisse ab und verboten es den Juden anschließend generell, Schokolade herzustellen.

Im 18. Jahrhundert wurde in Bayonne die erste mechanische Schokoladenproduktion Frankreichs eingerichtet. Bei Andrieu sind noch einige historische Maschinen zu sehen, beispielsweise eine metallene hohle Kugel, in der die Bohnen geröstet wurden oder die wuchtigen Mahlsteine, die die Schokomasse durchpflügten und verfeinerten. Der Chocolatier Guillaume Pepin aus Bayonne stellte seine Produkte 1855 auf der Weltausstellung in Paris vor.

«Bei der Schokolade kommt es vor allem auf die Qualität der Bohne an», erklärt Puchol. «Die Erde, in der sie wachsen, gibt ihnen den Geschmack.» Heute kommt der meiste Kakao aus der Elfenbeinküste und aus Ghana. Die Schoten werden mit der Machete aufgeschlagen. Die Bohnen sind zunächst noch von einem weißlichen Gewebe umgeben, das sich später verflüssigt und fermentiert. Dann werden die Bohnen geröstet und zu einer fetthaltigen Kakaomasse vermahlen. Diese wird dann je nach Rezept mit Zucker, Sahne und Gewürzen verfeinert.

Während die Schweiz für ihre Milchschokolade und Belgien für seine cremigen Pralinen bekannt ist, lieben die Franzosen vor allem die tiefschwarze Bitterschokolade. In Andrieus Atelier lassen sich Sorten mit steigendem Kakaogehalt testen - die Sorte mit 97 Prozent Kakaoanteil ist nur noch für Feinschmecker geeignet, die auf Süße ganz verzichten können. Ein typisch baskisches Produkt hingegen ist eine gepfefferte Schokolade, die gemahlene Pimentschoten aus dem Ort Espelette enthält. Scharf, aber lecker!