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Vom Arbeitstier zum Sammlerstück Vom Arbeitstier zum Sammlerstück: Historische Traktoren sind sehr beliebt

Von Thomas Geiger 27.05.2003, 09:06
Flotter Trecker - ein rundum restaurierter Porsche Diesel wechselt seinen Besitzer schon einmal für 20 000 Euro. (Foto: Porsche-Diesel Club Europa/dpa/gms)
Flotter Trecker - ein rundum restaurierter Porsche Diesel wechselt seinen Besitzer schon einmal für 20 000 Euro. (Foto: Porsche-Diesel Club Europa/dpa/gms) Porsche-Diesel Club Europa

Stuttgart/Paderborn/dpa. - Gemeinhin sind deutsche Autofahrer landwirtschaftlichen Gerätschaften gegenüber eher skeptisch eingestellt. Schließlich gelten Traktoren, Ackerschlepper und ähnliche Fahrzeuge vom Steuer eines Pkw aus betrachtet häufig als rollende Verkehrshindernisse. Doch blitzblank poliert entwickeln sich die Landmaschinen zusehends zu Liebhaberobjekten und Sammlerstücken, die wie historische Sportwagen als Oldtimer gepflegt werden.

Derzeit sind in Deutschland insgesamt mehr als 50 000 historische Landmaschinen unterwegs, schätzen Experten wie der Sammler Harald Stegen aus Lilienthal bei Bremen. Die Besitzer sind in rund 1000 Vereinen organisiert. Zudem widmet sich das Deutsche Traktoren-Museum in Paderborn (http://www.deutsches-traktorenmuseum.de) der Geschichte des Traktors, der sich in Deutschland nach Angaben des Museums erst 1921 mit dem Lanz-Bulldog durchsetzen konnte. Die ersten Schlepper und auch das Kunstwort «tractor» kamen demnach aus den USA.

Besonders hoch im Kurs stehen bei den Sammlern Traktoren eines Stuttgarter Unternehmens, das bei den meisten Menschen eher für seine Sportwagen bekannt ist: Porsche. Denn noch bevor Ferdinand Porsche seinen ersten Sportwagen zur Serienreife brachte, tuckerte in Stuttgart 1937 ein Diesel über das Werksgelände - eine Auftragsarbeit der NS-Regierung. Die Produktion des ersten Serienmodells begann nach Werksangaben dann 1950 in Lizenz bei dem schwäbischen Unternehmen Allgaier in Uhingen. Später übernahm die Porsche-Diesel-Motorenbau GmbH die Produktion in Eigenregie und baute die Traktoren in Friedrichshafen am Bodensee bis 1963 weiter.

Heute stehen die traditionell in Rot lackierten Fahrzeuge wieder hoch im Kurs: Die Preise für einen fahrbereiten «Scheunenfund» liegen nach Angaben von Sammler Stegen bereits bei rund 1000 Euro. Ein aufwendig restaurierter Porsche-Traktor soll bis zu 20 000 Euro kosten - mehr als mancher gebrauchte 911er. Rund 200 Sammler mit mehr als 1000 Fahrzeugen haben sich mittlerweile im Porsche Diesel Club Europa zusammengeschlossen. Auch Porsche-Chef Wolfgang Wiedeking ist Mitglied. Eigenen Angaben zufolge tuckert er am Wochenende gelegentlich mit einem alten Trecker über die Schwäbische Alb.

Doch Porsche ist nicht der einzige Sportwagenhersteller mit einer landwirtschaftlichen Vergangenheit. Auch Lamborghini ist auf dem Acker groß geworden, lange bevor sich die Italiener auf der Rennstrecke mit Ferrari messen wollten. Der erste Traktor wurde dem Unternehmen zufolge 1948 hergestellt. Doch die Wege von Sportwagen und Ackerschleppern trennten sich 1963. 1972 wurden die Lamborghini-Traktoren von der SAME-Gruppe übernommen, in der auch Firmen wie Deutz und Fahr aufgegangen sind.

Neben den Porsche-Traktoren haben es in Deutschland Sammler Stegen zufolge vor allem Traktoren von Lanz den Liebhabern angetan. Schließlich hat das Unternehmen aus Mannheim dieser Fahrzeuggattung einst zum Durchbruch verholfen. Das erste, 1921 präsentierte Modell besaß einen liegenden Einzylinder, den so genannten Glühkopfmotor, der zwölf Pferdestärken leistete. Die eigentümliche Form dieser Konstruktion brachte dem Schlepper den Beinamen «Bulldog» ein.

Auch wenn die Sammler ihre Schmuckstücke hegen und pflegen, sind die Oldtimer vom Dienst an der Scholle oft noch nicht befreit. Denn bei den zahlreichen Clubtreffen und Traktoren-Festivals müssen die Veteranen meist noch einmal richtig ran. Als größte Veranstaltung gilt das Pfingstreffen des Land-Bulldog-Clubs in Oyten (Niedersachsen), zu dem Anfang Juni 2003 mehr als 500 Traktoren aus der Zeit von 1963 erwartet werden. Im September startet der Porsche Diesel Club sogar zu einer ungewöhnlichen «Bergfahrt», die auf den Spuren Ferdinand Porsches von Stuttgart aus zum Familienstammhaus «Schüttgut» in den österreichischen Alpen führen soll.