Urteil Urteil: «Ohne Fleppe» ist für clevere EU-Bürger kein Problem
Sondershausen/dpa. - Das Amtsgericht Sondershausen sprach den54-Jährigen vom Vorwurf des Fahrens ohne Führerschein frei, nachdemdieser in der Verhandlung eine neue tschechische Fahrerlaubnisvorlegte, teilte ein Sprecher am Montag mit. Der Mann berief sichauf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 28.September 2006 (Az C-340/05). Danach muss nach dem Grundsatz dergegenseitigen Anerkennung europäischer Führerscheine das Dokumenteines Mitgliedstaates trotz Straftaten oder Bußgeldbescheiden ineinem anderen EU-Land anerkannt werden.
Amtsrichter Christian Kropp äußerte in seiner UrteilsbegründungUnverständnis über die EU-Rechtssprechung. Diese belohne «den Reichenund Cleveren», der einfach in einem anderen Land eine neueFahrerlaubnis erwerbe. «Das kann er viele Male wiederholen», betonteKropp mit Blick auf die Zahl von 27 EU-Ländern. Das SondershäuserGericht sei jedoch an die Grundsätze des europäischenGemeinschaftsrechts gebunden. Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen hatRechtsmittel eingelegt.
Dem Mann aus Sömmerda war mit 18 Punkten in der FlensburgerVerkehrssünderdatei wegen Rasens und zahlreicher Ordnungswidrigkeitender Führerschein entzogen worden. Nach einer negativen medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) konnte er in Deutschland keineFahrerlaubnis mehr erlangen. Dafür legte er sich später einentschechischen Führerschein zu. Die Verwaltungsbehörde kann eine MPUanordnen, wenn Zweifel an der körperlichen, geistigen odercharakterlich-sittlichen Eignung des Fahrers bestehen.
Die Strafanzeige wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis folgte, nachdemer im August 2006 in Großberndten (Kyffhäuserkreis) einenVerkehrsunfall verursacht hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte danacheinen Strafbefehl in Höhe von 450 Euro sowie ein JahrFührerscheinentzug beantragt. Das Amtsgericht Sondershausen hattediesen auch erlassen. Gegen den Strafbefehl legte der Mann Einspruchein.