Technologie Technologie: Der Benzinmotor macht wieder Boden gut

Ingolstadt/Brühl/dpa/MZ. - Der Benzinmotor macht wieder Bodengut. Nachdem Dieselmotoren den Aggregaten, die dem von Nikolas AugustOtto erfundenen Bauprinzip folgen, in den vergangenen Jahren den Rangabgelaufen hatten, blasen Zulieferer und Automobilhersteller jetztzur Aufholjagd: Vor allem mit einer zweiten Generation der direktenKraftstoffeinspritzung wollen sie den Verbrauchsnachteil desBenziners wett machen.
Während sich die Direkteinspritzung beim Diesel in vielen Teilender Welt bereits als Standard etabliert hat, steckt sie beim Benzinernoch in den Kinderschuhen: «Die erste Generation konnte diehochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen», sagt Renault-SprecherThomas May-Englert in Brühl bei Köln. Der Mehrpreis habe sich nichtdurch eine nennenswerte Verbrauchsreduzierung rechtfertigen lassen.Dies erklärt auch, warum die Franzosen ihren als ersten europäischenBenzindirekteinspritzer eingeführten Motor für Mégane und Lagunawieder vom Markt genommen haben.
Nachdem nun aber die gesamte Branche von einem magerenVerbrennungsverfahren mit erhöhtem Sauerstoffanteil im Kraftstoff aufeine homogene Verbrennung umgestellt hat, scheint die Zeit reif füreinen neuen Anlauf: So erwartet Christian Eiglmeier, Entwickler beiAudi in Ingolstadt, nun für den so genannten FSI-Motor einenähnlichen Siegeszug wie vor 16 Jahren bei den TDI-Dieselaggregaten.
Vor allem in Kombination mit einem Turbolader wie bei dem mit Platz 4 bei den Motoren-Awards «Engine of the Year» ausgezeichneten 2.0-T-FSI-Aggregatim Golf GTI oder im A4 kann die Technik laut Eiglmeier ihre Vorteilevoll ausspielen: «Die Direkteinspritzung ermöglicht mehr Leistungohne Verbrauchsanstieg, und der Turbolader sorgt bei niedrigenDrehzahlen für ein hohes Drehmoment», sagt der Entwickler. Er erlaubeein schaltfaules und sparsames Fahren. Und zudem biete dieseTechnologie die Basis, um auch künftige Emissionsgrenzen - etwa dieSchadstoffnorm Euro 5 - ohne weitere Katalysatoren zu erfüllen.
Audi-Entwicklungspartner Bosch stellt für derartige Motoren einPlus an Fahrspaß und Ökonomie in Aussicht: «In Zukunft sind beiaufgeladenen Direkteinspritzern spezifische Drehmomente von 175 bis200 Newtonmeter und Leistungen von 100 Kilowatt pro Liter möglich»,sagt Rolf Leonhard, der bei dem Zulieferer in Stuttgart dieEntwicklung von Benzinsystemen verantwortet. Weil der Motor dann beikleinerem Format mehr Leistung bringt, könne das Fahrzeug insgesamtum rund 15 Prozent sparsamer bewegt werden.
Noch mehr Einsparpotenzial sieht Klaus Egger, Vorstand beimZulieferer Siemens VDO in Schwalbach (Hessen), dank neuerEinspritzdüsen, die wie die modernen Dieselmotoren so genanntePiezo-Ventile bekommen: Mit besonders schnellen und fein dosiertenEinspritzvorgängen sollen sie laut Egger erstmals ein strahlgeführtesVerbrennungsverfahren ermöglichen. «Weil der Kraftstoff dann in allenBetriebszuständen direkt vor der Zündkerze eingespritzt wird, kannder Motor häufiger mit einer mageren Schichtladung betrieben werden.»Der Verbrauch soll so um 20 und mehr Prozent sinken. «Damit kommt derBenziner endgültig in die Nähe des Diesels», sagt Egger.
Über die Zukunft des Benziners machen sich die Motorenentwicklerdem Siegeszug des Diesels zum Trotz keine Sorgen. So sagtBosch-Manager Leonhard für die Benzindirekteinspritzung einenähnlichen Markterfolg voraus wie für die Dieseldirekteinspritzung:«Demnach wird bereits 2008 jeder fünfte verkaufte Ottomotor in Europaüber Direkteinspritzung verfügen. Rund die Hälfte davon wird zudemeinen Turbolader haben», schätzt Leonhard.
Audi-Entwickler Eiglmeier geht sogar noch weiter: «So wie der TDIbeim Diesel den Sauger zumindest in Europa nahezu komplett verdrängthat, wird es bei vielen Marken in Zukunft bald auch beim Otto-Motornur noch Direkteinspritzer geben.»
Im Wettlauf mit dem Dieselmotor muss der Benziner allerdingsbuchstäblich Gas geben, wenn er seine Vormachtstellung halten möchte.Zwar hat die Diskussion um Feinstaub und Partikelfilter nach Angabendes Kraftfahrt-Bundesamtes in Flensburg die Begeisterung derDeutschen etwas gebremst. Doch liegt der Anteil der Selbstzünderunter den Neuzulassungen im ersten Quartal 2005 bereits bei 44,5Prozent und damit 3,5 Prozentpunkte über dem Vergleichswert desVorjahreszeitraums.
«Langfristig wird das Rennen zwischen den beiden Motorenkonzeptenauf ein Unentschieden hinaus laufen», sagt Prof. Wolfgang Meinig vonder Forschungsstelle Automobilwirtschaft in Bamberg. Weil derBenzinmotor auf der einen Seite seinen Verbrauchsnachteil wett macheund der Diesel auf der anderen seine Stigmatisierung als Ruß- undDreckschleuder verliere, würden sich die Absatzzahlen beider Konzeptein Europa die Waage halten. «Allerdings ist das ein sehr fragilesGleichgewicht, das nicht nur von der Technik bestimmt wird», sagt derExperte: «Ein falsches Signal von der Politik, und das Pendel schlägtdeutlich aus.»