1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Auto
  6. >
  7. Technik ohne Schnickschnack: Yamaha XT und SR 500

Technik ohne Schnickschnack: Yamaha XT und SR 500

Von Heiko Haupt 16.05.2008, 07:26

Hamburg/dpa. - Den Begriff Retrodesign kannte Mitte der 70er Jahre wohl noch kein Mensch. Tatsächlich aber war das, was Yamaha zu jener Zeit machte, retro in jeder Hinsicht.

Denn während sich die Motorradszene für immer neue Leistungssprünge begeisterte, richteten die Entwickler des japanischen Herstellers den Blick auf simple Technik und zurück in die Motorrad-Historie. Das Ergebnis war die Enduro XT 500, der später das Straßenmodell SR 500 folgte - beides Motorräder klassischen Zuschnitts ohne technischen Schnickschnack.

Die Yamaha XT 500 wurde 1976 vorgestellt und kam 1977 zu den Händlern in Deutschland. Das neue Modell hatte eine mit Rücksicht auf die damaligen Versicherungsstufen auf 20 kW/27 PS begrenzte Leistung. Abgesehen davon war das Motorrad ohnehin nicht für schnelles Fahren gedacht. Schließlich handelte es sich um eine Enduro - eine Maschine also, die auf festen Straßen wie im Gelände bewegt werden kann.

Deshalb hatte die XT 500 grobstollige Reifen, lange Federwege und war von Ballast befreit. Puristisch war auch die Motorisierung, die aber bald der Anziehungspunkt für Käufer wurde: Ein «Eintopf» war es, ein Einzylinder mit 500 Kubikzentimetern Hubraum.

Um eine XT zu starten, war echter körperlicher Einsatz nötig. Während der Kickstarter bei den Topmodellen der Konkurrenz eigentlich nur noch als Reserve für etwaige Batterie-Ausfälle montiert war, ging hier nichts ohne ihn: Es galt, den mächtigen Kolben mit einem beherzten Tritt in Schwung zu bringen - und zu hoffen, dass der Motor tatsächlich startete. Was er nicht immer tat. Das brachte der XT schnell den Ruf als echtes Männermotorrad ein: Denn nur wer den Mut aufbrachte, kräftig zuzutreten, konnte kurz darauf das ruhige Pöttern des Motors vernehmen.

Die eigentliche Überraschung war, dass das Motorrad schon im ersten Jahr in Deutschland mehr als 2000 Mal verkauft wurde. Kein Wunder, dass die Strategen bei Yamaha ein Straßenmodell nachlegten. Es erschien 1978 und hieß SR 500. Hier erinnerte nicht nur der Motor aus der XT an die Ursprünge des Motorrades: Auch das Design geriet klassisch - und wurde im Laufe der Zeit noch klassischer. Wurden anfangs noch die üblichen Guss-Speichenräder verbaut, waren später auch die schon fast vergessenen Räder mit Drahtspeichen zu bekommen.

Technisch allerdings war die XT eher das «Retro»-Motorrad. Denn bei der Elektrik der SR konnten die Fahrer immerhin auf eine Stromversorgung mit 12 Volt vertrauen. Bei der XT kam jedoch noch rückständige 6-Volt-Technik zum Einsatz - mit der Folge, dass der Scheinwerfer eher als Funzel zu bezeichnen war.

Doch die Käufer liebten diese Schrullen. Die Einzigartigkeit in Kombination mit der Abkehr von allen aktuellen Modeströmen machten sowohl die Enduro als auch das Straßenmotorrad zu Erfolgsmodellen mit überdurchschnittlich langer Lebensdauer. Das gilt nicht nur für die hohen Laufleistungen der Motoren, sondern auch für den Zeitraum, in dem beide als Neufahrzeuge bei den Händlern zu bekommen waren: Ohne große Änderungen wurde die XT bis 1989 gebaut, für die SR fiel der Vorhang erst 1999.