Technik Technik: Autopiloten sind als Auto-Zubehör umstritten

Tokio/Stuttgart/dpa. - Der Autopilot für die Straße rückt näher. Zwar werden Autofahrer das Steuer anders als Piloten im Flugzeugcockpit auf absehbare Zeit wohl noch nicht völlig in die Hände eines Computers geben können. Doch weltweit arbeiten die Fahrzeughersteller zumindest an elektronischen Assistenzsystemen, die dem Menschen immer mehr Arbeit abnehmen. Dabei könnte die Technik nach einhelliger Meinung der Entwickler bereits viel mehr leisten, als sie bislang darf.
Der begrenzende Faktor sind nach Angaben von Herstellern nicht Bits und Bytes. Gebremst werde der technische Fortschritt vielmehr von Verkaufsabteilungen, Rechtsberatern und den jeweiligen Gesetzgebern, die den Autofahrer nicht aus seiner Verantwortung entlassen wollen. Dennoch geht jetzt – zumindest in Asien – die nächste Generation intelligenter Assistenzsysteme an den Start und entwickelt dabei mehr Eigeninitiative als je zuvor.
So werden einige japanische Limousinen künftig nicht nur elektronisch und unabhängig von der Geschwindigkeit den Abstand zum Vordermann wahren - sie leiten im Zweifelsfall auch automatisch eine Notbremsung ein. Außerdem halten die neuen Modelle selbstständig die Spur und übernehmen gelegentlich sogar das Rückwärts-Einparken. Basis für die neuen Assistenzsysteme ist vor allem die Kombination von Tempomat und Abstandsradar, die bei den deutschen Herstellern derzeit nur als Komfort-Funktion eingesetzt wird.
So überwacht zum Beispiel im neuen Nissan-Top-Modell Cima nach Angaben von Pressesprecher Jochen Münzinger die Elektronik wie in der S-Klasse oder im Siebener den Abstand zum Vordermann. Während sich der Assistent jedoch bei Mercedes und BMW bei einer schnell schwindenden Distanz mit einem Warnsignal abmeldet, bleibt die Elektronik im Cima weiter im Dienst: Im ersten Schritt wird der Fahrer optisch und akustisch nur gewarnt.
Verringert sich der Abstand weiter, dann spannt der Bordrechner vorsichtshalber schon einmal die Sicherheitsgurte. Erfolgt auch dann keine Reaktion, wird automatisch eine Vollbremsung eingeleitet. Zwar könne und wolle man den Auffahrunfall damit nicht völlig vermeiden, heißt es dazu bei Nissan in Neuss. Doch zumindest könnten die Unfallschwere und das Verletzungsrisiko deutlich gesenkt werden.
Ganz ähnlich arbeitet nach Angaben von Honda mit Deutschlandsitz in Offenbach das «Collision Mitigation Brake System» (CMS) in der japanischen Accord-Ausgabe Espire. Und auch Toyota hat nach eigenen Angaben einen entsprechenden Bremsassistenten mit erweitertem Aufgabenbereich neu im Programm.
Bei den ermüdenden Fahrten auf leeren Autobahnen versprechen die drei japanischen Hersteller ihren Kunden auf dem Heimatmarkt und in Nordamerika ebenfalls Hilfe. Wenn dort bei moderatem Tempo die Aufmerksamkeit nachlässt und der Wagen von der Ideallinie abkommt, wird er nach Angaben von Honda-Sprecher Alexander Heintzel künftig etwa vom Honda Lane-Keeping Assist (LKAS) wieder auf den richtigen Kurs gebracht. Dafür sorgt eine winzige Kamera, die permanent die Fahrbahnmarkierungen beobachtet und im Zweifelsfall einen Steuerbefehl an die elektronisch kontrollierte Lenkung weitergibt.
Die gleiche Technik nutzt Toyota gemeinsam mit einer Reihe weiterer Umfeldsensoren für die wohl bislang anspruchsvollste Kommando-Aufgabe der Elektronik. Denn im neuen Hybrid-Modell Prius nimmt der Bordrechner dem gestressten Autofahrer nach Angaben der deutschen Presseabteilung in Köln sogar das Rückwärts-Einparken ab.
Den europäischen Kunden bleiben diese Systeme nach einhelliger Aussage von Honda, Nissan und Toyota aber erst einmal vorenthalten. Denn zum einen sei es technisch sehr kompliziert, die elektronischen Assistenzsysteme auch auf die völlig anderen Verhältnisse etwa auf deutschen Autobahnen einzustellen, heißt es zum Beispiel bei den Entwicklern von Nissan in Atsugi. Und zum anderen seien viele Komponenten wie zum Beispiel der elektronische Lenkeingriff in Europa schlichtweg nicht zugelassen, kommentiert Honda-Sprecher Heintzel.
Dennoch müssen auch die Fahrer in Paderborn, Paris oder Porto nicht ganz auf die Unterstützung der Elektronik verzichten. Zum Beispiel arbeiten BMW und Mercedes ebenfalls an einer automatischen Spurführung, die bereits vor mehreren Jahren bei diversen Vorführungen auf abgesperrten Testgeländen erfolgreich demonstriert worden ist. Und während die Techniker an den Details feilen, wird nach Angaben der Unternehmen in Berlin und Brüssel eifrig Lobbyarbeit betrieben, so dass sich die Zulassungsvorschriften künftig dem technischen Fortschritt anpassen dürften.
In den schweren Trucks von MAN und Mercedes gibt es nach Angaben der jeweiligen Presseabteilungen allerdings bereits heute Systeme, die ein elektronisches Auge auf den korrekten Weg werfen. Zwar greift dem Fahrer dort kein Computer ins Lenkrad. Doch wenn er die Ideallinie – zum Beispiel wegen Übermüdung – verlässt, ruft ihn zumindest das künstliche Rattern eines Nagelbandes zur unmittelbaren Kurskorrektur ins Hier und Jetzt zurück.